Arzneimittel und Therapie

Qual der Wahl bei Lyme-Borreliose

Gängige Antibiotika sind bei frühen Hautinfektionen ähnlich gut wirksam

Frühe kutane Manifestationen der Lyme-Borreliose werden mit verschiedenen Antibiotika behandelt. Welcher Wirkstoff, welche Dosierung und welche Therapiedauer dabei den größten Erfolg bringen, ist unklar. Mit einer Netzwerk-­Metaanalyse sollte nun Licht ins Dunkel gebracht werden.

Die Lyme-Borreliose wird durch den von Zecken übertragenen Erreger Borrelia burgdorferi verursacht. Die Erkrankung manifestiert sich insbesondere an der Haut, kann aber auch auf das Nervensystem (Neuroborreliose), das Herz (Karditis) und die Gelenke (Lyme-Arthritis) übergreifen. Bei den meisten infizierten Menschen macht sich innerhalb weniger Tage nach einem Zeckenstich das charakteristischste Merkmal der Lyme-Borreliose bemerkbar: ein Erythema migrans, die sogenannte Wanderröte (s. Kasten).

Zeckengefahr!

Foto: Ingo Bartussek – stock.adobe.com

Borrelien-Infektionen können bei warmer Witterung auch im Winter auftreten. Ab einer Temperatur von etwa 8° Celcius sind Zecken aktiv.

Zu den lokalisierten kutanen Frühinfektionen zählen das Erythema migrans und das Borrelien-Lymphozytom. Ein typisches Erythema migrans ist durch ein symptomfreies Intervall gekennzeichnet: Die randbetonte, ringförmige Hautrötung mit einem Durchmesser von mindestens fünf Zentimetern tritt drei Tage bis zu mehrere Wochen nach dem Zeckenstich auf und breitet sich zentrifugal aus. Doch auch bei untypischen Rötungen sollte man aufmerksam werden – das Erythema migrans ist in seinem Erscheinungsbild äußerst variabel.

Bei 7% der Kinder und 2% der Erwachsenen mit einer Lyme-Borreliose bilden sich Pseudolymphome (gutartige Proliferationen des lymphoretikulären Gewebes) an der Stichstelle oder im Bereich des Erythema migrans, die häufig im Bereich des Ohrläppchens oder der Genitalien als rote Knötchen sichtbar werden.

[Quellen: Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Zecken, Zeckenstich, Infektion (Stand: März 2018). Robert Koch-Institut. www.rki.de; S2k-Leitlinie „Kutane Lyme Borreliose“ der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (Stand März 2016), AWMF-Register-Nr. 013-044]

Die frühen Hautinfektionen der Lyme-Borreliose werden meist mit Doxy­cyclin behandelt, jedoch werden auch andere Antibiotika wie Phenoxymethylpenicillin, Amoxicillin oder Cefuroxim eingesetzt. Um die evidenzbasierte Entscheidung für ein geeignetes Behandlungsregime zu erleichtern, wurde eine Netzwerk-Metaanalyse aller bis Juli 2017 veröffentlichten randomisierten klinischen Studien durchgeführt. In der Analyse wurden 19 Studien berücksichtigt, in denen Erwachsene aufgrund einer diagnostizierten durch Lyme-Borreliose verursachten frühen Hautinfektion mit Antibiotika therapiert wurden. Dabei wurden sowohl das Ansprechen auf die Behandlung als auch unerwünschte Arzneimittelwirkungen untersucht – mit überraschendem Ergebnis: Ein Therapieerfolg konnte bei nahezu allen Patienten beobachtet werden, lediglich bei 5% wurde ein Therapieversagen fest­gestellt. Dabei erwies sich keines der eingesetzten Antibiotika (Doxycyclin, Cefuroxim, Ceftriaxon, Amoxicillin, Azithromycin, Phenoxymethylpenicillin und Minocyclin) als überlegen – weder zwei Monate, noch zwölf Monate nach Therapiebeginn. Auch unterschiedliche Dosierungen und Behandlungszeiträume wirkten sich nicht signifikant besser oder schlechter auf die Linderung der Symptome aus.

Die unerwünschten Arzneimittelwirkungen wurden unabhängig von der Behandlung als leicht bis moderat eingestuft und traten in etwa bei jedem dritten Patienten auf. Photosensitivität wurde als häufigste Hautreaktion berichtet, allerdings nur im Zusammenhang mit Doxycyclin beobachtet. Phenoxymethylpenicillin erwies sich von allen Antibiotika am verträglichsten.

Die Analyse ist jedoch mit Vorsicht zu genießen: So weisen die Autoren auf Schwächen (z. B. unzureichende Randomisierung und Verblindung) der eingeschlossenen Studien hin. Erst durch qualitativ hochwertige Studien mit ausreichenden Patientenzahlen können Aussagen zu möglichen Unterschieden zwischen den einzelnen Therapiestrategien gemacht werden, die dann in zukünftigen Leitlinien berücksichtigt werden könnten. |

Quelle

Torbahn G et al. Efficacy and Safety of Antibiotic Therapy in Early Cutaneous Lyme Borreliosis. A Network Meta-analysis. JAMA Dermatol 2018;154(11):1292-1303

Apotheker Dr. Simko Sama

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