Aus der Hochschule

Kataloge, Kompetenzen, Kontroversen

Diskussionsveranstaltung am Institut für Medizinische Prüfungsfragen

Am 1. Juli 2019 führte das Institut für Medizinische und Pharmazeu­tische Prüfungsfragen (IMPP) in Mainz eine Veranstaltung zum Thema „Entwicklung eines kompetenzorientierten Gegenstandskatalogs Pharmazie“ durch, an dem neben Mitarbeitern des IMPP auch Vertreter der Studierendenschaft, verschiedener Interessengruppen (Krankenhausapotheker, Pharmazeutische Industrie) sowie von zwei Landesapothekerkammern und von sechs pharmazeutischen Hochschulstandorten teilnahmen.

Die Direktorin des IMPP, Prof. Jana Jünger, zitierte in einem Impulsreferat die Approbationsordnung für Apotheker und den Staatsvertrag zur Errichtung des IMPP. Demnach gehören zu den Aufgaben des Instituts neben der Erstellung der Prüfungsfragen und der Ermittlung der Prüfungsergebnisse auch die angewandte Forschung zur Methodik des Prüfungswesens und die Erstellung von Gegenstands­katalogen. Prof. Jünger warb in diesem Zusammenhang darum, diese Gegenstandskataloge künftig kompetenzorientiert zu gestalten und diese Kompetenzen an einem Absolventenprofil, das die gewünschten Kompetenzen und Fähigkeiten von Apothekerinnen und Apothekern nach Abschluss des 3. Prüfungsabschnittes formuliert, zu orientieren. Eine mögliche Förderung der interprofessionellen Kompetenzen in den Gesundheitsberufen wurde allgemein begrüßt.

Interesse für Arbeitsplatz außerhalb der Offizin

In weiteren Beiträgen stellte Herr Niklas Baltz als Vertreter des Bundesverbandes der Pharmaziestudierenden Deutschlands (BPhD) die Gliederung des Pharmaziestudiums und neue Erkenntnisse aus noch nicht vollständig abgeschlossenen Umfragen unter Pharmaziestudierenden vor. Dabei stellte sich als bemerkenswert heraus, dass sich weit mehr als die Hälfte der aktuellen Studierenden für einen Arbeitsplatz außerhalb der Offizin interessieren.

Arzneistoffliste als verbind­licher Lernkatalog?

In einem weiteren Referat berichtete Prof. Roland Seifert als Vertreter der Medizinischen Hochschule Hannover über die Erarbeitung einer systemorientierten Arzneistoffliste, die künftig als Grundlage von Staatsexamens­prüfungen im Medizinstudium dienen solle. Ob eine derartige Liste auch im Pharmaziestudium sinnvoll eingesetzt werden kann, wurde anschließend sehr kontrovers diskutiert. Während sich die anwesenden Studierenden die Liste als deutschlandweit verbindlichen Lernkatalog wünschten, wurde sie von den Fakultätsvertretern mehrheitlich abgelehnt. Derartige Listen würden dem akademischen und naturwissenschaftlichen Anspruch des Pharmaziestudiums nicht gerecht, in dessen Mittelpunkt die Arzneimittelwissenschaften in ihrer ganzen Breite und aller Aktualität stünden. Andererseits wurde anerkannt, dass bei einer existierenden Liste für die Medizinstudierenden diese Stoffe natürlich auch den Pharmazeuten bekannt sein müssten. Falls die Liste für die Medizinerausbildung gewünscht sei, würden sowohl die Deutsche Pharmazeu­tische Gesellschaft (DPhG) als wissenschaftliche Fachgesellschaft als auch die pharmazeutischen Hochschullehrer in den Fakultäten gern beratend und unterstützend mitwirken. Besonders kontrovers wurde der Aspekt des Absolventenprofils diskutiert. Während Prof. Jünger die Erarbeitung eines Kompetenzprofils für Absolventen des dritten Prüfungsabschnitts durch das IMPP beabsichtigt, wurde dies von den Fakultätsvertretern vehement abgelehnt. Mit der output-orientierten Kompetenzorientierung und der daraus folgenden Festlegung der Inhalte der Gegenstandskataloge könne sich neben einer möglichen Implementierung neuer Zuständig­keiten des IMPPs für den 2. und 3. Prüfungsabschnitt insbesondere eine Deutungshoheit der Schwerpunkte der akademischen Ausbildung in der Pharmazie durch das IMPP ergeben. Die Erhaltung der Vielfalt des Apothekerberufes und die dafür notwendigen vielfältigen naturwissenschaftlichen Grundlagen für eine solche Berufsqualifizierung wurden in mehreren Diskussionsbeiträgen nachdrücklich betont. Das IMPP sei nur für den ersten Prüfungsabschnitt zuständig, weshalb hier das Profil eines Absolventen des Grundstudiums relevant sei. Zu diesem Zeitpunkt müssten die wissenschaftlichen Grundlagen präsent und die Kompetenzen vorhanden sein, um das vielseitige Hauptstudium bewältigen zu können. Es bestünden bereits Kompetenzprofile für Pharmazeuten, die in Form der Positionspapiere zum Zukunftskonzept Pharmazie 2020 durch die DPhG-Fachgruppen erarbeitet und publiziert wurden. Für den Bereich der Offizinpharmazie existiere mit dem KLP-P bereits ein von allen Interessengruppen erarbeiteter kompetenzorientierter Lernzielkatalog. Wie bei manchem Gipfeltreffen von Politikern einigte man sich zum Abschluss der Veranstaltung darauf, dass in diesem Punkt explizit Dissens und weiterer Diskussions­bedarf besteht. |

Marcus Hubert, Bonn;
Conrad Kunick, Braunschweig;
Tanja Schirmeister, Mainz;
Barbara Sickmüller, Offenbach;
Holger Stark, Düsseldorf

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