Arzneimittel und Therapie

„An apple a day ...“

Gesunde Ernährung verringert die Sterblichkeit, Nahrungsergänzungsmittel enttäuschen

Supplemente sind beliebt. Den Ergeb­nissen einer prospektiven Beob­achtungsstudie zufolge können sie das Leben allerdings nicht verlängern. Für eine adäquate Ver­sorgung mit Nährstoffen durch eine gesunde Ernährungsweise finden sich jedoch Argumente.

Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) ist vor allem bei gesundheitsbewussten Personen weit verbreitet. Die Konsumenten erhoffen sich unter anderem eine erhöhte Immun­kompetenz, Schutz vor kardiovaskulären Erkrankungen und Krebs oder eine Steigerung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit. Dass die Präparate für Gesunde in der Regel überflüssig sind und sogar Schaden anrichten können – beispielsweise ist die Einnahme von Betacarotin bei Rauchern mit einem erhöhten Lungenkrebsrisiko assoziiert, während Vitamin E unter Umständen das Risiko für Prostatakrebs steigert –, tut ihrer Verbreitung keinen Abbruch.

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Im Rahmen einer prospektiven Kohortenstudie wurden mehr als 30.000 erwachsene US-Amerikaner zu ihrem Ernährungsverhalten an ein oder zwei exemplarischen Tagen sowie zur Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln in den letzten dreißig Tagen befragt und anschließend für im Median 6,1 Jahre nachbeobachtet. Primäre Endpunkte waren kardiovaskuläre Sterblichkeit, Tod durch Krebserkrankungen und Gesamtmortalität.

Insgesamt ergab die Studie keine Mortalitätsunterschiede zwischen Konsumenten und Nicht-Konsumenten von Nahrungsergänzungsmitteln. Die zunächst festgestellte geringere Sterblichkeit unter den Konsumenten verlor ihre statistische Signifikanz, nachdem die Ergebnisse in Bezug auf den sozioökonomischen Status und den Lebensstil adjustiert wurden. Zwar zeigte sich bei einer angemessenen Zufuhr von Vitamin A, Vitamin K, Magnesium, Zink und Kupfer eine reduzierte kardiovaskuläre Sterblichkeit und Gesamt­mortalität, dies bezog sich jedoch lediglich auf die Nährstoffzufuhr aus Nahrungsmitteln, nicht aus Supple­menten.

Die Einnahme von Calcium-Supplementen mit mehr als 1000 mg pro Tag war dagegen mit einem erhöhten Risiko für Tod durch Krebserkrankungen assoziiert, die Einnahme von mehr als 10 µg (= 400 I.E.) Vitamin D pro Tag bei Personen mit bereits ausreichender Vitamin-D-Versorgung mit einer erhöhten Gesamtmortalität.

Limitierte Aussagekraft

Eine Limitation der Studie besteht neben dem nicht zu erbringenden Kausalitätsnachweis von Beobachtungsstudien im sogenannten „recall bias“, also der möglichen Verfälschung durch Erinnerungs­lücken beim Berichten des Ernährungsverhaltens und der zurück­liegenden NEM-Einnahmen. Außerdem wurde nicht zwischen unterschiedlicher Häufigkeit und Dauer der Einnahme differenziert, da die Erhe­bung nur die letzten dreißig Tage vor der Befragung bzw. in Bezug auf das Ernährungsverhalten nur ein bis zwei einzelne Tage erfasste und nicht etwa den gesamten Beobachtungszeitraum. Dennoch zeigen die Ergebnisse, dass die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln per se keinen positiven Einfluss auf die Mortalität hat und bei bereits gut ernährten Personen nicht die Unter- sondern die Überversorgung mit bestimmten Nährstoffen proble­matisch ist. |

Quelle

Chen F et al. Association Among Dietary Supplement Use, Nutrient Intake, and Mortality Among U.S. Adults: A Cohort Study. Ann Intern Med 2019; doi:10.7326/M18-2478

Apothekerin Dr. Julia Podlogar

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