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Vollständige Reform lässt auf sich warten

Spahn sieht einen Teil seiner Mission im Apothekenmarkt als gelöst an

bro | Eigentlich hatte das Bundesgesundheitsministerium geplant, diese neuen Regelungen in der Apothekenbetriebsordnung im Apotheken-Stärkungsgesetz unterzubringen. Doch das Kernelement des Gesetzes, das Rx-Boni-Verbot für den GKV-Bereich, hängt weiter in einer Abstimmung mit der EU-Kommission fest. Obwohl der Versandhandelskonflikt also drei Jahre nach dem EuGH-Urteil weiterhin ungelöst ist, sieht Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) einen Teil seiner Mission im Apothekenmarkt als gelöst an. In einem Brief an seine Fraktionskollegen wirbt Spahn für die in Kraft getretene Sammelverordnung.

In dem Brief an die CDU/CSU-Kollegen heißt es: „Mit der Verordnung wird die flächendeckende und qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung der Bevölkerung weiter gestärkt und abgesichert und auf zukünftige Herausforderungen ausgerichtet.“ Die ab Januar geltenden Honorar-Anpassungen kämen vornehmlich Apotheken in strukturschwachen Regionen zugute, die häufig Notdienste leisten. Der Minister äußert sich auch zur aktuellen Situation bezüglich des Rx-Boni-Verbots. Spahn weiß: In seiner Fraktion hatte es in den vergangenen Monaten rumort, weil viele Abgeordnete sich nicht vom Rx-Versandverbot trennen wollten. Schließlich hatten CDU/CSU dafür gekämpft, dass es in den Koalitionsvertrag kommt. Zum Beschluss des Bundesrats, das Verbot zu empfehlen, erklärt der Minister, dass man derzeit an der Gegenäußerung arbeite. Doch Spahn bleibt dabei: Wie sein Ministerium zuletzt in einer Antwort auf eine schriftliche Anfrage schon erklärt hatte, weist Spahn erneut auf die zu hohe „Begründungslast“ beim RxVV hin. Das Verbot stelle einen zu großen Markteingriff dar. Der Rx-Versand werde seit 2004 betrieben – ohne Gefährdung der Gesundheitsversorgung.

Außerdem würde das Verbot die wirtschaftliche Existenz der deutschen Versender bedrohen.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Warten auf die Reform - Jens Spahn und Friedemann Schmidt beim Deutschen Apothekertag im vergangenen September in Düsseldorf.

Spahn bewirbt Reform auf Facebook

Doch auch was seine Alternative betrifft, das Rx-Boni-Verbot für die GKV-Versorgung, hat Spahn nicht wirklich gute Nachrichten für seine Fraktionskollegen. Man warte weiter auf die Stellungnahme der EU-Kommission. Aber: „Aufgrund des andauernden Konstituierungsprozesses der neuen EU-Kommission kann noch nicht abgesehen werden, wann diese Stellungnahme erteilt wird.“ Zur Erklärung: Erst kürzlich war bekannt geworden, dass der Termin des Arbeitsstarts der neuen Kommission auf den Dezember verlegt wird.

Auch in der Öffentlichkeit wirbt der Minister für seine Tätigkeiten in der Apothekenpolitik. In einem Facebook-Video sagt Spahn zum wiederholten Male, dass Apotheken „ein Stück Heimat“ seien, deswegen auch die Neuregelungen, mit denen „gezielt“ die Apotheke vor Ort gestärkt werde. „Wir sorgen dafür, dass sich Apotheken in strukturschwachen oder ländlichen Gebieten halten können.“

Auch der Botendienst der Apotheken werde gestärkt. Spahn weiter: „Der Botendienst soll in Zukunft immer auf Kundenwunsch möglich sein. Damit stärken wir die Apotheken im Wettbewerb mit dem Versandhandel, weil der ist erst in ein, zwei Tagen da. Die Apotheke vor Ort schafft es im Zweifel noch heute.“ Auch in diesem Video bezieht sich Spahn zumindest indirekt auf das Rx-Versandverbot. „Ich verspreche sicherlich nichts, was ich nicht halten kann.“ Das gelte auch für die „weiteren Debatten zum Versandhandel“ und dazu, „wie wir faire Wettbewerbsbedingungen herstellen können“.

ABDA-Präsident mahnt zur Eile

In einer Mitteilung erklärt ABDA-Präsident Friedemann Schmidt zu den Änderungen der Apothekenbetriebsordnung und der Arzneimittelpreisverordnung: „Die Verordnung ist ein wichtiger Meilenstein in der Apothekenreform. Dass Apotheken vor Ort Tag und Nacht in allen Ecken des Landes im Einsatz sind, ist für Patienten ein wichtiges Stück Daseinsvorsorge. Deshalb ist es ein wichtiges Signal, dass der Botendienst der Apotheken in der Nachbarschaft gestärkt und ihre Nacht- und Notdienste besser bezuschusst werden.“

Mit Blick auf den zweiten, noch nicht verabschiedeten Teil der Apotheken­reform – das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) – mahnt Schmidt aber zur Eile: „Die ordnungspolitische Herausforderung, die Gleichpreisigkeit bei rezeptpflichtigen Medikamenten endlich wiederherzustellen, bleibt bestehen. Dieses Problem muss nun dringend gelöst werden. Diesbezügliche Abstimmungsgespräche der Bundesregierung mit der Europäischen Kommission sollten schnellstmöglich zu einem guten Ende gebracht werden, das Gesetz muss im Bundestag zügig beraten und verabschiedet werden. Drei Jahre Warten und Unsicherheit nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs reichen.“

In der am vergangenen Dienstag in Kraft getretenen Verordnung wird geregelt, dass der Botendienst der Apotheke vor Ort künftig nicht mehr nur im Einzelfall möglich ist, sondern stets auf Kundenwunsch. Die Auslieferung muss durch pharmazeutisches Personal der Apotheke erfolgen, wenn bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln die Verordnung noch nicht vorgelegen hat beziehungsweise noch keine Beratung stattgefunden hat.

Letzteres gilt auch für rezeptfreie Arzneimittel; die zugehörige Beratung kann aber auch telefonisch erfolgen. Weiterhin werden die Anforderungen an den Transport besonders temperaturempfindlicher Arzneimittel klarer definiert.

Zudem darf künftig auch bei Privat­patienten das verordnete Arzneimittel gegen ein preiswerteres, wirkstoff­gleiches ausgetauscht werden.

Ab 2020 wird zudem der Notdienst­zuschlag pro rezeptpflichtigem Arzneimittel von 16 auf 21 Cent erhöht. Bei den dokumentationspflichtigen Arzneimitteln (BtM- und T-Rezepte) erhöht sich der Zuschlag von 2,91 auf 4,26 Euro pro Abgabe. |

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