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Regierung bekräftigt Bedenken gegen das Rx-Versandverbot

Unionsfraktion hakt nach – Staatssekretärin verweist auf „erheblich erhöhte Begründungslast“

BERLIN (bro/ks) | Nach der Empfehlung des Bundesrates, ein Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel zu beschließen, ist das Thema auch in der Unionsfraktion wieder angekommen. Der CDU-Abgeordnete Michael Hennrich fragte kürzlich die Bundesregierung, welche europa- und verfassungsrechtlichen Gründe sie dabei leiten, den Rx-Versandhandel nicht zu verbieten. Die Antwort überrascht nicht und zeigt, mit welcher Reaktion der Regierung auf die Stellungnahme des Bundesrats zum Apotheken-Stärkungsgesetz zu rechnen ist.

Drei Jahre ist es her, dass das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Rx-Preisbindung ergangen ist. Seitdem werben EU-Versender munter mit Rabatten für die Rezepteinlösung. Und genauso lange sucht die Politik nach einer Lösung, wie man zur Gleichpreisigkeit zurückkehren kann. Die erste Reaktion auf das Urteil vom 19. Oktober 2016 aus der Politik kam seinerzeit aus der Union: Der damalige Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe wollte das Rx-Versandverbot, scheiterte allerdings an der SPD und mehreren anderen Ministerien, die das Verbot für verfassungs- und europarechtlich nicht machbar hielten. Der jetzige Gesundheitsminister Jens Spahn hält wiederum nichts vom Rx-Versandverbot und schlägt ein Rx-Boni-Verbot im Sozialrecht vor, das derzeit auf euro­päischer Ebene geprüft wird.

Doch auch Spahn eckt an. So sprach sich der Bundesrat erneut für das Rx-Versandverbot aus – eine Gegenäußerung der Bundesregierung steht noch aus. Wie diese ausfallen könnte, verrät die Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Anfrage Hennrichs. Er wollte wissen, welche europa- und verfassungsrechtlichen Gründe die Regierung dazu bringen, den Koalitionsvertrag an dieser Stelle nicht umzusetzen.

Die Antwort kommt von Sabine Weiss (CDU), parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium. Sie erklärt zunächst grundsätzlich: Maßnahmen, die aus grundrechtlicher Sicht einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit darstellen bzw. aus europarechtlicher Sicht den freien Warenverkehr beeinträchtigen, müssten „mit hinreichenden, belegbaren Gründen des Gesundheitsschutzes ­gerechtfertigt werden und zur Erreichung des Ziels geeignet, erforderlich und angemessen sein“. Das Rx-Versandverbot würde aber gegenüber den im Apotheken-Stärkungsgesetz enthaltenen Festpreisregelungen einen wesentlich stärkeren Markteingriff darstellen, dessen Notwendigkeit gesondert dargelegt und begründet werden müsste. Dabei sei besonders zu berücksichtigen, dass der Rx-Versand seit dem Jahr 2004 in Deutschland zulässig ist und „bisher grundsätzlich keine Gefährdung der Gesundheits­versorgung bewirkt hat“. Weiss: „Die Begründungslast wäre hierdurch erheblich erhöht.“ Zudem würde ein ­Rx-Versandverbot die wirtschaftliche Existenz auch der in Deutschland ­zugelassenen Versandapotheken gefährden. „Daher bestehen bei der ge­gebenen Sachlage im Hinblick auf ein Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel weiterhin erhebliche verfassungsrechtliche und europarechtliche Bedenken.“

Hennrich: verbindliche Aussage

Die Antwort entspricht den Bedenken, die Spahn kürzlich auf dem Deutschen Apothekertag bekräftigt hat. Aber warum fragte Hennrich überhaupt nach der Meinung der Bundesregierung zum Rx-Versandverbot? Er sagt: „Mir war es wichtig, in dieser Angelegenheit einmal die Bundesregierung als Ganzes zu befragen. Ich hatte den Eindruck, dass sich einige Ministerien in der Lösung des Versandhandelskonfliktes zuletzt einen schlanken Fuß gemacht haben. Heißt konkret: Sowohl das Rx-Versandverbot passte nicht, aber auch nicht das vorgeschlagene Rx-Boni-Verbot im SGB V.“ Nun liege eine verbindliche Aussage dazu vor, dass die vorgesehene Regelung ein ­geringerer Eingriff wäre und damit rechtlich einfacher zu realisieren ist als das Rx-Versandverbot. |

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