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„Wir müssen wieder mehr nach vorne schauen“

Nordrheins neuer Kammerpräsident Dr. Armin Hoffmann im Interview

bro/eda | Dr. Armin Hoffmann ist seit Kurzem Präsident der Apothekerkammer Nordrhein, sein Vorgänger Lutz Engelen war nach mehr als zehn Jahren an der Spitze nicht mehr angetreten. Hoffmann arbeitet beim Pharmakonzern Bayer in der Qualitätssicherung, ist also Indus­trieapotheker. Damit ist er ein Einzelfall unter den Standesfürsten der Apotheker. Im Interview mit DAZ.online erklärt er, warum seine Lage auch Vorteile hat für das neue Amt, was seine Ziele sind und wie er zu dem traditionell eher schwierigen Verhältnis zwischen seiner Kammer und der ABDA steht.
Foto: AKNR

Der neue AKNR-Präsident Dr. Armin Hoffmann will das Apotheken-Angebot noch präsenter machen.

DAZ: Herr Dr. Hoffmann, nochmals herzlichen Glückwunsch! Haben Sie sich schon eingelebt im neuen Amt oder ist es noch etwas ungewohnt „Präsident“ zu sein?

Hoffmann: Danke. Ich bin schon sehr involviert in die neuen Aufgaben. Im Moment gibt es aber insbesondere in Zusammenarbeit mit der Kammergeschäftsstelle noch viel zu organisieren. Es läuft aber alles sehr gut und macht Spaß.

DAZ: Ihre Wahl fiel deutlich aus. Das überrascht auch nicht: Erstens gab es ja keinen Gegenkandidaten, zweitens hat sich Ihre Fraktion, also Ihre „Liste“, in der Kammer ja mit anderen Listen zusammengeschlossen und sich so eine große Mehrheit gesichert. Wie kam es denn zu diesem Zusammenschluss?

Hoffmann: In der Apothekerkammer Nordrhein hatten wir ja traditionell viele Listen. Immer häufiger hörten wir in letzter Zeit aber, dass die Kolleginnen und Kollegen wenig Verständnis dafür haben – schließlich haben wir ja alle das gleiche Ziel: die Stärkung der Apotheke vor Ort. Deswegen haben wir uns vor zwei Jahren mit allen Fraktionsvorständen zusammengesetzt und ein offeneres, transparenteres Vorgehen gewünscht. Einige Fraktionen wollten sich, teils aus regionalen, teils aus inhaltlichen Gründen, dieser neuen Initiative nicht anschließen, andere fanden es sinnvoll. Mir ist es wichtig, dass wir unsere Kammerarbeit jetzt auf einer breiten Basis aufbauen. Wir wollen alle Delegierten und alle Kammer­mitglieder mitnehmen, unsere Mehrheit von 101 von 120 Stimmen in der Kammerversammlung hilft uns natürlich dabei.

DAZ: Sie sind Industrieapotheker, derzeit gibt es keinen anderen Industrie­apotheker an der Spitze einer Kammer oder eines Verbandes. Zu Ihrer Rolle gab es keinerlei Diskussionen oder Nachfragen vor der Wahl. Mich hat das etwas überrascht. Sie auch?

Hoffmann: Nein. Denn es gab schlichtweg keinen Offizin-Apotheker, der das Präsidentenamt bekleiden wollte. Wir haben das in der ­„Initiative Nordrhein“ sehr lange ­besprochen, aber die Arbeit in der ­Offizin ließ es bei den Kollegen nicht zu, das Amt zu übernehmen.

DAZ: Erwarten Sie von den rund 11.000 Kammermitgliedern und der Versammlung deswegen eine kritischere Haltung als sie beispielsweise Ihrem Vorgänger entgegengebracht wurde?

Hoffmann: Natürlich werde ich kritisch beäugt, das ist auch gut so. Allerdings kann ich auf 22 Jahre Berufspolitik zurückschauen, ich will durch Leistung überzeugen. Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass ich mit Kathrin Hollingshaus eine sehr starke und kompetente Vize-Präsidentin an meiner Seite habe, die zwei Offizin-Apotheken leitet. Und nicht vergessen: Auch ich bin Apotheker und habe knapp sechs ­Jahre lang in der Offizin gearbeitet. Das Tätigkeitsfeld ist für mich daher ein nachrangiges Thema, ich will den gesamten Apothekerberuf mo­dernisieren.

DAZ: In Ihrer Antrittsrede sprachen Sie auch gleich ein kritisches Thema an: die Fehlerquote bei den Kollegen in der Offizin. Ist es aus Ihrer Sicht vielleicht auch ein Vorteil, in der Industrie zu arbeiten, damit Sie manche Sachverhalte nüchterner und von „außen“ betrachten können?

Hoffmann: Definitiv. Ich gehe derzeit als Kunde in die Apotheke und erlaube es mir, einen objektiven Blick auf die Apotheke zu werfen. Objektiv bedeutet, dass ich bei all den Entscheidungen und Gesprächen, mit denen ich konfrontiert werde, unabhängig von einer eigenen Apotheke das Beste für die Zukunft des Apothekerberufes herausholen kann.

DAZ: Sie sagten, Sie wollen den Apothekerberuf modernisieren. Was genau meinen Sie damit?

Hoffmann: Ich will die Apotheke als Institution zunächst dazu ertüchtigen, mit allen Konkurrenten mitzuhalten, ganz gleich, ob es Versandhändler oder Internet-Riesen wie Amazon sind. Es muss wieder viel mehr in den Köpfen der Menschen verankert werden, dass wir die Fachfrauen und -männer für Arzneimittel sind. Wenn man Fragen zu Arzneimitteln hat, geht man zum Apotheker. Das Angebot pharmazeutischer Dienstleistungen ist riesig, das muss bekannt werden. Ich möchte die ­Apotheker aus dem Schatten herausführen, nur als „Schubladenzieher“ angesehen zu werden. Und wir ­müssen es mit übergeordneten ­Strukturen schaffen, dass alle Apotheken niederschwellig einen größtmöglichen Anteil der pharmazeutischen Dienstleistungen anbieten ­können.

DAZ: Wie wollen Sie es denn erreichen, dass die Apotheke mit allen Konkurrenten mithält?

Hoffmann: Ich würde mich freuen, wenn wir wieder mehr nach vorne schauen als uns in alten Konflikten zu verkämpfen. Die Apotheke muss in die gesellschaftliche Entwicklung miteinbezogen werden. Und dazu müssen wir den Menschen eine 24-Stunden-Verfügbarkeit signali­sieren und Arzneimittel sowie Arzneimittelinformationen einem größeren Teil der Bevölkerung zur Ver­fügung stellen.

DAZ: Aber das machen die Apotheker doch schon heute über den Notdienst …

Hoffmann: Ja, und das machen sie auch sehr gut. Mir geht es aber darum, den Menschen zusätzlich zu den Notdiensten das Apotheken-Angebot noch viel präsenter zu machen. Denkbar wäre doch beispielsweise eine Notruf-Hotline über die Apothekerkammer organisiert, bei der sich die Menschen melden können, wenn sie Fragen zur Arzneimitteltherapie ­haben. Das alles muss natürlich im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten erfolgen. Grundsätzlich geht es mir darum, die Apotheker zu DEM Ansprechpartner Nummer eins zu machen, wenn es um Informationen rund um Arzneimittel geht.

DAZ: Von Ihrem Vorgänger übernehmen Sie eine Kammer, die mit der Berliner Standesvertretung ABDA traditionell im Clinch steht. Da wurden Haushalte verweigert und mit dem Austritt gedroht. Werden Sie die ABDA ähnlich kritisch beäugen?

Hoffmann: Ich stehe voll dahinter, dass wir eine bundesweite, politisch tätige Organisation haben. Wir brauchen die ABDA, weil wir nicht das ­jeden Tag in Berlin leisten können, was die ABDA leistet. Dort wird sehr wertvolle Arbeit geleistet, auch ich war schon Teil mehrerer ABDA-Gremien. Insofern werde ich niemals ­einen ABDA-Austritt fordern. Allerdings würde ich die Zusammenarbeit zwischen der AKNR und der ABDA gerne verändern und verbessern. Die ABDA muss sich mehr Mühe geben, uns zu verstehen, mehr in die Länder ­reinhorchen. Die ABDA hat zu der kleinen Vor-Ort-Apotheke den Draht verloren und umgekehrt. In erster ­Linie geht es mir um die Kommunikation: Wenn ich eine politische Entscheidung treffe, dann muss ich das besser gegenüber meinen Leuten ­kommunizieren. Ich glaube, dass die ABDA ein Kommunikations- und ein Promotion-Problem hat.

DAZ: Sie spielen darauf an, dass die ABDA das Abrücken vom Rx-Versandverbot besser kommunizieren hätte sollen?

Hoffmann: Also da bin ich auch inhaltlich unterschiedlicher Meinung. Das Verbot hätte man sich niemals so billig abkaufen lassen sollen. Die Entscheidung des Bundesrates dazu führt ja jetzt den Meinungswechsel der ABDA ad absurdum. Mit Kommunikation meine ich zum Beispiel auch, dass man doch beispielsweise eine Feedback-Runde der Länder einrichten könnte, in der wir die Arbeit der ABDA spiegeln können.

DAZ: Herr Dr. Hoffmann, wir danken Ihnen für dieses Gespräch. |

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