Aus den Ländern

Dienstleistungen müssen apothekenpflichtig bleiben

Apothekerforum des Apothekerverbands Brandenburg

WITTENBERGE (ks) | Die vergangenen zwölf Monate waren für die Apotheker berufspolitisch schwierig – und es bleibt herausfordernd. Das wurde auch beim diesjährigen Apothekerforum des Apothekerverbands Brandenburg deutlich, das am 25. und 26. Oktober in Wittenberge an der Elbe stattfand.
Foto: Apothekerverband Brandenburg

In der Alten Ölmühle in Wittenberge traf man sich zur Fortbildung und zum Austausch.

Am ersten Tag konnten die Teilnehmer kurzweiligen und informativen Vorträgen zur Apothekenbewertung, dem Leben Theodor Fontanes aus pharmazie-historischer Sicht, dem pharmazeutischen Wissensmanagement in der Apotheke sowie zur pharmazeutischen Chemie im Kino lauschen. Am Samstag wurde es dann politisch. Die Mitgliederversammlung stand auf der Tagesordnung. Zuvor widmete sich aber Lutz Tisch, ABDA-Geschäftsführer Recht, dem Thema „Die öffentliche Apotheke im Spiegel der politischen Entwicklungen“. Er stellte den Status quo dar, zu dem auch die erst im Oktober in Kraft getretene Verordnung zur Änderung der Arzneimittelpreisverordnung und der Apothekenbetriebsordnung zählt. In diese wurden einige der zunächst im Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) vorgesehenen Regelungen ausgelagert – neben den zusätzlichen Honoraren, die Apotheker ab 2020 erwarten, findet sich hier unter anderem eine Neuregelung zum Botendienst. Dieser ist jetzt nicht mehr nur im Einzelfall zulässig, sondern stets auf Kundenwunsch – damit werde neben der Präsenzapotheke und dem Versandhandel ein dritter Versorgungsweg etabliert, erläuterte Tisch. Eine weitere Neuerung: Die pharmazeutische Beratung kann beim Botendienst ausdrücklich auch im Wege der Telekommunikation mit der Apotheke erfolgen. Mit den weiteren anstehenden Gesetzesvorhaben könnte sich noch mehr verschieben: Sollten PTA mehr Kompetenzen zugesprochen bekommen, so könnten sie künftig ohne Aufsicht Rezepte entgegennehmen und abzeichnen – auch im Botendienst. Und der Versandhandel könnte ebenfalls neue Optionen bekommen, wenn es bei der im VOASG-Kabinettsentwurf vorgesehenen Regelung zu automatisierten Ausgabestationen bleibt. Denn mit der jetzigen Formulierung könnte einer neuen Abgabeform nach dem Vorbild Hüffenhardt mit lediglich telefonischer Beratung der Weg bereitet werden. Wenn dann noch das E-Rezept mit elektronischer Signatur dazu kommt, schwant Tisch nichts Gutes. Letztlich würde eine weitere Möglichkeit geschaffen, dass Patienten weder mit den Apothekenräumlichkeiten noch mit dem Personal in Kontakt kommen.

ABDA-Geschäftsführer Lutz Tisch beobachtet die EU-Versender kritisch.

Multi-Channel-Konzepte der EU-Versender

Tisch zeigte auf, dass die großen EU-Versender bereits neue Multi-Channel-Konzepte aufbauen. Der Chef der Schweizer Zur Rose Gruppe, Walter Oberhänsli, habe schon in verschiedenen Interviews deutlich gemacht, dass er sich nicht auf den Versandhandel beschränken möchte. Er wolle alle Kanäle bespielen und dabei auch die Präsenzapotheken einbeziehen. So habe er bereits Plattformen in Frankreich und Spanien erworben: Über diese sollen Arzneimittel bestellt werden, die dann von kooperierenden Vor-Ort-Apotheken ausgeliefert werden. Damit löse Oberhänsli „das Problem der letzten Meile“, die für den Versandhandel das teuerste sei, erklärte Tisch. Die Apotheken seien dann nur noch Zusteller – und würden auch nur dafür bezahlt. Kritisch sieht der Jurist auch, dass es möglicherweise eine Bewegung zum Konzept der „prescription corner“ geben könnte – also der Rx-Arzneimittel­abgabe in einem Bereich eines Supermarktes oder anderen Handelbetriebs. Das geht hierzulande im Moment noch nicht – auch nicht mit den jetzt vorliegenden Reformplänen. Denn es ist nicht erlaubt, außerhalb von Großhandlungen oder Apotheken Arzneimittel zu lagern. Aber: In der Schweiz gibt es bereits Modellversuche von Zur Rose in Migros-Märkten. Und in Deutschland gebe es immerhin schon Strukturen, die für eine Weiterentwicklung bereit stünden, wenn sich das Gesetz ändert: So biete DocMorris seine Boni schon seit Jahren auf Rewe-Kassenzetteln an.

Doch was sind nun die Konzepte der ABDA? Zum einen gehe es darum, die pharmazeutischen Dienstleistungen auszubauen und dabei darauf zu achten, dass diese apothekenpflichtig sind, erläuterte Tisch. „Sollte das nicht gelingen, könnte jede lukrative Tätigkeit, die die Apotheker entdecken, auch von anderen Anbietern angeboten werden“. Aber er setzt darauf, dass Apotheken letztlich doch „unverzichtbar“ sind. Ihr spezielles Leistungsspektrum könnten andere immer nur teilweise anbieten – und auch mit ihren sozialen Bindungen seien Apotheken im Vorteil.

Mit Blick auf die genannten Entwicklungen bei den EU-Versendern setzt sich die ABDA zudem dafür ein, das Verbot einer Lagerung von Arzneimitteln außerhalb von Apotheken zu erhalten. Auch automatisierte Ausgabestationen müssten ausnahmslos an Apothekenbetriebsräume gebunden bleiben und entsprechende Einrichtungen von Versandanbietern dürften nicht Platz greifen. Es müsse auch sichergestellt sein, dass Ausgabestationen nicht automatisiert bestückt werden. „Hüffenhardt ist noch nicht vom Tisch“, so der ABDA-Jurist. Als wichtige Punkte nannte Tisch überdies, dass das Makel-Verbot für E-Rezepte noch kommt – und zwar eines, das nicht nur Krankenkassen und Ärzte, sondern auch Dritte adressiert. Und: Weitere wichtige Regelungen müssten in ihrer Wirkung auf Versender erstreckt werden. Denn was nutzen neue Reglementierungen, die am Ende nur die nationalen Apotheken betreffen?

Tischs Fazit: „Es ist eine spannende Zeit mit unglaublichen Herausforderungen“. Er betonte, dass sich die ABDA „viel Mühe“ gegeben habe, um so viele Verbesserungen wie möglich zu erreichen – das sehe man in ihren Stellungnahmen zu den Gesetzen und Verordnungen. Und sie will noch mehr schaffen. „Da wartet noch sehr, sehr viel Arbeit“, so Tisch. Sein abschließender Rat: Die Apotheker sollten „mit Bewusstsein für die Schwierigkeit der Lage, aber nicht ohne Optimismus in die Zukunft schauen“.

Foto: Apothekerverband Brandenburg

Verbandschef Olaf Behrendt: Das letzte Jahr war „nicht vergnügungssteuerpflichtig“.

Hat Spahn seinen Amsteid verstanden?

Dass die Lage zuletzt nicht einfach war und es nach wie vor nicht ist, machte auch der Vorsitzende des Apothekerverbands Brandenburg, Olaf Behrendt, in seinem Bericht zur Mitgliederversammlung deutlich. Er skizzierte kurz die Entwicklungen seit dem Deutschen Apothekertag (DAT) 2018, den Kampf um die Gleichpreisigkeit und den überall nicht abebbenden Ruf nach dem Rx-Versandverbot (RxVV). „Noch nie gab es so viele außerordentliche Sitzungen und Telefonkonferenzen“, so Behrendt. Und die Stimmung bei den Beteiligten sei dabei „nicht auf dem besten Level“. Verband und Kammer in Brandenburg forderten schon im vergangenen März, zum Rx-Versandverbot zurückzukehren. Behrendt schilderte zudem die Situation auf dem diesjährigen DAT, an dem über zwei Tage hinweg ein Antrag diskutiert wurde, in dem die Stellungnahme des Bundesrats zum VOASG aufgegriffen werden sollte – die Länder haben sich in dieser bekanntlich für das Rx-VV ausgesprochen. Am Ende einigte man sich auf eine Formulierung, die bei Spahn, der tags darauf beim DAT erschien, jedoch nicht gut ankam. Seine Botschaft war nun: Wenn die Apotheker meinen, mit den Ländern besser zu fahren, könnten sie auf das Initiativrecht des Bundestags zur Gesetzgebung setzen – doch er selbst werde dann seine Arbeit am VOASG einstellen. Ein Verhalten, das auch Behrendt irritierte: „Die Hauptversammlung der Apothekerinnen und Apotheker ist nicht dazu da, den Minister zu amüsieren, sondern die eigenen Forderungen vorzubringen“. Was der Gesetzgeber dann daraus mache, stehe ihm frei. „Wenn sich aber ein Minister hinstellt und sagt, ‚dann stelle ich meine Arbeit ein‘, dann hat er vielleicht seinen Amtseid nicht richtig verstanden“, so der Verbandschef.

Doch nun heißt es ohnehin abwarten – auf die Stellungnahme der EU-Kommission zum VOASG. Ein wenig optimistisch stimmt Behrendt der „Mission Letter“ der designierten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an die künftige EU-Gesundheitskommissarin. Darin weise sie unter anderem darauf hin, dass das Subsidiaritätsprinzip eingehalten werden müsse.

Behrendt sprach zudem weitere Punkte an, die in den vergangenen Monaten bewegten. Die Lieferengpässe etwa. Die Apotheken täten alles, um die Versorgung aufrechtzuerhalten – doch nun sieht der Verbandschef auch die Politik in der Pflicht. Ein weiteres Ärgernis sei die misslungene neue Importförderklausel, die dazu führe, dass mehr Importe abgegeben werden denn je. Was das neue Fälschungsschutz­system Securpharm betrifft, erklärte Behrendt, das dieses immerhin reibungsloser laufe als zunächst befürchtet – zumindest der Apothekenserver funktioniere gut, der Herstellerserver allerdings weniger. Auch die geplante Patienten-Web-App des DAV sei auf einem guten Weg. Behrendt verwies darauf, dass schon in den nächsten Wochen ein Modellprojekt in Berlin starten werde, bei dem Spahn demnächst ein erstes E-Rezept einlösen werde.

Abschließend betonte Behrendt, dass es gerade jetzt wichtig sei, Kräfte zu bündeln. Die Zusammenarbeit mit der Landesapothekerkammer laufe hervorragend. Auch mit den Berliner Kollegen habe man schon einiges angestoßen. |

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