DAZ aktuell

Gewitterluft bei der Gleichpreisigkeit

Gastkommentar von Christian Redmann und Uwe Hansmann

daz | Die Diskussion um das geplante Apotheken-Stärkungsgesetz beschäftigt die Apotheker inzwischen seit Monaten. Die Apotheker sind besorgt, dass mit der Streichung des „alten“ Rx-Boni-Verbots die gesamte Rx-Preisbindung kippt. Noch besorgter scheint die Basis aber zu sein, dass ihre Botschaften von der ABDA nicht deutlich genug transportiert werden. Die beiden Apotheker Christian Redmann (Bayern) und Uwe Hansmann (Niedersachsen) haben in dieser Sache einen ­interessanten Fund im Perspektivpapier 2030 der ABDA gemacht, den sie in diesem Gastkommentar mitteilen.
Fotos: privat; Christian Wyrwa
Die Apotheker Christian Redmann (li.) und Uwe Hansmann sind in einer Diskussion über das Apotheken-Stärkungsgesetz auf eine interessante Formulierung im Perspektivpapier 2030 der ABDA gestoßen.

Sie kennen das ja sicher auch: Da ruft man seinen Kollegen im anderen, südlich oder nördlich gelegenen Teil der Republik an, weil man einfach mal wieder auf andere Gedanken kommen möchte und schwupp – ist man beim Wetter. Gewitter im Anmarsch! Niedersachsen und Bayern sind gleichermaßen stark betroffen. Unwetterwarnung im Radio, Unwohlsein macht sich breit. Uns beiden geht es bei der Betrachtung des täglich auf die Apotheken in Deutschland, deren Inhaber und vor allem auch deren Mitarbeiter niederprasselnden, politischen Stark­regens genauso. Wir registrieren ein massives Unwohlsein und Unzufriedenheit in der Kollegenschaft hinsichtlich der zurzeit über die einschlägigen Medien transportierten Nachrichten zum Umgang unserer Berufsvertretung mit den Spahn‘schen Reformvorschlägen. Und wir sehen es genauso, wie es zutreffend von unseren „elder statesmen“, Professor Theo Dingermann und Professor Hilko Meyer in den einschlägigen Medien – so auch in dieser Fachzeitung – analysiert und kommentiert worden ist: Wir sind NICHT einig mit Minister Spahn!

Übrigens: Erinnern Sie sich noch? Es gibt ein Perspektivpapier unserer Berufsvertretung ABDA, zu dem viele Kolleginnen und Kollegen Formulierungen, Wünsche und Anregungen beigetragen haben und welches mit großer Theatralik und keineswegs ohne Kritik seinerzeit (2017) der geneigten Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Sehr würdig wurde es als Ergebnis eines „aufwendigen, basis­demokratischen Verfahrens“ mit „Online-Befragungen, Länder-Arbeitsgruppen, einem bundesweiten Konvent“ der Apothekerschaft präsentiert. Ein geradezu revolutionärer und durch die Beteiligung von 4000 Apotheken neuartiger Akt beruflicher Selbst(mit-)bestimmung. Apotheke 2030 – Perspektiven zur pharmazeutischen Versorgung in Deutschland, so der Titel. Für jedermann nachlesbar im Internet. Und nachgelesen haben wir in der Tat. Nicht etwa, weil wir meinten uns damit aus dem eigenen Unwohlsein und dem derzeitigen politisch-pharmazeutischen Starkregen befreien zu können, sondern um mal zu schauen, ob denn da nicht doch was für uns gutes, brauchbares und argumentativ politisch zu verwendendes Material zu finden ist.

Sie ahnen es schon wieder? Richtig: Wir sind in der Tat fündig geworden. Wie immer kommt auch hier, im Perspektivpapier der ABDA, das Beste zum Schluss. Es steht unter den Stichwörtern „Qualität und Wirtschaftlichkeit“ ganz am Ende des Papiers:

„29.) Die öffentliche Apotheke ist ein vom Apotheker als persönlich haftendem Inhaber geführtes Unternehmen. Auch in der unternehmerischen Freiheit bleibt er stets dem heilberuflichen Versorgungsauftrag und dem Gemeinwohl verpflichtet. Zugleich ist er für die Sicherheit der Arbeitsplätze in der Apotheke verantwortlich.

Um diesen Anspruch zu erfüllen, bedarf es angemessener inner- und außerbetrieblicher Rahmenbedingungen. Dazu gehören ein qualifizierter, leistungsgerecht entlohnter Mitarbeiterstab und eine adäquate technische Ausstattung. Grundlage dafür ist eine leistungsgerechte, dynamisierte und faire Honorierung über eine einheit­liche, staatliche Vergütungsordnung. Die öffentlichen Apotheken übernehmen die Verantwortung für die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung und tragen damit wesentlich zur Zukunftsfähigkeit des Gesundheitswesens bei.

30.) Mit ihren Leistungen erhalten bzw. verbessern die öffentlichen Apotheken die Gesundheit der Patienten. Sie tragen damit zu einer deutlichen Entlastung der Sozialsysteme bei und leisten so einen entscheidenden Beitrag zur Bewältigung der gesellschaftlichen Herausforderungen.“

Und natürlich haben Sie es jetzt auch gesehen: Es ist richtig, dass zum heilberuflichen Versorgungsauftrag, der noch dazu dem Gemeinwohl verpflichtet ist, ein qualifizierter, leistungsgerecht entlohnter Mitarbeiterstab und eine adäquate technische Ausstattung gehören. Und auch richtig ist, dass die Grundlage dafür eine leistungsgerechte, dynamisierte und faire Honorierung über eine einheit­liche, staatliche Vergütungsordnung bildet. Was denn sonst? Erst wenn – und nur wenn überhaupt – die Pflicht auskömmlich und zukunftssichernd honoriert wird und wir unserem vom Gesetzgeber übertragenen Auftrag der ordnungsgemäßen Versorgung nachkommen können, erst dann sind weiterführende Maßnahmen denkbar.

Also: Unsere Berufsvertretung hat das an dieser Stelle alles richtig beschrieben und jetzt wissen wir beide zumindest, warum uns so unwohl ist.

Deshalb unsere Bitte an die ABDA: Handelt nach euren eigenen Vorgaben im Perspektivpapier und fühlt euch weiterhin diesen Zielen, die ihr gemeinsam mit der Apothekerschaft erarbeitet habt, verpflichtet: Kehrt zurück zum Beschluss der ABDA-Mitgliederversammlung und fordert das Rx-Versandverbot! |

Apotheker Christian Redmann

Apotheker Uwe Hansmann

Das könnte Sie auch interessieren

Die letzte Woche 

Mein liebes Tagebuch

Eine Analyse des überarbeiteten Leitbild-Entwurfs

„Apotheke 2030“

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Diefenbach, Dobbert und Hansmann fordern ABDA heraus

Brandbriefe gegen Leitbilddiskussion

Politischer Sommerabend in Schleswig-Holstein

Ehmen kritisiert „Anwendungshinweissammlung“

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.