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Nahles geht – was nun?

SPD-Chefin tritt zurück – steht die Große Koalition auf der Kippe?

BERLIN (ks/dpa) | Nach dem Rücktritt von Andrea Nahles von allen ihren Ämtern übernimmt übergangsweise ein Trio die Führung der SPD. Die Ministerpräsidentinnen von Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz, Manuela Schwesig und Malu Dreyer, sowie der hessische SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel sollen nicht nur die Wahl von Nahles‘ Nachfolger organisieren, sondern auch die Halbzeitbilanz mit Entscheidung über die Zukunft der Großen Koalition vorbereiten. Indes wird immer häufiger über Neuwahlen spekuliert. Was bedeutet das für das geplante Apothekenstärkungs-Gesetz?

Die Lage für die SPD ist nach der Europa- und der Bremen-Wahl angespannter denn je. Wie kann die Partei wieder zu sich kommen und Wähler für sich gewinnen? Und wer soll sie führen? Nahles jedenfalls hat nach einem guten Jahr an der Spitze aufgegeben. Und die drei nun angetretenen Interimschefs machten am vergangenen Montag klar: Sie alle wollen nicht für den Parteivorsitz kandidieren. Schäfer-Gümbel kündigte für den 24. Juni eine Vorstandssitzung an. Bei dieser solle über das Verfahren zum künftigen Parteivorsitz und dessen Struktur beraten werden. Im Gespräch ist unter anderem eine Doppelspitze. Ob der für Dezember vorgesehene Wahl-Parteitag vorgezogen werde, sei noch nicht entschieden, sagte Schäfer-Gümbel. Thema solle zudem sein, mit welchem Verfahren die SPD die Halbzeitbilanz der Koalition angehen wolle.

Dreyer sicherte der Union Vertrags­treue zu. „Wir haben uns nach einem Mitgliedervotum entschieden, in die Große Koalition einzugehen, und wir sind vertragstreu“, sagte sie.

Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD steht unter anderem, dass zur Mitte der Legislaturperiode eine Bestandsaufnahme erfolgen soll, inwieweit die Bestimmungen des Vertrags umgesetzt wurden „oder aufgrund aktueller Entwicklungen neue Vorhaben vereinbart werden müssen“. Wird die Große Koalition unter den gegebenen Umständen an ihrem Bündnis bis Herbst 2021 festhalten? Oder muss man nun über Neuwahlen sprechen? Aus den Oppositionsfraktionen hört man die Forderung – und die Medien spekulieren ebenfalls. Auch Sachsen-Anhalts SPD hat sich bereits für ein Ende der Großen Koalition ausgesprochen. Spätestens nach den nächsten Landtagwahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen im September bzw. Oktober wird die Diskussion wohl wirklich aufflammen. Denn dort stehen derzeit in den Umfragen sowohl die SPD als auch die CDU schlecht da.

Damit könnten auch laufende Gesetzgebungsverfahren auf der Kippe stehen. Was wird etwa aus dem Apotheken-Sstärkungsgesetz? Auch hier lässt sich nur spekulieren. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will das Thema Apotheken offensichtlich schnell vom Tisch haben und hofft auf einen raschen Kabinettsbeschluss noch vor der Sommerpause. Ob ihm das gelingen wird, liegt momentan möglicherweise wohl weniger an der SPD-Krise als an dem Widerspruch, den sein Vorhaben sowohl bei den betroffenen Verbänden als auch innerhalb des Kabinetts erfährt. So haben das Bundeswirtschafts- und das Justizministerium juristische Bedenken angemeldet. Die Ressortabstimmung ist also noch nicht abgeschlossen. Dass Justizministerin Katharina Barley (SPD) nun ins EU-Parlament wechselt, vereinfacht die Abstimmung zwischen den Ministerien sicher nicht. Die Zeit wird jedoch knapp, die parlamentarische Sommerpause steht vor der Tür. Diese Woche ist noch Sitzungswoche – am Donnerstag steht unter anderem die Verabschiedung des Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung auf der Tagesordnung. Die nächste und letzte Sitzungswoche vor der diesjährigen Sommerpause findet dann Ende Juni statt. |

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