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Nun also auch Ranitidin

Verunreinigung mit N-Nitrosodimethylamin: EU-weiter Chargenrückruf

dm/eda | Seit rund einer Woche steht fest: Es gibt mindestens einen weiteren prominenten Arzneistoff, der mit wahrscheinlich krebserregenden Nitrosaminen verunreinigt ist. Beim H₂-Antihistaminikum Ranitidin hat eine US-amerikanische Versandapotheke eigenen Angaben zufolge den entscheidenden Hinweis geliefert, dass im Rahmen von Tests NDMA (N-Nitrosodimethylamin) gefunden wurde. Sowohl die US-amerikanische (FDA) als auch die europäische Arzneimittelbehörde (EMA) betreiben nun Ursachenforschung und rufen Chargen zurück.

Das Ausmaß der Verunreinigung ist noch völlig unbekannt. Auch zu der Frage, wie es zu der in Ranitidin gefundenen Nitrosaminverunreinigung NDMA kommen konnte und wie das dadurch entstehende Risiko für Patienten einzuschätzen ist, halten sich die Arzneimittelbehörden in den USA und Europa bedeckt. Inzwischen sprach die FDA jedoch von „geringen Mengen“, erwähnte aber nicht, wie sie auf die Verunreinigung gestoßen ist.

Eigenen Angaben zufolge hat die US-Versandapotheke Valisure den entscheidenden Hinweis geliefert. Valisure wirbt damit, die einzige Apotheke zu sein, die jede Charge jedes Arzneimittels, das sie verkauft, selbst testet. Bei einem solchen Test ist das Unternehmen offenbar auf N-Nitrosodi­methylamin (NDMA) in Ranitidin gestoßen – der Wirkstoff wird bei Sodbrennen (auch im OTC-Bereich) und Magenulcera eingesetzt.

Foto: Screenshot

Dem Nachrichtenportal Bloomberg ist zu entnehmen, dass das als wahrscheinlich krebserregend geltende ­NDMA in den USA sowohl im Originalprodukt Zantac® von Sanofi als auch in Generika gefunden wurde. Anders als die FDA spricht Valisure von „hohen“ Konzentrationen an ­NDMA in Ranitidin – bis zu 3.000 Mikrogramm NDMA sollen gefunden worden sein. Das würde selbst die maximal in Sartanen gefundenen Mengen von rund 20 Mikrogramm deutlich übertreffen. Offenbar verwendet Valisure andere Testmethoden als die Behörden. Die FDA rechnet damit, dass es ein paar Wochen dauern wird, bis man mehr Proben und Informationen hat. Aktuell findet ein EU-weiter Chargenrückruf statt.

Was könnten nun die Ursachen für die Ranitidin-Verunreinigungen sein? Beim Sartan-Skandal im Sommer 2018 stand für die Versandapotheke Valisure fest, dass die bei der Wirkstoffsynthese eingesetzten Lösungsmittel vermehrt in den Fokus der Ursachensuche rücken sollten. Valisure ging zuletzt sogar so weit, das Lösemittel DMF (Dimethylformamid) selbst anzuprangern: In einem öffentlichen Brief machte die Online-Apotheke darauf aufmerksam, dass auch DMF (und nicht nur Nitrosamine) noch in Valsartan-Fertigarzneimitteln nachweisbar sei. Zwar in erlaubten Mengen – doch die Apotheke mit angeschlossenem Labor hält diese Mengen für bedenklich und fordert die FDA auf, wie die Nitrosamin-Limits, auch die aktuellen DMF-Grenzwerte zu überdenken.

In DAZ 29/2018 erklärten Prof. Dr. Ulrike Holzgrabe und Dr. Helmut Buschmann, dass sich DMF zu Dimethyl­amin zersetzen kann und so – bei gleichzeitiger Anwesenheit von Natriumnitrit – zur NDMA-Bildung führt.

Wie das NDMA letztlich ins Ranitidin kommt, bleibt zu klären. Allerdings verrät ein Patent von 1986, dass DMF auch in der Ranitidin-Synthese zum Einsatz kommen kann. |

2 Kommentare

Die Gedanken sind frei...

von Thomas am 19.09.2019 um 10:21 Uhr

Seltsam, daß Ranitidin zu den Wirkstoffen gehört, die seit Monaten nur lückenhaft lieferbar sind…

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Vielleicht...

von Thomas am 19.09.2019 um 10:26 Uhr

... sollte man mal z.B. Venlafaxin aus der Remedica-Tonne fischen und prüfen… nur noch so ein Gedanke.

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