DAZ aktuell

Apotheken geben mehr Importe ab

Neuer Rahmenvertrag beschert Arzneimittelimporteuren Zuwächse

STUTTGART (jb/daz) | Nach Zahlen von IMS Pharma Scope wurden im Juli 2019 deutlich mehr Importarzneimittel abgegeben als im Vormonat. Der Sprung fällt sowohl im Vergleich zu den Quartalsanfängen der letzten zwölf Monate überproportional aus als auch im Vergleich zum Gesamtmarkt. Es liegt der Verdacht nahe, dass dies mit dem neuen Rahmenvertrag zusammenhängt.

Im Juli 2019 haben die Apotheken rund 2,01 Millionen Packungen Importarzneimittel zulasten der GKV ­abgegeben. Das ist im Vergleich zum Vormonat ein Sprung um 36 Prozent, der deutlich höher ausfällt als der üb­liche Zuwachs zum Quartalsbeginn. Es ist zudem die höchste abgegebene Packungszahl innerhalb der vergangenen zwölf Monate. Insgesamt legte die Packungszahl im GKV-Markt um 17 Prozent zu auf 62,12 Millionen – ein Wert der beispielsweise im Oktober 2018 und Januar 2019 übertroffen wurde. Bei den Nicht-Importen war ein Anstieg um 16 Prozent zu verzeichnen.

Der Verdacht liegt nahe, dass beim Absatzsprung der Importe eine „Unschärfe“ im Rahmenvertrag, der seit 1. Juli in Kraft ist, zumindest mit eine Rolle spielt. Darum geht es: Zwei wirkstoffgleiche patentgeschützte Originale und ihre Importe werden nach dem neuen Rahmenvertrag in den Generikamarkt einsortiert – eine Regelung, die wohl unbeabsichtigt dort hinein­geraten sein soll, nun aber dazu führt, dass ohne Rabattvertrag eines der vier preisgünstigsten Mittel abgegeben werden muss.

Das namentlich verordnete ist nur noch möglich, wenn es zu diesen vier günstigen Präparaten gehört. In vielen Fällen kommt dann ein Import zur ­Abgabe – nicht unbedingt zur großen Freude der Apotheker. So haben sie aufgrund der vorher geltenden Regelungen die Originalarzneimittel an ­Lager, dürfen sie aber aufgrund der neuen Abgaberegelungen nicht mehr abgeben. Die Importe an Lager zu ­legen, birgt insofern ein Risiko, dass sich die vier preisgünstigsten Arzneimittel alle zwei Wochen ändern können und dann wiederum ein anderes (preisgünstigeres) Arzneimittel abzugeben ist. Dazu kommt der erhöhte ­Beratungsaufwand beim Patienten und dass viele Importe mit „AV“ gekennzeichnet oder nicht lieferbar sind, was der Apotheke wiederum Dokumentationsaufwand beschert. Aus DAV-Kreisen war zu hören, dass hier nachgebessert werden soll, aber konkrete Signale, dass tatsächlich etwas passiert, gibt es bislang nicht.

Foto: john9595 – stock.adobe.com

Industrie kritisiert „zweite Importförderklausel“

Auch seitens der Industrie wird die rahmenvertragsbedingte verpflichtende Importabgabe beim Co-Marketing kritisiert. So sei de facto eine zweite „Importförderklausel“ eingeführt, heißt es aus Industriekreisen. Vor dem Hintergrund der Debatte um eine mögliche Abschaffung der Importförderklausel aus Sicherheitsgründen sei das ein Widerspruch. Der Parallelimportmarkt gilt ohnehin als ein potenzielles Einfallstor für Arzneimittelfälschungen. Viele Marktbeteiligte fordern die Abschaffung der Förderklausel, auch wegen des angeblich geringen Einsparpotenzials.

Auch die Tatsache, dass Importe von Biologika und parenteralen Zytostatika trotz der eigentlich bereits beschlossenen Ausnahme von der Importförderung immer noch auf die Importquote des Apothekers angerechnet werden, wird von den Industrieverbänden als weiterer Widerspruch zur Debatte rund um die Abschaffung der Reimportförderung erachtet.

Neue Importförderung als weitere Ursache

Die steigenden Absatzzahlen bei den Importen dürften aber auch eine weitere rahmenvertragliche Ursache haben: die neu geregelte Importförderklausel. Nach dem alten Rahmenvertrag mussten die Apotheken 5 Prozent ihres Umsatzes (bezogen auf jede einzelne Krankenkasse) mit Importarzneimitteln erzielen. Die 5 Prozent wurden also als Anteil an allen Umsätzen mit der jeweiligen Kasse ermittelt. Die neue Importregelung wird dagegen ganz anders definiert. Sie ist als Einsparziel von 2 Prozent des Umsatzes im „importrelevanten Markt“ festgelegt. Es ist also gar keine „Quote“ im Sinne eines Umsatzanteils mehr, sondern ein einzusparender Prozentsatz von einem Geldbetrag. Und auch dies könnte bei genauerem Nachrechnen dazu führen, dass in Apotheken vermehrt Importe abge­geben werden. |

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