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Die Forderungen der Ärzteschaft

Deutscher Ärztetag beendet – Mediziner nehmen Arzneimittelversorgung in den Blick

BERLIN (bro/ks) | Vergangene Woche fand in Münster der 122. Deutsche Ärztetag statt. Die Mediziner haben nicht nur ein neues Präsidium der Bundesärztekammer gewählt. Sie haben sich auch mit zahlreichen Anträgen beschäftigt, die auch für Apotheker relevant sind, weil sie die Arzneimittelversorgung betreffen. Wir stellen Ihnen diese vor.

Die Bundesärztekammer hat einen neuen Präsidenten: Der Allgemeinmediziner Dr. Klaus Reinhardt (59) hat Frank Ulrich Montgomery abgelöst, der acht Jahre an der Spitze der Körperschaft stand. Der neue BÄK-Präsident ist seit 2005 Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe und seit 2011 Vorsitzender des Hartmannbundes.

Sicherstellungsauftrag für die Medikamentenversorgung

Doch der Ärztetag hat natürlich auch zahlreiche inhaltliche Beschlüsse gefasst. In einem fordert er die Bundesregierung auf, „einen Sicherstellungsauftrag für die Medikamentenversorgung zu vergeben“. Die Mediziner begründen dies mit den zunehmenden Lieferengpässen bei „lebenswichtigen Medikamenten“. Als Beispiele nennen sie die onkologische Versorgung und die derzeit auftretenden Engpässe in der Valsartan-Versorgung. Wer die von den Ärzten gewünschte Aufgabe wie übernehmen soll, bleibt im Antrag jedoch unklar. Grundsätzlich sieht das Apothekengesetz einen Sicherstellungsauftrag für die Apotheken vor. Doch diese können auch nichts für die von den Ärzten genannten Engpässe. Offenbar wünschen sich die Mediziner einen Hauptverantwortlichen, der in solchen Fällen gerade steht.

Gleich an mehreren Stellen im Beschlussprotokoll des Ärztetages sprechen sich die Mediziner zudem gegen Impfungen in der Apotheke aus. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) plant derzeit, dass Apotheker im Rahmen von Modellvorhaben Grippeschutzimpfungen verabreichen können. Und die Ärzte laufen dagegen Sturm. „Apothekerinnen und Apotheker erwerben während ihres Studiums der Pharmazie nicht die hierfür notwendigen Kompetenzen. Eine ärztliche Schulung – wie in dem Gesetzentwurf zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken vorgesehen – genügt ebenfalls nicht, um Apothekerinnen und Apotheker zum Impfen zu befähigen und mit den erforderlichen Notfallmaßnahmen effizient vertraut zu machen“, heißt es in einem Beschluss.

Die Mediziner warnen zudem vor einer Aut-idem-Regelung für Biopharmazeutika in Apotheken. Die Entscheidung zum Einsatz eines Biosimilars müsse der behandelnde Arzt treffen. „Nur so ist sicherzustellen, dass weder die Patientensicherheit noch die Adhärenz noch der Therapieerfolg aus ökonomischen Gründen kompromittiert werden.“

Kliniken sollen BtM übers Wochenende mitgeben dürfen

Ein weiterer Beschluss betrifft die Mitgabe von Betäubungsmitteln zur Überbrückung eines Wochenendes oder Feiertages durch Klinikärzte. Einen entsprechenden Beschluss hatte kürzlich die Hauptversammlung des Marburger Bundes gefasst. Der Ärztetag formuliert es ähnlich. „Die der­zeitige Regelung mit individuellen Betäubungsmittelrezepten für jeden Krankenhausfacharzt oder den Weg über die Krankenhausapotheke ist mit viel Aufwand verbunden und wird daher in der Praxis kaum umgesetzt und setzt die Ärztinnen und Ärzte derzeit einem strafrechtlichen Risiko aus“, heißt es zur Erklärung.

Antibiotikaproduktion zurück nach Europa

Gefordert wird zudem, die Antibiotikaproduktion zurück nach Europa zu holen. Dies solle gesetzgeberisch unterstützt werden. „In Europa ist eine hochwertige Produktion unter Einhaltung aller notwendigen Qualitäts- und Umweltkriterien möglich, was zu einer Verbesserung der Versorgung führen würde“, heißt es in dem entsprechenden Antrag. Derzeit finde die Produktion zu einem großen Teil in Schwellenländern statt und sei dort zusätzlich auf wenige Standorte konzentriert. Komme es dort etwa zu einem hygienischen oder technischen Problem, stehe die Versorgungssicherheit auf dem Spiel.

Warnung vor Fremdinvestoren

Überdies kritisieren die Ärzte die „fortschreitende Übernahme ambulanter Versorgungsstrukturen durch Fremdinvestoren“. Die Ökonomisierung könne „durch Aufkauf von Einzelpraxen oder Gemeinschaftspraxen und durch Ausbildung monopolartiger Strukturen nicht nur das Prinzip der freien Arztwahl, sondern auch das bewährte, auf Vertrauen und Verantwortung basierende Patient-Arzt-Verhältnis von Patient/in und Ärztin/Arzt infrage stellen“, heißt es. Auch mit Verweis auf das Fremdbesitzverbot im Apothekenmarkt fordern die Mediziner daher den Gesetzgeber auf, Regeln für „juristische Personen des Privatrechts in der ambulanten ärztlichen Versorgung zu schaffen, die ordnenden Charakter haben. Es gilt, die Trennung von freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit zu erhalten, wie dies auch bei den anderen freien akademischen Berufen wie Rechtsanwälten, Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern, Architekten et cetera gelingt“. |

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