DAZ aktuell

Neue Hoffnung für Krebspatienten

Therapiestudie zu Methadon bei metastasiertem Kolonkarzinom startet 2020

dpa/jb/ral | Bereits seit einiger Zeit wird darüber gestritten, ob Methadon ein sinnvoller Therapieansatz für Krebspatienten ist oder ob das Arzneimittel nicht doch nur seinen Stellenwert als Drogenersatzmittel hat. Experimentelle Arbeiten sprechen für den Einsatz von Methadon bei Krebs. Nun soll eine Therapiestudie weitere Erkenntnisse liefern. Erprobt werden soll die Substanz bei Patienten mit metastasiertem Kolonkarzinom, die auf eine Chemotherapie nicht mehr ansprechen. Die Studie soll im ersten Quartal 2020 starten.

2017 hatten die Medien erstmals über Therapieerfolge bei eigentlich aus­therapierten Krebspatienten berichtet, wenn diese zusätzlich zur Chemotherapie mit Methadon behandelt wurden. Seitdem streitet sich die Fachwelt über die Wirksamkeit oder Nicht-Wirksamkeit von Methadon in der Krebstherapie. Fachgesellschaften äußern sich sehr zurückhaltend und warnen vor Therapieversuchen außerhalb von klinischen Studien. Prospektive klinische Studien, die eindeutig belegen, dass die Therapieerfolge tatsächlich dem Synergismus von Methadon und Zytostatika zu verdanken sind, fehlen bislang.

Petition forderte Studien

Eine Petition, die 2018 mehr als 53.000 Menschen in der Bundesrepublik unterstützt hatten, hatte gefordert, dass Forschungsgelder aus öffentlicher Hand gezielt für klinische Studien zum Einsatz von D,L-Methadon (Methadonhydrochlorid) bei der Behandlung von Krebspatienten unterschiedlichster Tumorerkrankungen zur Verfügung gestellt werden sollen. Im Juli 2019 hatte sich der Petitionsausschuss einstimmig auf ein Votum für die Methadon-Petition geeinigt. Die positive Wirkung von Methadon in der Krebsbehandlung müsse in klinischen Studien bestätigt werden. Man bitte nun das Bundesministerium für Bildung und Forschung, sich der Sache anzunehmen, dieses müsse spätestens nach einem Jahr dem Petitionsausschuss vorlegen, welche konkreten Schritte gegangen wurden. Noch gibt es keinen end­gültigen Beschluss zur staatlichen Finanzierung.

Deutsche Krebshilfe fördert mit 1,6 Millionen Euro

Doch nun kommt von anderer Stelle Unterstützung. Wie am Montag bekannt wurde, hat sich die Deutsche Krebshilfe entschlossen, eine umfangreiche Therapiestudie mit Methadon an der Universitätsklinik Ulm mit 1,6 Millionen Euro zu fördern. Eingeschlossen werden sollen Patienten mit metastasiertem Kolonkarzinom, die auf eine Chemotherapie nicht mehr ansprechen – in der Diskussion zuvor war es hauptsächlich um die Wirksamkeit beim Glioblastom gegangen. Allerdings hatte Prof. Dr. Thomas Seufferlein, der Ärztliche Direktor der Klinik für Innere Medizin I der Ulmer Uni und Leiter der aktuellen Studie, bereits 2017 angekündigt, Studien zum Effekt von Methadon bei chemorefraktären kolorektalen Karzinomen konzipieren und zur Förderung einreichen zu wollen. „Wir wollen untersuchen“, so Seufferlein, „ob Methadon bewirken kann, dass auch bei Patienten mit fortgeschrittenem Darmkrebs bestimmte Chemotherapeutika besser in die Krebszellen eindringen und dadurch effektiver wirken können“. Die Betonung liegt für den Mediziner auf „ob“: „Ich sehe die Studie wirklich komplett ergebnisoffen.“ Zudem würden Resul­tate allein für die Situation eines fortgeschrittenen Dickdarmkrebses und nicht für andere Tumorarten sowie allein für das konkrete Chemotherapeutikum und die konkrete Dosierung von Methadon gelten. „Man kann die Ergebnisse dann weder in die eine noch in die andere Richtung generalisieren.“

Die Studie soll im ersten Quartal 2020 starten. Seufferlein rechnet längerfristig mit jeweils etwa 30 Patienten, die neben der Chemotherapie auch Methadon erhalten, im Vergleich zu anderen, die – wie bislang üblich – mit Chemotherapie sowie bei Bedarf mit Morphium oder anderen Schmerzmitteln behandelt werden. Erste belastbare Resultate könnten frühestens Anfang 2022 vorliegen.

Friesen: Studie ist nur ein Anfang

Mit den Geldern der Deutschen Krebshilfe ist zumindest ein Anfang gemacht. In den Augen von Dr. Claudia Friesen, Chemikerin aus Ulm, deren experimentelle Studien die Diskussion um Methadon bei Krebs mit ins Rollen gebracht haben, ist es damit aber nicht getan. „Diese geplante Studie ist ein Anfang“, sagte sie gegenüber der DAZ. „Es ist zu hoffen, dass sich relativ schnell zeigt, dass die Patienten von der Methadon-Gabe profitieren und auch die Patienten im Kontrollarm dann schnellstmöglich ebenfalls mit Methadon behandelt werden können. Allerdings werden wir die Daten dieser Studie nicht auf andere Krebsarten übertragen können. Wir be­nötigen daher dringend klinische Studien für die vielen weiteren Krebsarten, für die es vielversprechende Hinweise für den Nutzen einer Methadon-Therapie gibt.“ |

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