Arzneimittel und Therapie

Risikoerhöhung unter Fluorchinolonen

Häufiger periphere Neuropathien als unter Amoxicillin-Clavulanat

Fluorchinolone sind durch seltene, aber schwerwiegende neurologische Nebenwirkungen wie periphere Neuropathie in Verruf geraten und sollten nur noch eingeschränkt angewendet werden. Wie hoch das Risiko tatsächlich ist, wurde im Rahmen einer großen Fall-Kontroll-Studie untersucht.

Fluorchinolone werden oft zur Behandlung von Harnwegs-, Atemwegs- oder gastrointestinalen Infekten verschrieben. Sie können jedoch schwerwiegende Nebenwirkungen im Bereich der Sehnen, Muskeln, Gelenke und des Nervensystems haben. Im April dieses Jahres beschied das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) infolge der Neu­bewertung der Sicherheit durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) daher eine Einschränkung der systemischen Anwendung (s. DAZ 2019, Nr. 15, S. 35).

Eine britische Fall-Kontroll-Studie hat das Risiko für periphere Neuropathie unter Fluorchinolonen genauer untersucht und quantifiziert. Die beobachtete Kohorte von knapp 1,34 Millionen Erwachsenen hatte nach Daten aus der „The Health Improvement Network“-Datenbank zwischen 1999 und 2015 mindestens ein Rezept über ein orales Fluorchinolon oder Amoxicillin-Clavulanat bekommen. Insgesamt traten 11.224 Fälle von peripherer Neuropathie auf. Berücksichtigt wurden jedoch nur 5357 Fälle, in denen kein Diabetes vorlag. Die Rate war während der Therapie mit Fluorchinolonen im Gegensatz zu Amoxicillin signifikant erhöht (Inzidenzratenverhältnis [IRR] 1,47 vs. 1,10). Zudem nahm das Risiko mit jedem Tag Fluorchinolon-Therapie um ca. 3% zu und war erhöht, wenn im letzten halben Jahr bereits eine vorherige Behandlung mit Fluorchinolonen erfolgt war. Die Forscher errechneten, dass pro 10.000 Patientenjahre 2,4 zusätzliche Fälle von peripherer Neuropathie beim Einsatz von Fluorchinolonen auftreten. Besonders gefährdet sind Männer und Patientinnen und Patien­ten über 60 Jahre. |

Literatur

Morales D et al. Association Between Peripheral Neuropathy and Exposure to Oral Fluoroquinolone or Amoxicillin-Clavulanate Therapy. JAMA Neurol 2019;76(7):827-833

Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfARM). Fluorchinolone. www.bfarm.de; Abruf am 3. September 2019

Apothekerin Sarah Katzemich

Das könnte Sie auch interessieren

Ergebnisse des Risikobewertungsverfahrens werden umgesetzt

Fluorchinolone restriktiv einsetzen

Roter-Hand-Brief warnt vor Herzklappeninsuffizienz unter Fluorchinolonen

Achtung bei Ciprofloxacin & Co.

Keine Verordnung von Ciprofloxacin und Co. bei Risikopatienten

Aortenaneurysmen durch Fluorchinolone

Wie sich Off-Label-Verordnungen besser verhindern lassen

Fluorchinolon-Warnung: „Schwere langanhaltende ­Nebenwirkungen möglich“

Krankenkassendaten liefern keine Hinweise auf erhöhtes Mortalitätsrisiko bei PAVK-Patienten

Paclitaxel-Beschichtung rehabilitiert

Die Gefahren durch Fluorchinolon-Antibiotika in Zahlen

Risikoreiche Verordnungen

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.