DAZ aktuell

Weg zum Rahmenvertrag „noch nicht zu Ende“

Hamburger Apothekerverein hält Preisanker für überflüssig

HAMBURG (tmb) | Vier Wochen nach dem Inkrafttreten des neuen Rahmenvertrags für die Arzneimittellieferung zulasten der GKV hat der Hamburger Apothekerverein eine erste Zwischenbilanz gezogen. Neben Vorteilen werden auch Nachteile in einem Mitgliederrundschreiben vom 29. Juli deutlich benannt. Dabei geht es besonders um den Preisanker. Der Hamburger Apothekerverein stimme mit denen überein, die den Preisanker für überflüssig halten.

Der Hamburger Apothekerverein geht auf die vielfältige Kritik aus den Apotheken ein und erklärt: „Der neue Rahmenvertrag ist eine große Herausforderung für Sie und uns.“ Der ein­geschlagene Weg weise in die richtige Richtung, aber „der Weg ist noch nicht zu Ende und es muss und soll weiterverhandelt werden“.

Vorteile des Vertrags

Als Vorteil stellt der Hamburger Apothekerverein heraus, dass der neue Rahmenvertrag seit Langem drängende Fragen regele. Er definiere Begriffe und schaffe damit Rechtssicherheit. Beispielsweise sei zuvor über die Anforderungen an einen Nicht-Verfüg­barkeitsnachweis gestritten worden, nun würden die Krankenkassen die „online-Abfrage“ beim Großhandel als Nachweis anerkennen. Außerdem vereinfache der neue Rahmenvertrag die Auswahl wirtschaftlicher Packungsgrößen. Die N-Größen-Systematik müsse nicht mehr gesondert berücksichtigt werden. „Zeitintensive Detektivarbeiten in der Packungsgrößenverordnung“ würden „weitestgehend der Vergangenheit angehören“. Der Arzt trage die Verordnungshoheit und die Verantwortung „für jede einzelne Rezeptzeile“.

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Anker des Antoßes Den braucht es nicht, meint der Hamburger Apothekerverein.

Kritik am Preisanker

Doch die Vorteile würden aktuell negativ überschattet durch den „Mehraufwand für Rücksprachen, die sich aus den vielen Lieferdefekten und dem sogenannten Preisanker ergeben“. Dieser Preisanker sei keine Neuregelung und mit ihm sei einfacher als früher umzugehen. Dazu verweist der Hamburger Apothekerverein auf Erleichterungen durch den elektronischen Nicht-Verfügbarkeitsnachweis und die Möglichkeit zur dokumentierten Rücksprache, während früher ein neues Rezept nötig gewesen sei. Dennoch sei auch das neue Verfahren aufwendig. Zudem würden die Ärzte mit ihren neuen zertifizierten Praxissystemen oft bereits sehr preisgünstig verordnen. Daraus folgert der Hamburger Apothekerverein in seinem Mitgliederrundschreiben: „Wir stimmen deshalb mit all jenen von Ihnen überein, die den Preisanker generell für überflüssig halten.“ Denn die neuen Auswahlregelungen würden „automatisch“ dazu führen, „dass nur noch preisgünstig unter den verfügbaren Arzneimitteln ausgewählt werden darf“.

Erfahrungen von DAZ-Lesern

Auch Zuschriften an die DAZ machen Probleme mit dem Preisanker deutlich. Dies betrifft besonders die Frage, warum eine Rücksprache notwendig sein soll, wenn der Preisanker wegen Nicht-Verfügbarkeit überschritten wird. Denn der Rahmenvertrag ist bereits darauf ausgelegt, die Nicht-Verfügbarkeit und damit den Grund für das Überschreiten des Preisankers nachzuweisen. Dennoch sieht der Rahmenvertrag auch für diesen Fall eine Rücksprache vor. Wenn der Preisanker wegfiele, würde sich dies erübrigen.

Folgen von Technik und Lieferengpässen

Der grundlegende Unterschied der Hamburger Position zu weniger kritischen Betrachtungen anderer Apothekerverbände liegt in der Berücksich­tigung der jüngeren Entwicklungen, die bei den jahrelangen Verhandlungen zum Rahmenvertrag noch nicht absehbar waren. Offenbar führen gerade die neue Technik bei den Ärzten und die vermehrten Lieferengpässe dazu, dass die positiven Ansätze des Rahmenvertrages von der Realität überholt werden. |

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