Arzneimittel und Therapie

Wachsam sein bei Wunsch nach Hustenstiller

AMK warnt erneut vor potenziellem Dextromethorphan-Missbrauch

jb/cst | Das Problem ist nicht neu, doch die missbräuchliche Verwendung Dextromethorphan-haltiger Präparate ist nach wie vor ein großes Thema in den öffentlichen Apotheken. Nun warnt auch die AMK noch einmal eindringlich vor den Risiken und mahnt zur verstärkten Aufmerksamkeit.

Jugendlich, meist männlich, offensichtlich ohne Reizhusten, gerne im Notdienst, kein Interesse an Alternativpräparaten oder Beratungsangeboten und zusätzlich der Wunsch nach anderen Arzneimitteln (z. B. Diphenhydramin), die ebenfalls missbräuchlich verwendet werden können – wird in dieser Konstellation das Antitussivum Dextromethorphan (DXM) verlangt – am besten noch in großen Mengen für vermeintliche Freunde –, sollten bei Apothekern die Alarmglocken losgehen. Denn dann sei die Gefahr groß, dass es sich um Missbrauch handelt, schreibt die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) in einer aktuellen Mitteilung. Laut AMK wurde der Wirkstoff Dextromethorphan in den letzten sechs Jahren am häufigsten mit dem Verdacht auf Missbrauch an die AMK gemeldet. Die Verdachtsmeldungen betrafen fast ausschließlich Monopräparate in Kapselform (z. B. Silomat® DMP Intensiv Kapseln, Hustenstiller-ratiopharm®). Laut AMK grassieren im Internet „dubiose Anleitungen“, die vornehmlich Kapseln empfehlen. Diese ließen sich einfach zum Bau einer „DXM-Bombe“ öffnen, die den Inhalt von bis zu 14 Stück enthalten könne. Und das ist riskant: Vor allem höhere Dosen oder die zusätzliche Einnahme von sero­tonergen Wirkstoffen sowie CYP2D6-Inhibitoren können das Risiko für das lebensbedrohliche Serotonin-Syndrom erhöhen. Besonders problematisch ist, dass etwa 10% der All­gemeinbevölkerung aufgrund eines CYP2D6-Polymorphismus DXM extrem langsam abbauen. Bei ihnen können bereits vergleichsweise niedrige Dosen zu Hospitalisierungen führen.

Foto: F8studio – stock.adobe.com

Auch zu der anscheinend beliebten Kombination mit Diphenhydramin äußert sich die AMK. Etwa in 20% der gemeldeten Missbrauchsverdachtsfälle gäbe es Hinweise auf eine gleichzeitige Einnahme von OTC-Arzneimitteln, die den H1-Antagonisten enthalten. Warum das so kombiniert wird, könne man allerdings nicht sicher sagen. Ob diese Arzneimittel gezielt eingesetzt werden, um z. B. (additive) zentralnervöse Effekte zu erzielen, den DXM-Abbau zu verlangsamen oder potenzielle Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen zu vermindern, sei unklar, so die AMK.

Wie wirkt ­Dextro­methorphan?

Dextromethorphan (DXM) besitzt antagonistische Eigenschaften am NMDA-Rezeptor, an Sigma-1- und 5-HT-Rezeptoren wirkt das Morphin-Derivat als Agonist. In therapeutischen Dosierungen lindert es als Antitussivum den Hustenreiz. In hohen Dosierungen wird DXM aufgrund seiner psychoaktiven Effekte bei massiver Überdosierung als Rauschmittel missbraucht. Bei bestimmungsgemäßem Gebrauch gelten DXM-haltige Arzneimittel als relativ sicher. Eine missbräuchliche Verwendung kann jedoch lebens­bedrohlich werden. Bei peroralen Dosierungen oberhalb von 7,8 mg/kg kann es zu Krämpfen, Atemdepression und komatösen Zuständen kommen.

In ihrem aktuellen Schreiben bittet die AMK das pharmazeutische Personal, weiterhin besonders aufmerksam zu sein. Zudem erneuert sie die Empfehlung, DXM-haltige Arzneimittel nicht an Jugendliche abzugeben sowie die Abgabe an junge Erwachsene zumindest kritisch zu hinterfragen, und rät zu folgenden Maßnahmen:

  • Erfragen Sie zunächst konkrete Infor­mationen über die Anwendung und Absichten im vertraulichen und verständnisvollen Gespräch und beraten Sie eindringlich über die potenziellen Risiken.
  • Sehen Sie von der gleichzeitigen Abgabe weiterer OTC-Präparate ab, die ihrerseits (additive) zentralnervöse Effekte verursachen oder mit der Pharmakokinetik von DXM interagieren können.
  • Bei Ablehnung von Beratungsangeboten kann die Abgabe in letzter Konsequenz verweigert werden.

Alle Verdachtsfälle zum Missbrauch DXM-haltiger Arzneimittel sollen per UAW-Bogen an die AMK gemeldet werden. |

Literatur

Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK). 46/19 Informationen der Institutionen und Behörden: AMK: Missbrauch von Dextromethorphan – auch Risiko für Serotonin-Toxizität beachten. Meldung vom 12. November 2019; www.abda.de

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