Arzneimittel und Therapie

Antidiabetikum hilft schwachen Herzen

Patienten mit reduzierter Ejektionsfraktion profitieren von Dapagliflozin

cst | In mehreren großen Endpunktstudien konnten SGLT-2-Inhibitoren bei Patienten mit Typ-2-Diabetes überzeugen: Sie reduzierten das Risiko für Herz-Kreislauf-Kompli­kationen. Doch auch Patienten ohne Diabetes könnten die Antidiabetika nützen. Bei Patienten mit Herzinsuffizienz zeigte Dapagliflozin einen protektiven Effekt.

Die Inhibitoren des Natrium-Glucose-Cotransporters-2 (SGLT-2) haben einen ungewöhnlichen Wirkmechanismus. Sie hemmen die Rückresorption von Glucose in den Nieren und führen so zu einer Insulin-unabhängigen Senkung des Blutzuckerspiegels. Doch sie können noch mehr: Neben der bekannten diuretischen Wirkung wird den Antidiabetika auch ein Einfluss auf die Hämo­dynamik, den myokardialen Stoffwechsel, Ionentransporter, Fibroseentstehung, Adipokine und Gefäßfunktionen zugeschrieben. Und genau diese Zusatzeffekte könnten ihnen kardioprotektive Eigenschaften verleihen. So wurde in früheren Studien bei Patienten mit Typ-2-Diabetes beobachtet, dass unter SGLT-2-Inhibitoren deutlich weniger Krankenhausaufenthalte aufgrund einer Herzinsuffizienz zu verzeichnen waren. Dieser Effekt wurde bereits relativ rasch nach Therapie­beginn deutlich. Daher ging man von einem Glucose-unabhängigen Mechanismus aus und vermutete, dass auch Patienten mit Herzinsuffizienz, die nicht an Diabetes erkrankt sind, hiervon profitieren könnten.

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Die Pumpfunktion des Herzens ist bei einer Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion vermindert.

Nun wurde der SGLT-2-Inhibitor Dapagliflozin (Forxiga®) bei 4744 Patienten mit Herzinsuffizienz und reduzierter Ejektionsfraktion im Vergleich zu Placebo im Rahmen der randomisierten kontrollierten DAPA-HF-Studie untersucht. Bei etwas mehr als der Hälfte der Patienten lag ein Diabetes mellitus Typ 2 vor, bei 45% jedoch nicht. Nach einer medianen Beobachtungsdauer von rund 18 Monaten zeigte sich ein deutlicher Unterschied zwischen den Behandlungsgruppen: Unter Dapagliflozin wurde bei 16,3% der Patienten eine Verschlechterung der Herzinsuffizienz oder ein Tod mit kardiovaskulärer Ursache festgestellt, unter Placebo waren es 21,2% (Hazard Ratio [HR] 0,74; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,65 bis 0,85). Um ein Ereignis zu verhindern, hätten über die Studiendauer hinweg betrachtet rein rechnerisch 21 Patienten mit Dapagliflozin behandelt werden müssen. Eine vordefinierte Subgruppenanalyse ergab keine wesent­lichen Unterschiede zwischen Patienten mit Diabetes (HR 0,75; 95%-KI 0,63 bis 0,90) und Patienten ohne Diabetes (HR 0,73; 95%-KI 0,60 bis 0,88). Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse traten unter Dapagliflozin nicht häufiger auf als unter Placebo.

Ähnlich effektiv wie Sacubitril / Valsartan

Wie einem Kommentar zu der Studie zu entnehmen ist, sind diese Ergebnisse durchaus beachtlich. So wurde mit Dapagliflozin ein Effekt erzielt, der im Bereich des zugelassenen Herzinsuffizienz-Arzneimittels Entresto® (Sacubitril/Valsartan) liegt. Doch es bleiben ­einige Fragen offen. Beispielsweise wurden in die DAPA-HF-Studie überwiegend Patienten mit moderater Herzinsuffizienz eingeschlossen. Ob Dapa­gliflozin auch bei Patienten mit einer schweren Form der Herzschwäche wirksam ist, ist unklar. In der aktuellen Studie schienen Patienten mit einer Herzinsuffizienz der NYHA-Klasse III oder IV in geringerem Ausmaß von dem SGLT-2-Inhibitor zu profitieren als Patienten der NYHA-Klasse II. Zudem muss in weiteren Studien geklärt werden, inwieweit eine bestehende Herzinsuffizienz-Medikation die Wirkung des SGLT-2-Hemmers beeinflusst. Die aktuellen Studiendaten zeigen jedoch, dass Dapagliflozin auch bei Patienten effektiv ist, die bereits Arzneimittel zur Behandlung der Herzinsuffizienz erhalten. Fast alle Patienten wurden zusätzlich zur Dapagliflozin-Therapie medikamentös behandelt, rund 10% mit Sacubitril/Valsartan. |

Literatur

McMurray JJV et al. Dapagliflozin in Patients with Heart Failure and Reduced Ejection Fraction. N Engl J Med 2019; doi:10.1056/NEJMoa1911303

Fang JC et al. Heart-Failure Therapy - New Drugs but Old Habits? N Engl J Med 2019; doi: 10.1056/NEJMe1912180

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