Die Seite 3

Freund und Feind

Foto: DAZ/Kahrmann
Dr. Armin Edalat, Chefredakteur der DAZ

Auch im Hause Spahn wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Bevor der Minister seinen Entwurf für das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) Ende Januar auf die parlamentarische Reise schickte, kühlte er ihn nochmal ordentlich ab, entschärfte einige Paragrafen und nahm ihm die nötige Würze. Von den groß angekündigten Konsequenzen aus den Arzneimittelskandalen des letzten Jahres blieb nur wenig übrig. Im Parlament wabert nun ein unspektakulärer, geschmackloser Einheitsbrei, gespickt mit dem Fähnchen der Fernbehandlung.

Dass der aktuelle Entwurf zum Teil das Ergebnis erfolgreicher Lobby­arbeit ist und kleineren Interessengruppen zugutekommt, zeigt sich am Beispiel der Importförderklausel.

Über die Sinnhaftigkeit der Importquote lässt sich immer wieder genüsslich streiten. Der Lunapharm-Skandal um mutmaßlich gestohlene Arzneimittel aus Griechenland führte im vergangenen Sommer zu einem Schlagabtausch zwischen der AOK Baden-Württemberg und den Arzneimittelimporteuren. Angefeuert wurde die Debatte durch die Aussage vom Vorsitzenden des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) Fritz Becker, die Quote sei ein Einfallstor für Fälschungen. Auch die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg und die Experten der sogenannten Lunapharm-Taskforce mischten mit und sprachen sich für die Abschaffung der Importförderklausel aus.

Neben aller Polemik und Übertreibungen gibt es natürlich triftige Gründe, weshalb der Import von Arzneimitteln zu kritisieren ist: fehlende Akzeptanz und problematische Compliance bei den Patienten, überbordende Bürokratie für die Apotheken, eine bedenk­liche Ökobilanz sowie nicht zuletzt die mögliche Schaffung von Liefereng­pässen in den Herkunftsländern.

Ohne die Importquote gäbe es keinen Anreiz, weshalb Ärzte, Apotheker und Krankenkassen Präparate aus dem Ausland verordnen, abgeben und erstatten sollten. Selbst die Kosteneinsparungen sind für die AOK Baden-Württemberg nicht das entscheidende Argument (S. 16). Laut Deutschem Arzneiprüfungsinstitut (DAPI) lagen diese 2017 insgesamt bei rund 120 Millionen Euro. Die Rabattverträge führten im gleichen Zeitraum zu Einsparungen in Höhe von rund vier Milliarden Euro, zur Freude des Chefs der AOK Baden-Württemberg Dr. Christopher Hermann, dem „Erfinder der Rabattverträge“.

Doch die angekündigte Streichung der Importförderklausel ist Spahns „Geschwätz von gestern“. Die bis­herige Regelung wird durch dreistu­fige Preisabstände weiter verkompliziert. Haben die Arzneimittelimporteure ihr Geschäftsmodell abermals erfolgreich verteidigt und gehen als Sieger vom Platz?

So einfach ist es nicht, denn auch im beschlussreifen Entwurf des neuen Rahmenvertrags für die Arzneimittelversorgung sind Importe weiterhin ein großes Thema (S. 9). Das ist insofern bemerkenswert, als dass hier der DAV und der GKV-Spitzenverband seit Langem verhandelt haben und als Ergebnis nun eine neue, differenzierte Importförderklausel präsentieren. Sie entspricht inhaltlich sogar dem jüngsten Kabinettsentwurf für das GSAV. Haben die Vertragspartner hier etwa im vorauseilenden Gehorsam gehandelt? Oder wurde im Ministerium das Verhandlungsergebnis einfach in den Gesetzentwurf übertragen?

Die Gemengelage um die Importförderklausel zeigt eindrucksvoll, dass Freund und Feind offenbar nur schwer voneinander zu unterscheiden sind.

Armin Edalat

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