Arzneimittel und Therapie

Schadet Paracetamol Senioren?

Hinweise auf erhöhtes Schlaganfallrisiko bei Diabetikern

In einer prospektiven Beobachtungsstudie wurde die Anwendungssicherheit von Paracetamol bei Pflege­heimbewohnern unter­sucht. Insgesamt wurde unter der Therapie kein Anstieg von Herzinfarkten und in der Gesamtmortalität festgestellt. Im Hinblick auf das Schlaganfallrisiko gab es jedoch Auffälligkeiten bei Patienten mit Diabetes.

Analgetika gehören zu den meist­gebrauchten Arzneimitteln weltweit. Paracetamol nimmt unter diesen eine Sonderrolle ein. Der Wirkmechanismus wurde bis heute nicht gänzlich aufgeklärt – neuere Daten sprechen für eine bevorzugte Hemmung der Cyclooxygenase (COX) 2, wobei die Wirkung in Gegenwart hoher Konzentrationen an Arachidonsäure und Peroxi­den abnimmt. Während Paracet­amol-Überdosierungen den häufigsten Grund einer arzneimittelinduzierten Leberinsuffizienz darstellen, gilt der Wirkstoff in therapeutischen Dosierungen als sicher. Bei der Auswahl eines geeigneten Schmerzmittels für Patienten mit erhöhten kardiovaskulären und gastrointestinalen Risiken ist das von Relevanz. Und auch bei chronischen Schmerzen im Alter ist Paracetamol das Mittel der Wahl.

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Bei älteren Patienten gilt Paracetamol als Mittel der Wahl zur Behandlung von chronischen Schmerzen.

Vor dem Hintergrund einer kürzlich publizierten systematischen Übersichtsarbeit, welche die Sicherheit von Paracetamol infrage stellte, führten französische Wissenschaftler eine prospek­tive Studie mit Patienten aus 175 Pflegeheimen durch. Sie bedienten sich hierbei der Daten des IQUARE-­Projektes (Impact of Educational and Professional Supportive Interventions on Nursing Home Quality Indica­tors project). 5429 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 86 Jahren wurden in die Studie eingeschlossen. Davon nahmen 2239 Patienten im Schnitt 2352 ± 993 mg Paracetamol täglich ein. Die Paracetamol-Einnahme wurde zu Beginn der Untersuchung aufgezeichnet, die Nach­beobachtung von kardiovaskulären Ereignissen (Herzinfarkt, Schlaganfall) sowie Todesfällen erfolgte über 18 Monate. Da die Studie nicht randomisiert durchgeführt wurde, wurden sechs unterschiedliche statistische Tests angewendet, bei denen anhand des Propensity-Score-Verfahrens auf mögliche Störgrößen adjustiert wurde.

In keinem der Tests wurde ein Effekt der Paracetamol-Therapie hinsichtlich des Auftretens eines Myokardinfarkts und der Gesamtmortalität gefunden. In einem der statistischen Modelle wurde jedoch ein signifikant erhöhtes Schlaganfallrisiko bei Patienten, die an Diabetes litten, aufgezeigt (Hazard Ratio 3,19; 95%-Konfidenzintervall 1,25 bis 8,18). Die Autoren schlussfolgern, dass Paracetamol nach wie vor als bevorzugtes Analgetikum in der Schmerztherapie älterer Menschen anzusehen ist. Zur Therapie von älteren Diabetespatienten mit Paracetamol sollten jedoch weitere Studien durchgeführt werden.

Eine Beobachtungsstudie weist grundsätzlich nur eine eingeschränkte Aussagekraft auf. Bei Fragestellungen wie der beschriebenen stellt sie jedoch ein geeignetes Prüfmodell dar, weil ein Abbild der Alltagstherapie gerade erwünscht ist. Eine Schwäche der Studie ist allerdings die nur einmalige Erhebung der Paracetamol-Einnahme zu Studienbeginn. Eine eindeutige Trennung in Paracetamol-Kollektiv und Kontrolle ist so nicht möglich.

Was sagt die FORTA-Liste?

Auf der Suche nach geeigneten Schmerzmitteln für ältere Patienten lohnt ein Blick in die FORTA-Liste: In der Tat ist zur Behandlung von chronischem Schmerz nur Paracetamol in der Kategorie A („unverzichtbar“) gelistet, in Kategorie B („vorteilhaft“ mit Einschränkungen bezüglich Sicherheit und/oder Wirksamkeit) finden sich Opioide (außer Tilidin/Naloxon, Oxycodon/Naloxon, Morphin) sowie Metamizol. |

Quelle

Girard P et al. Acetaminophen Safety: Risk of Mortality and Cardiovascular Events in Nursing Home Residents, a Prospective Study. J Am Geriatr Soc 2019; doi:10.1111/jgs.15861

FORTA-Liste 2018. https://forta.umm.uni-heidelberg.de/

Apotheker Dr. Peter Meiser

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