Die Seite 3

„Wir sind uns nicht einig!“

Foto: DAZ/Kahrmann
Dr. Doris Uhl

Soeben hat der Bundestag das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) beschlossen. Sollte es den Bundesrat passieren, könnten erste Regelungen schon im Juli in Kraft treten. Damit hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn wichtige Konsequenzen aus den Arzneimittelskandalen der Vergangenheit gezogen, Stichworte Valsartan und Lunapharm.

Vieles ist begrüßenswert, so die Förderung einer besseren Zusammenarbeit zwischen den Behörden von Bund und Ländern und die Stärkung der Bundesoberbehörden BfArM und PEI, wenn es um bundesweite Rückrufe geht. Auch soll endlich öffentlich gemacht werden, woher die Wirkstoffe in den Fertigarzneimitteln stammen, so dass für uns in den Apotheken dann schnell zu erkennen wäre, was aus einem Topf kommt. Das könnte nicht nur im Falle eines Rückrufs die Prozesse erheblich beschleunigen, es könnte auch die Überzeugungsarbeit in den Apotheken erleichtern, wenn ein zu substituierendes Arzneimittel die gleiche Quelle hat.

Dagegen dürfte der Kompromiss in Sachen Importquote nicht unbedingt bei allen auf Gefallen stoßen. Statt einer Streichung der Importförderklausel soll es nun Ausnahmeregelungen für Biopharmazeutika und antineoplastische Parenteralia geben. Für die, die auf eine Streichung der Importförderung gesetzt haben, bleibt jetzt nur, auf den Ausgang der geplanten „Re-Evaluation“ durch GKV-Spitzenverband und BMG in drei Jahren zu hoffen. Damit wird es an der Importfront zumindest in Sachen Bürokratie erst einmal nicht einfacher, sondern noch komplizierter. Und damit nicht genug.

Geht es nach dem Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums zur 18. Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV), dann muss in Zukunft verpflichtend die Dosierungsangabe zu jedem Arzneimittel auf das Rezept. Für Ärzte soll dieser zusätzliche Aufwand honoriert werden, Apotheker dürfen wieder einmal für Lau dafür Sorge tragen, dass diese Vorschrift auch umgesetzt wird, Retaxrisiko inklusive. Kein Wunder, dass der Unmut weiter wächst.

Nächstes Beispiel: Das Apotheken-Stärkungsgesetz. Hier soll nun endgültig festgezurrt werden, dass die deutsche Arzneimittelpreisbindung für ausländische Versender durch Streichung des § 78 Abs. 1. Satz 4 im Arzneimittelgesetz fallen soll. Nach außen entstand der Eindruck, dass die ABDA mit Spahn insgesamt mit dem Apotheken-Stärkungsgesetz und damit auch in dieser Sache einig ist. Doch aus der BAK-Mitgliederversammlung vom 6. Juni sind nun völlig andere Töne zu vernehmen: „Wir sind uns nicht einig!“

Zur Eröffnung des Pharmacon in Meran klang dies noch ganz anders. Hier erklärte Kiefer, dass für das Rx-Versandverbot der politische Wille fehle, die Aufgabe des § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG vor dem Hintergrund drohender EU-Vertragsverletzungsverfahren nicht aufzuhalten sei. Deshalb wollte er den Blick nach vorn richten und rückte die honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen in den Fokus. Ob diese das Potenzial haben, das Überleben der Vor-Ort-Apotheken zu retten, wenn die Arzneimittelpreisbindung fällt, davon scheint selbst Kiefer nicht wirklich überzeugt. Im DAZ-Interview (s. S. 22) betont er jedenfalls noch einmal eindringlich: „Die Gleichpreisigkeit ist nicht begraben, sondern dient der Finanzierung und Sicherstellung der flächendeckenden Arzneimittelversorgung in Deutschland und muss erhalten bleiben!“ In der Tat: Diese Forderung einfach aufzugeben in der Hoffnung auf noch nicht näher definierte bezahlte Dienstleistungen, das wäre schlicht und ergreifend Selbstmord aus Angst vor dem Tod.

Dr. Doris Uhl, Chefredakteurin der DAZ

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