Gesundheitspolitik

PDSG: Ringen um die Rezept-App

Verbändeanhörung im BMG

ks | Am 27. Februar fand im Bundesgesundheitsministerium (BMG) eine erste Fachanhörung zum Referentenentwurf zum Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) statt. Diesen hatte Gesundheitsminister Jens Spahn Ende Januar im Nachgang zum bereits beschlossenen Digitale-Versorgung-Gesetz vorgelegt. Eine der kontrovers diskutierten und für die Apotheken wichtigen Fragen im Gesetzgebungsverfahren ist, wie das künftige E-Rezept ausgestaltet sein soll.

Das PDSG strukturiert die Regelungen zur Telematikinfrastruktur und ihrer Anwendungen neu – sie sollen künftig ein eigenes Kapitel im Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB V) erhalten. Darin finden sich dann unter anderem die Regelungen für die elektronische Patientenakte (ePA), die die Krankenkassen ab 2021 anbieten müssen. Zudem wird näheres zum E-Rezept geregelt. Überdies enthält der Referentenentwurf Regelungen, die aus dem steckengebliebenen Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) herausgelöst wurden.

Dabei geht es um die Erstreckung des Absprache- und Zuweisungsverbots im Apothekengesetz auf das E-Rezept sowie auf EU-aus­ländische Arzneimittelversender. Zudem um die Klarstellung im SGB V, dass die freie Apothekenwahl der Versicherten auch in Zeiten des E-Rezepts zu wahren ist und für Vertragsärzte und Krankenkassen ein Zuweisungs- und Beeinflussungsverbot besteht.

Vor der Anhörung im BMG hatten die betroffenen Verbände Gelegenheit, schriftlich Stellung zu beziehen. Die ABDA greift in ihrer Stellungnahme diese ursprünglichen VOASG-Pläne sowie die im PDSG-Entwurf vorgesehenen Regelungen zum Versicherten-Zugriff auf das E-Rezept als „wesentliche Inhalte“ heraus, mit denen sie sich besonders eingehend befasst. Dem schickt sie allerdings noch voraus, dass sie „die Bestrebungen der Bundesregierung, die Chancen, welche die Digitalisierung bietet, für Besserungen in der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung zu nutzen“, begrüße. Zugleich betont die ABDA, wie wichtig es sei, beim digitalen Austausch von Gesundheitsdaten höchstmögliche Sicherheitsmaßstäbe anzulegen. Die Telematikinfrastuktur biete ein solches sicheres Netz für die Leistungserbringer – aber man müsse aufpassen, wenn Daten über Anwendungen oder Dienste diesen Zuständigkeitsbereich verlassen. Hier sieht die ABDA ein „nicht unerhebliches Gefahren- und Missbrauchspotenzial“, das möglichst vermieden werden sollte. „Die Apotheken sind jedenfalls im Bereich der Arzneimittelversorgung bereit und in der Lage, Angebote zu unterbreiten, mit denen die Gefahren- und Missbrauchspotenziale minimiert und den Versicherten trotzdem innovative Versorgungsangebote unterbreitet werden können.“

Makelverbot muss Dritte erfassen

Dann geht es ins Detail. Angesichts des kommenden E-Rezepts sieht die ABDA die Gefahr, dass weitere Teilnehmer am Gesundheitsmarkt partizipieren wollen und dabei auch etablierte Versorgungsstrukturen infrage stellen. Um faire Wettbewerbsbedingungen zu sichern, bedürfe es eines erweiterten Makelverbots und entsprechender technischer Sicherungen. Die nunmehr im PDSG-Referentenentwurf vor­gesehenen Ergänzungen im SGB V und im Apothekengesetz seien „ein erster Schritt die freie Apothekenwahl dauerhaft zu sichern“. Doch wie schon beim VOASG will die ABDA mehr: Auch an der Versorgung der Patienten nicht beteiligte Dritte sollen nicht an der Verteilung von Rezepten im eigenen kommerziellen Interesse partizipieren dürfen – die ABDA will also ein echtes Makelverbot. § 11 Abs. 1 ApoG sollte das künftig ausdrücklich bestimmen.

Was die in § 11 ApoG geplante Erstreckung des Absprache- und Zuweisungsverbots auf EU-Versender betrifft, hat die ABDA ebenfalls eine Anregung. Sie gibt zu bedenken, dass mit einer solchen Regelung die Gefahr bestehe, dass in gerichtlichen Verfahren andere Vorgaben des Apothekengesetzes oder auch der Apothekenbetriebsordnung und möglicherweise sogar des Arzneimittelgesetzes für ausländische Apotheken für nicht anwendbar erklärt werden, wenn dort vergleichbare „Erstreckungsklauseln“ fehlten. Daher solle im Gesetz klarstellend zusammengefasst werden, welche Vorschriften für Versender gelten.

Um das Makelverbot auch technisch abzusichern, regt die ABDA an, den im Referentenentwurf vorgesehenen Zugriff des Versicherten auf sein E-Rezept so zu gestalteten, dass mit einer einheitlichen App unmittelbar die Auswahl der ihn versorgenden Apotheke durch den Versicherten erfolgt. Der PSDG-Entwurf sieht derzeit vor, dass die Gesellschaft für Telematik (Gematik) die Komponenten für den Patientenzugriff aufs E-Rezept in Form einer App entwickelt und zur Verfügung stellt. Diese soll auch Schnittstellen zu „Mehrwertangeboten von Drittanbietern“ enthalten können. Die ABDA meint: Eine Weitergabe von Verordnungsdaten an Apps von Drittanbietern oder die Steuerung des Einlöse­vorgangs des Rezeptes durch diese Apps sollte ausgeschlossen werden – sonst würden Missbrauchsmöglichkeiten eröffnet. Sinnvolle ergänzende Angebote für die Versicherten seien nicht auf Grundlage der Verordnungs­daten, sondern nur auf Grundlage der Dispensierdaten denkbar. „Wettbewerbsmöglichkeiten für Drittanbieter sollten daher nach der Abgabe der Arzneimittel eröffnet werden, nicht jedoch vor diesem Zeitpunkt“, heißt es in der Stellungnahme. Zugleich stellt die ABDA aber auch klar, dass sie die vom Deutschen Apothekerverband bereits entzwickelte WebApp für die beste Lösung hält.

AOK: E-Rezept in ePA integrieren

Eine ganz andere Idee hat übrigens der AOK-Bundesverband: Ginge es nach ihm, dürfte auch die Gematik nicht mit der Erstellung einer zentralen App beauftragt werden. Vielmehr sollten die Kassen eigene E-Rezept-Übermittlungslösungen entwerfen und diese in ihre E-Patientenakten integrieren. Diese werde schließlich auch per App erreichbar sein – und sollte der Dreh- und Angelpunkt für alle digitalen Prozesse rund um die Gesundheit sein.

Nun wird sich zeigen, in welcher Form der Entwurf vom Kabinett beschlossen wird. |

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