Arzneimittel und Therapie

Bessere Adhärenz, mehr Lebensqualität

Patienten mit Herzinsuffizienz profitieren von intensivierter pharmazeutischer Betreuung

cst | Was eine umfassende inter­disziplinäre Versorgung bewirken kann, zeigen die Ergebnisse der randomisierten kontrollierten PharmCHF-Studie. So konnte durch eine intensivierte pharmazeutische Betreuung die Therapieadhärenz für Betablocker, ACE-Hemmer/Angiotensin-Rezeptor­blocker und Mineralcorticoid-Rezeptorant­agonisten erhöht werden. Zudem verbesserte sich die Lebensqualität der Patienten. Ob durch pharmazeutische Interventionen auch Morbidität und Mortalität gesenkt werden können, bleibt jedoch unklar.

Der erste Patient wurde im Oktober 2012 rekrutiert, der letzte im Januar 2016. Nun liegen die Ergebnisse von PHARM-CHF (Pharmacy-based Interdisciplinary Program for Patients with Chronic Heart Failure: A Randomized Controlled Trial) vor. Die Studie wurde von der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände gemeinsam mit der Klinik für innere Medizin III der Universität des Saarlandes durchgeführt. Die weltweit erste randomisierte Studie zur intensivierten pharmazeutischen Betreuung von Herzinsuffizienzpatienten war nicht nur mit hohen Kosten – die ABDA stellte rund 1,8 Millionen Euro aus ihrem Vermögen für die Studie bereit –, sondern auch mit hohen Erwartungen verknüpft. Doch statt der ursprünglich geplanten 2060 Patienten mussten die Patientenzahlen aufgrund der schleppenden Rekrutierung im Studienverlauf deutlich nach unten korrigiert werden. Studiendesign und Zeitplan wurden ebenfalls angepasst. Letztlich ausgewertet werden konnten die Daten von 237 Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz und einem Durchschnittsalter von 74 Jahren. Die Patienten waren in einer von 31 deutschen Arztpraxen von einem All­gemeinmediziner, Internisten oder Kardiologen zufällig einer von zwei Gruppen zugeteilt worden: 110 Patienten ­erhielten eine intensivierte pharmazeutische Betreuung, 127 Patienten bildeten die Kontrollgruppe.

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Eine erweiterte Medikationsanalyse war ein zentraler Bestandteil der intensivierten pharmazeutischen Betreu­ung in PharmCHF.

Ein- bis zweimal pro ­Woche in die Apotheke

69 öffentliche Apotheken nahmen an der Studie teil. Die Patienten konnten die Apotheke selbst wählen. Diese suchten die Patienten der Interventionsgruppe über einen media­nen Zeitraum von zwei Jahren ein- bis zweimal wöchentlich auf. Zu Beginn wurde eine erweiterte Medikationsanalyse (Typ 2a) durchgeführt und die Medikation gegebenenfalls in Rücksprache mit dem Arzt optimiert. Bei Bedarf wurde der Medikationsplan im Studienverlauf aktualisiert. Während der gesamten Studiendauer wurden die Arzneimittel den Patienten in Dosierhilfen individuell zur Verfügung gestellt. Die Patienten wurden zudem intensiv beraten. Bei jedem Apothekenbesuch wurden Blutdruck und Puls gemessen. Die Patien­ten der Kontrollgruppe suchten ihre Apotheke hingegen wie gewohnt auf und wurden wie allgemein üblich betreut.

Therapietreue Patienten

Die apothekerliche Intervention zahlte sich durch eine bessere Einnahme­treue von drei Arzneistoffklassen zur Behandlung der Herzinsuffizienz aus: Der primäre Wirksamkeitsendpunkt - definiert als Anteil an Tagen, die im ersten Jahr nach der Randomisierung durch die Medikation abgedeckt waren (Proportion of Days Covered, PDC) – verbesserte sich signifikant. Betrachtet wurden Betablocker, ACE-Hemmer/Angiotensin-Rezeptorblocker und Mineralcorticoid-Rezeptorantagonisten. Insgesamt wurde ein signifikanter Adhärenzunterschied von 5,7% zwischen den Gruppen festgestellt: Vor der Randomisierung betrug die Adhärenz in der Interventionsgruppe 68,1%, nach einem Jahr lag sie bei 91,2%. In der Kontrollgruppe verbesserten sich die Werte von 68,5% auf 85,5%, was vermutlich auf eine Art „Placebo-Effekt“ durch die Studienteilnahme zurückzuführen ist. Auch der Anteil an Patienten mit einer PDC von mindestens 80% nach 365 Tagen war in der Interventionsgruppe höher als in der Kontrollgruppe (86% vs. 68%).

Weniger Beeinträchtigungen

Die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Patienten wurde anhand des Minnesota Living with Heart Failure Questionnaire erfasst. Mithilfe des validierten Patientenfragebogens wurde auf einer Skala von 0 bis 105 ermittelt, wie sehr die Patienten in den voran­gegangenen vier Wochen in ihrer Lebens­weise durch die Herzinsuffizienz beeinträchtigt wurden. Ein Jahr nach der Randomisierung zeigte sich hier kein signifikanter Unterschied: In der Interventionsgruppe hatte sich der Score im Vergleich zum Ausgangswert um -3,9 Punkte verbessert, in der Kontrollgruppe um -2,0 Punkte. Nach zwei Jahren hatte sich die Lebensqualität in der Kontrollgruppe jedoch verschlechtert und wurde von den Patienten der Interventionsgruppe bei einer Differenz von 7,8 Punkten nun signifikant besser bewertet.

Der Zustand der Patienten wurde auch anhand des Patient Health Questionnaire-9 (PHQ-9) und des Patient Global Assessment (PGA) beurteilt. Doch weder im PHQ-9-Fragebogen zur Depres­sion noch im PGA zum Gesamtzustand ergaben sich signifikante Unter­schiede zwischen den Gruppen.

Keine Unterschiede im Sicherheitsendpunkt

Als primärer zusammengesetzter Sicher­heitsendpunkt war die Anzahl verlorener Tage aufgrund von kardiovaskulären Krankenhauseinweisungen und Tod im ersten Studienjahr definiert. Ein signifikanter Unterschied wurde hier nicht festgestellt (Hazard Ratio 0,98; 95%-Konfidenzintervall 0,62 bis 1,55). Allerdings verstarben in der Interventionsgruppe bis zum Studienende numerisch weniger Patienten als in der Kontrollgruppe (18% vs. 21%). Die Studie war jedoch nicht darauf ausgelegt, statistische Unterschiede in Bezug auf die Morbidität und Mortalität zu untersuchen. Hierzu wären weitaus größere Patientenzahlen nötig gewesen. Ob eine pharmazeutische Intervention auch in dieser Hinsicht wirksam ist, müssen weitere Studien klären.

Bleibt festzuhalten, dass pharmazeutische Betreuung – zumindest was Adhärenz und Lebensqualität betrifft – „wirkt“. Im Hinblick auf die aktuellen gesundheitspolitischen Debatten ist dies ein positives Signal. So steht für Co-Studienleiter Professor Ulrich Laufs (Direktor der Klinik und Poliklinik für Kardiologie, Universitätsklinikum Leipzig) fest: „Kardiologen und Hausärzte würden eine solche pharmazeutische Dienstleistung begrüßen, da sie den Patienten hilft, die mit dem Arzt vereinbarte Therapie optimal umzusetzen, vor allem ihre Arzneimittel langfristig in der richtigen Dosierung einzunehmen.“ |

Quelle

Schulz M et al. Pharmacy-based interdisciplinary intervention for patients with chronic heart failure: results of the PHARM-CHF randomized controlled trial. Eur J Heart Fail 2019; doi: 10.1002/ejhf.1503

Geschrumpft und verspätet: Herzinsuffizienzstudie der ABDA läuft länger – mit deutlich weniger Teilnehmern. DAZ 2015, Nr. 6, S. 18

Herzschwäche: Strukturierte Betreuung in der Apotheke verbessert Medikamenteneinnahme und Lebensqualität. Pressemitteilung der ABDA vom 28. Mai 2019. www.abda.de; Abruf am 3. Juni 2019

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