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BMG zu Engpässen: Oft gibt es Alternativen

Immer häufiger versorgungsrelevante Arzneimittel von Engpässen betroffen

BERLIN (bro) | Die Zahl der gemeldeten Arzneimittel-Lieferengpässe hat sich in den vergangenen Jahren fast verneunfacht. 2018 gab es 268 beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemeldete Defekte, 2014 waren es 30. Etwas mehr als die Hälfte der fehlenden Wirkstoffe waren 2018 als versorgungsrelevant einzustufen. Im laufenden Jahr 2019 betrafen gar fast 60 Prozent der Lieferengpässe versorgungsrelevante Wirkstoffe (127 von 216).

Diese Zahlen gehen aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion zu Lieferengpässen hervor. Der Fokus dieser Anfrage lag unter anderem auf einem möglichen Zusammenhang zwischen den Sparinstrumenten im Arzneimittelbereich (insbesondere Rabattverträge, Import-Regelungen und Festbeträge) und den Engpässen. Doch hier liefert das Bundesgesundheitsministerium (BMG) eher vage Antworten. Es weist auf die Einsparungen hin, die dadurch generiert werden (2018: 7,8 Mrd. Euro durch Festbeträge und 4,5 Mrd. Euro durch Rabattverträge) und schreibt: „Sie tragen dazu bei, eine qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung zu gewährleisten und die Arzneimittelausgaben der GKV auf Dauer finanzierbar zu halten.“

Wie viele versorgungsrelevante Wirkstoffe unter die Rabattverträge fallen, weiß das BMG nicht. Bei den Festbeträgen liegen Daten vor: 188 der insgesamt 500 vom BfArM als versorgungsrelevant eingestuften Wirkstoffe unterliegen der Festbetragsregelung. Wie viele versorgungsrelevante Arzneimittelpackungen im Rahmen der Importförderklausel abgegeben wurden, weiß die Bundesregierung ebenfalls nicht. Ohnehin relativiert das BMG das Problem mit den Engpässen und schreibt: „Lieferengpässe bei Arzneimitteln sind nicht mit therapeutisch relevanten Versorgungsengpässen (…) gleichzusetzen. Oftmals stehen alternative Arzneimittel zur Verfügung, weshalb ein Lieferengpass nicht unbedingt zum Versorgungsengpass führen muss.“ Deswegen sei eine „differenzierte“ Betrachtung notwendig.

Die FDP-Anfrage beschäftigte sich auch mit den Standorten der Wirkstoffhersteller. Insgesamt gibt es laut BMG-Antwort für die in Deutschland zugelassenen versorgungsrelevanten Arzneimittelwirkstoffe 1344 Hersteller. Weniger als die Hälfte haben demnach ihren Sitz in der EU (526 von 1344). Nur 96 Hersteller haben ihren Sitz in Deutschland. Die meisten Wirkstoffhersteller außerhalb der EU haben ihren Sitz in China und Indien. An mehreren Stellen verweist die Bundesregierung darauf, dass es sich bei der Standortwahl um eine unternehmerische Entscheidung handelt.

Ullmann: Regulierungswahnsinn beenden

Der FDP-Gesundheitsexperte Prof. Dr. Andrew Ullmann wirft der Bundesregierung vor, dass sie die wahren Ursachen der Lieferengpässe „vertuscht“. Er fordert einen radikalen Rückbau der Sparinstrumente im Arzneimittelbereich. Ullmann wörtlich: „Schuld daran ist die regulierungswütige Sparpolitik der letzten Jahre. Zwangsabschläge, Festbetragsarzneimittel, Rabattverträge und regionale Arzneimittelvereinbarungen mit Quoten: Der Arzneimittelmarkt in Deutschland gleicht heute einer Planwirtschaft. Es geht nur noch darum, auf dem Rücken der Patienten Geld zu sparen bis es quietscht.“ Aus seiner Sicht gehört die „kleinteilige Regulierung der Versorgung“ auf den Prüfstand. „Sparinstrumente müssen abgeschafft werden, wenn sie dazu führen, dass nur noch in einigen wenigen Ländern und Produktionsstätten lebenswichtige Arzneimittel hergestellt werden.“ |

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