Therapien im Gespräch

Tierische Überträger

Welche Infektionen dem Menschen gefährlich werden können

cst | Was haben Zecken und Mäuse miteinander gemein? Auf den ersten Blick nicht viel. Doch sowohl die kleinen Nager als auch die blutrünstigen Spinnentiere können gefährliche Krankheitserreger übertragen.

Wo Mäuse sind, muss man auch mit Hanta-Viren rechnen. Gegen eine Infek­tion mit den einzelsträngigen RNA-Viren aus der Familie der Bunyaviridae gibt es bislang weder einen Impfstoff noch eine kausale Therapie (DAZ 25, S. 36). Jede Hantavirus-Spezies hat ihren eigenen spezifischen Reservoir-Wirt. In Deutschland ist die Rötelmaus (Myodes glareolus) der wichtigste Überträger des Puumala-Virus, während die Dobrava-Infektionen vor allem von der Brandmaus (Apodemus agrarius) oder der Gelbhalsmaus (Apodemus flavicollis), aber auch von Ratten, ausgehen.

Foto: Bernd Wolter – stock.adobe.com

Die Rötelmaus(Myodes glareolus) ist in Deutschland der wichtigste Überträger für Hanta-Viren. Infizierte Mäuse scheiden das Virus über Speichel, Urin und Kot aus. Es ist kein direkter Kontakt zum Tier nötig, um sich anzustecken (DAZ 25).

Atemmasken schützen vor Hanta-Viren

Die Übertragung auf den Menschen erfolgt durch Kontakt mit Ausscheidungen von infizierten Nagern, beispielsweise durch aufgewirbelten Staub. Beim Reinigen lange ungenutzter und unbelüfteter Räume wie Scheunen, Dachböden, Garagen, Lager­räume oder Werkstätten, in denen sich Mäuse oder Ratten aufhalten könnten, ist Vorsicht geboten. Bei entsprechenden Arbeiten empfiehlt es sich, eine Atemschutzmaske (Klasse FFP3) und Einmalhandschuhe zu tragen und die Hände anschließend gründlich zu waschen. Eine Erkrankung macht sich durch grippeähnliche Symptome mit abrupt einsetzendem, über drei bis vier Tage anhaltendem hohem Fieber (über 38 °C) bemerkbar, wobei Erkältungszeichen wie Schnupfen und Fieber fehlen. Behandelt wird symptomatisch mit Analgetika und Antipyretika. Dabei sollte auf nicht­steroidale Antirheumatika (NSAR) möglichst verzichtet werden, da eine Infektion mit Hanta-Viren zu Nierenfunktionsstörungen führen kann.

Tropische Zecken werden heimisch

Doch auch andere Tiere bereiten als Überträger von Infektionskrankheiten zunehmend Sorgen. So beunruhigt etwa das Auftreten neuer Zecken­arten: Tropische Riesenzecken der Gattung Hyalomma breiten sich hierzulande aus und haben wohl erstmals in Deutschland überwintert (DAZ 34, S. 27). Mit ihnen kommen Erreger, mit denen man es in Deutschland eher selten zu tun hat. Im August dieses Jahres wurde von einem Pferdebesitzer berichtet, der sich durch den Stich einer Hyalomma-Zecke mit Fleckfieber infiziert haben könnte. Nach einer Antibiotika-Therapie ging es ihm zum Glück schnell wieder besser. Aber auch unsere heimischen Zecken sind als Quelle infektiöser Erreger gut bekannt. Die Frühsommer-Meningo­enzephalitis (FSME) wird durch das FSME-Virus verursacht, die Lyme-Borreliose durch eine Infektion mit Bakterien der Art Borrelia burgdorferi. Bei den FSME-Erkrankungen war im Vergleich zum Vorjahr im Jahr 2018 ein Zuwachs um 20% zu verzeichnen (DAZ 12, S. 34). Die häufigsten Infektionen (insgesamt 85%) traten in den südlichen Bundesländern Baden-Württemberg und Bayern auf. Hier gelten mittlerweile fast alle Kreise als Risikogebiete. Aber auch im Norden sind Zecken verbreitet. Mit dem Kreis Emsland ist nun erstmals ein FSME-Risiko­gebiet in Niedersachsen neu dazu­gekommen, das damit auch das nördlichste Risikogebiet Deutschlands ist. Den besten Schutz bietet die Impfung mit einem Totimpfstoff (FSME-Immun® oder Encepur®): In der Regel sind drei Impfungen notwendig, um den vollen Impfschutz zu erreichen.

Mit Antibiotika gegen Borrelien

Die Lyme-Borreliose manifestiert sich insbesondere an der Haut, kann aber auch auf das Nervensystem (Neuroborreliose), das Herz (Karditis) und die Gelenke (Lyme-Arthritis) übergreifen. Die frühen Hautinfektionen werden meist mit Doxycyclin behandelt, jedoch werden auch andere Antibiotika wie Phenoxymethylpenicillin, Amoxicillin oder Cefuroxim eingesetzt. Eine Metaanalyse ergab, dass die verschiedenen Therapiestrategien ähnlich gut wirksam sind (DAZ 4, S. 22).

Viele Patienten mit persistierenden Symptomen einer Lyme-Borreliose leiden unter kognitiven Einschränkungen wie Gedächtnislücken, Wortfindungs- und Konzentrationsstörungen. Allerdings ist nicht geklärt, ob diese kognitiven Beschwerden durch eine unzureichende Therapie einer Borrelia-burgdorferi-Infektion oder Über­reste vergangener Infektionen aus­gelöst werden oder ob fälschlich ein Zusammenhang angenommen wird. Während in einigen Leitlinien – so auch in der deutschen S3-Leitlinie zur Neuroborreliose – eine Antibio­tika-Gabe über maximal zwei bis vier Wochen empfohlen wird, raten andere Leitlinien zu einer antimikrobiellen Langzeittherapie. In einer randomisierten placebokontrollierten Studie zeigte eine längerfristige Antibiotika-Therapie jedoch keinen Vorteil (DAZ 15, S. 37). |

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