Foto: Kzenon – stock.adobe.com

Praxis

Das digitale Herz einer jeden Apotheke

Ein Überblick über den Markt der Softwareanbieter

Die Branche der Softwareanbieter für Apotheken ist überschaubar. Eine gute Handvoll ­Unternehmen teilt sich einen hoch spezialisierten Markt, der mit der abnehmenden Zahl an Apotheken ­immer kleiner wird. Umso wichtiger ist es für die Marktteilnehmer, ihre Kunden – die Apotheker – mit qualitativ hochwertigen EDV-Anwendungen und Innovationen zufriedenzustellen. Ein Blick hinter die Kulissen einer Nischenbranche. | Von Thorsten Schüller

Es ist eine überschaubare Branche, geprägt von einem beinharten Wettbewerb: Gut eine Handvoll Hersteller von Apothekensoftware buhlt um Kunden, die niedergelassenen Apotheker in Deutschland. Zum Jahresende 2018 gab es laut ABDA in Deutschland 19.423 öffentliche Apotheken. 2017 waren es noch 19.748. Ein Rückgang um 325 Betriebsstätten, also 1,6 Prozent. Damit schrumpft auch der Markt für die Softwareunternehmen. Hinzu kommt, dass jede Apotheke heute bereits ein EDV-System hat, der Markt schrumpft also nicht nur, sondern ist auch weitgehend gesättigt.

Foto: Pharmatechnik
Lars Polap, Vorstand des ADAS und Geschäftsführer beim Softwareanbieter Pharmatechnik

Um in diesem Umfeld erfolgreich zu sein, braucht es nach den Worten von Lars Polap, Vorstand des Bundesverbandes Deutscher Apothekensoftwarehäuser e. V. (ADAS), vor allem zwei Dinge. Zum einen muss die Software fachlich und sachlich korrekt sein und die gesamte Komplexität des hoch regulierten Marktes widerspiegeln. Wenn also ein Apotheker auf Basis eines Rezeptes mit der EDV ein Medikament aus einem Rabattvertrag an den Patienten abgibt, muss er sicher sein, dass es das richtige Produkt ist. Andernfalls liefe er Gefahr, dass er auf den Kosten für das Arzneimittel sitzen bleibt. „Es geht hier um das Geld der Apotheker“, stellt Polap fest, der neben seine Funktion bei ADAS auch Geschäftsführer des Starnberger Unternehmens Pharmatechnik ist, einem der führenden Softwarehäuser in der Branche.

Zum anderen muss die Software effizient sein, so Polap. Sie soll die Prozesse der Apotheker erleichtern, damit diese sich auf ihr Kerngeschäft, die Beratung und Versorgung der Kunden, konzentrieren können.

Verständliche Software

Zum Service und Erfolg eines Softwareunternehmens gehört aber auch, regelmäßige Schulungen für das Apotheken­personal anzubieten. Während die Schulungen nach den Erfahrungen von Branchenkennern „ziemlich in die Tiefe“ gehen, muss die Software andererseits einfach zu ver­stehen sein, da in der Apothekenbranche viele Teilzeit­kräfte beschäftigt sind und es immer wieder personelle Wechsel gibt.

Angesichts des gesättigten Marktes geht es für die Softwareunternehmen vor allem um die Pflege ihrer bestehenden Kunden. Der Wechsel eines Apothekers von einem Anbieter zu einem anderen ist recht selten, das Beharrungsvermögen in der Branche ist recht hoch. Anders ausgedrückt: Apotheker sind treue Kunden. Das hat auch damit zu tun, dass ein Wechsel von einem bestehenden EDV-System zu einem anderen für die Pharmazeuten mit einem erheblichen Aufwand verbunden ist.

So wird sich ein Apotheker vor der Bindung an ein Softwareunternehmen nicht nur die Art der EDV und den Service der Firma genau anschauen, sondern auch die Kosten und Bezahlmodelle. „Da gibt es alles“, ist aus der Branche zu hören, von der reinen Vermietung von Hard- und Software bis hin zu Kaufmodellen mit angeschlossenem Wartungsvertrag. Über die Höhe der EDV-Kosten machen die Unternehmen schon allein aufgrund dieser Unterschiede keine Angaben. Hört man sich allerdings in Apothekerkreisen um, werden je nach Ausgestaltung der Verträge Summen von deutlich über 10.000 Euro pro Jahr aufgerufen. So berichtet ein Apotheker, der drei Kassen besitzt und die Technik gemietet hat, von monatlichen Kosten in Höhe von 1300 Euro. Darin seien die regelmäßigen Softwareupdates enthalten, Scanner und Drucker würden zudem bei Bedarf ausgetauscht.

Stabilität ist entscheidend

Wichtig ist für Apotheker zudem, dass die Systeme stabil laufen. Denn streikt der Computer, können sie keine Arzneimittel mehr verkaufen. Zwar werben sämtliche Hersteller auf ihre Art mit der Qualität ihrer Software. Hinter den Kulissen, so ist zu hören, tauschen sich Apotheker aber über ihre Erfahrungen mit den jeweiligen Anbietern aus – und die fallen durchaus unterschiedlich aus. Eine weitere Schwierigkeit für Apotheker liegt darin, dass die Angebote und Services aufgrund ihrer individuellen Ausgestaltung kaum miteinander vergleichbar sind.

Foto: auremar - stock.adobe.com
Stabilität hat höchste Priorität – wenn die Computer streiken, ist der Apothekenbetrieb nur sehr eingeschränkt möglich.

Auch mit wirtschaftlichen Kenndaten halten sich die Softwarehäuser zurück. Umsatzzahlen sind kaum zu erhalten. Ihre Größe messen die Unternehmen vor allem an der Zahl ihrer Kunden. Da gibt es vier große, nämlich ADG, Awinta, Lauer-Fischer und Pharmatechnik, die jeweils mehrere Tausend Apotheken bedienen. Bei den übrigen Unternehmen liegt die Kundenzahl dagegen knapp bei 1000 beziehungsweise im dreistelligen Bereich.

Deutlich klarer kommuniziert die Branche die großen Themen, die sie umtreibt. In den vergangenen Jahren war dies vor allem die Einführung des Fälschungsschutzsystems Securpharm. „Das hat uns intensivst beschäftigt“, sagt Verbandsmanager Polap. In der Umsetzung dieses Projektes sieht er ein Erfolgsbeispiel für die Branche, die bei diesem Thema untereinander wie auch mit der ABDA gut zusammengearbeitet habe und wesentlich dafür gesorgt habe, dass es am 9. Februar 2019 – dem Einführungsdatum von Securpharm – einen nahezu reibungslosen Start gegeben habe.

Telematik und Kassensicherungsverordnung

In den bevorstehenden Monaten werden die Branche zwei andere große Themen umtreiben: Da ist zum einen die Implementierung einer Telematik-Infrastruktur in den Apotheken. Bereits im vergangenen Jahr teilten die ADAS-Unternehmen zusammen mit der ABDA und dem Bundesverband Deutscher Apothekenrechenzentren e. V. (VDARZ) mit, dass es das Ziel sei, bei der elektronischen Verordnung „verbindliche, deutschlandweite und industrieoffene Standards“ zu entwickeln. Dazu sei die Entwicklung und Umsetzung einer E-Verordnung vorgesehen, bei der besonders auf die autonome Entscheidung des Patienten geachtet werden solle, wo und wie die Arzneimittelverordnung in die Apotheke gelangt. Die heiße Phase des Telematik-Projektes beginnt nach Einschätzung von Branchenexperten voraussichtlich im vierten Quartal 2019. Bei der Installation und Vernetzung der benötigten Konnektoren und Kartenlesegeräte werden die Softwaremitarbeiter dann wohl vielfach bei den Apothekern vor Ort auftauchen müssen.

Zum anderen beschäftigt die EDV-Spezialisten ein Thema mit dem sperrigen Begriff „Kassensicherungsverordnung“. Diese Verordnung betrifft nicht nur Apotheker, sondern sämtliche Einzelhändler und wird ab 1. Januar 2020 wirksam werden. Dabei geht es darum, dass nach einer Vorgabe des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) in allen elektronischen Kassen zertifizierte Speichermedien untergebracht werden müssen, die sämtliche Transaktionen aufzeichnen und bei Bedarf einem Prüfer des Finanzamtes übergeben werden müssen. Die Herausforderung bei diesem Projekt sieht ADAS-Vorstand Polap darin, dass bis dato vonseiten des Gesetzgebers noch nicht alle technischen Vorgaben wirklich klar definiert seien. Dementsprechend gebe es auf dem Markt auch noch kein zertifiziertes Speichermedium. Damit könnten auch die Softwarehäuser noch nicht wirklich in die Vorbereitungsarbeiten einsteigen. Branchenkenner geben denn auch zu ver­stehen, dass es schwierig werden könnte, den anvisierten Termin zur Umsetzung der Verordnung einzuhalten.

Foto: Uwe Steinert – imago images

Viel lieber als solche von außen vorgegebenen regulatorischen Themen würden Polap und seine Kollegen sich mit echten Produktinnovationen für ihre Kunden beschäftigen. Ideen gäbe es jedenfalls genug: den Automatisierungsgrad in den Apotheken weiter vorantreiben, das Scannen der Rezepte und das Dokumentenmanagement optimieren oder die Vernetzung der Apotheken mit Partnern und Dienstleistern weiter voranbringen. Auch der zunehmende Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in den Apotheken wäre ein Thema, für das die Branche Lösungen sucht und anbietet.

Die in ADAS organisierten acht Mitgliedsunternehmen sind die wesentlichen Wettbewerber in dem Markt für Apothekensoftware. Einige von ihnen sind durch Übernahmen groß geworden und gehören heute zu größeren Konzernen. Andere haben sich ihre mittelständische Eigenständigkeit bewahrt. Branchenexperten schätzen, dass die beiden Platzhirsche Awinta und Pharmatechnik zusammen gut 50 Prozent der Apothekenkunden auf sich vereinigen. Hier die Unternehmen im Überblick:

ADG-Apothekendienstleistungsgesellschaft mbH
ADG ist Teil des Mannheimer Pharmagroßhändlers Phoenix Group. Das Unternehmen entwickelt seit 1972 in Deutschland Hardware-, Software- und Beratungslösungen für Individualapotheken und betreibt heute 23 Niederlassungen mit über 400 Mitarbeitern. Mit mehr als 4700 Kunden und einem Marktanteil von 20 Prozent sieht sich das Unternehmen zudem hierzulande als einen der größten Anbieter von Warenwirtschaftssystemen im Apothekenmarkt. Zu den Tochtergesellschaften der ADG gehören JDM Innovation GmbH (JDM), ein Hersteller und Lieferant der ADG Kassensysteme, und Sentris Softwarentwicklung GmbH. Sentris entwickelt für die ADG Software für die Warenwirtschaft der Apotheken. ADG ist auch im europäischen Ausland aktiv. In Tschechien entwickelt und vertreibt das Tochterunter­nehmen Apatyka servis Apothekensoftware an mehr als 1000 Kunden. In Ungarn nutzen über 2000 Apotheken die Lösungen, die über die beiden Töchter Novodata und LX-Line vertrieben werden. Ziel sei es, die Marktstellung in diesen Ländern auszubauen und weitere europäische Apothekenmärkte zu erschließen. www.adg.de

AD Apotheken Datenverarbeitung GmbH & Co. KG (ADV)
Das Oberhausener Unternehmen ist seit 1986 im EDV-, Software- und Dienstleistungsbereich tätig und unabhängig vom Großhandel, von Rechenzentren und Großunternehmen. Nach einem Bericht des Fachblatts „Markt Intern“ befindet sich die Firma in privater Hand, die Gesellschafter seien zwei Apotheker und zwei private Investoren. Eine Stärke sei der persönliche Kontakt zu den Kunden. Zudem lege man Wert darauf, dass die Anwender mit der Software gut zurechtkommen. Laut „Markt Intern“ zeigt sich das Unternehmen offen für Kooperationen, mache kaum Werbung und setze stattdessen mehr auf Kundenempfehlungen und die Expopharm. www.apo-edv.de 

Foto: Awinta

Awinta GmbH
Das Unternehmen aus Bietigheim-Bissingen bezeichnet sich mit rund 7000 Kunden selbst als Marktführer für Apothekensoftware. Das „apothekeneigene Unternehmen“ beschäftigt 700 Mitarbeiter und hebt seine Vertriebsstruktur mit Ansprechpartnern in der Region hervor. Die Awinta GmbH entstand im August 2009 durch die Fusion der beiden Systemhäuser VSA ApothekenSysteme GmbH und Pro Medisoft AG und gehört zum Münchener Softwareunternehmen Noventi Group. Nach den Worten von Gordian Schöllhorn, neben Sven Bertram einer der beiden Geschäftsführer, bietet das Unternehmen verschiedene Lösungen in der Warenwirtschaft an, darunter eine „Mehrmandantenlösung“, die ihre Stärken angesichts der zunehmenden Filialisierung von Apotheken ausspiele. Zudem könnten die Kunden wählen, ob sie vor Ort mit eigenen Rechnern arbeiten oder sie online auf ein zentrales Rechenzentrum zugreifen. Darüber hinaus versucht das Unternehmen, Apotheker durch eine offene Kommunikationsstruktur in seinem EDV-System für sich zu gewinnen und betont, regelmäßig zu den Preisträgern wichtiger Branchenauszeichnungen zu gehören. Eine Besonderheit ist laut Schöllhorn, dass es sich um ein „apothekeneigenes Unternehmen“ handelt, bei dem die Eigentümer gleichzeitig auch die Kunden sind. Durch diese Konstruktion sei Awinta nicht auf Maximierung des Ertrags ausgerichtet, sondern vielmehr den Kunden und Mitarbeitern verpflichtet. www.awinta.de

Cida Computerleistungen für Apotheken GmbH
CIDA wurde 1982 gegründet und ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Apotheken-Rechen-Zentrum GmbH. Der Hauptsitz des Unternehmens ist in Darmstadt, zwei weitere Geschäftsstellen befinden sich an den Standorten Gera und Oldenburg. Die Apothekensoftware des Unternehmens setzt auf eine Oracle-Datenbank und kann nach eigenen Angaben an die Anforderungen der jeweiligen Apotheke angepasst werden. Derzeit betreut die Softwarefirma rund 1000 Kunden. Diese könnten die gesamte Hardware aus einer Hand erhalten, wahlweise aber auch ihre bereits vorhandene Hardware integrieren. Eine neue Apothekensoftwarevariante bildet nach Darstellung des Unternehmens Apothekenabläufe auf übersichtliche Weise ab. Ein älteres Softwareprodukt sei dagegen bereits im Markt etabliert und lasse sich mit optionalen Modulen wie Filial-/Partner-Apotheke, Kommissionierautomat, automatische Lageroptimierung, Botendienst, BTM-Verwaltung, Blistern oder Rezept-Scan an die jeweiligen Erfordernisse der Apotheke anpassen. www.cida.de

Foto: DAZ/Alex Schelbert


Lauer-Fischer GmbH

Kern des Unternehmens ist die seit 1950 existierende Lauer-Taxe, ein Synonym für Arzneimittelinformationen. Heute entwickelt das Fürther Unternehmen Lauer-Fischer „system­integrierende EDV-Plattformen“ für Apotheken und bietet Warenwirtschaftssysteme mit Zusatzmodulen an. Lauer-Fischer zählt über 4000 Kunden, betreibt bundesweit 14 Standorte und sieht sich unter den drei bis vier größten Softwareherstellern der Branche. Das Unternehmen gehört seit 2011 zur CompuGroup Medical, einer Tochtergesellschaft der CompuGroup Medical SE, welches sich als eines der „weltweit führenden, deutschen E-Health-Unternehmen“ bezeichnet. Ein wesentliches Thema für Lauer-Fischer stellt die Telematik-Infrastruktur dar. Ab Herbst will das Unternehmen nach Angaben einer Sprecherin zusammen mit CompuGroup zertifizierte Hard- und Software für Apotheken anbieten. www.lauer-fischer.de

Foto: DAZ/Patrick Lux


Optipharm Plus GmbH

Das Oberhausener Unternehmen Optipharm ist nach eigenen Angaben als Apotheken-EDV-Anbieter geprägt „durch die pharmazeutischen Wurzeln der Unternehmensgründer und durch die Leidenschaft, komplizierte Vorgänge ganz einfach zu machen“. Das Markenzeichen – die Doppelscannerkasse – begleitet Optipharm von Beginn an und ist über den gesamten Zeitraum originäres Produkt des Unternehmens geblieben. www.optipharm.de

Pharmatechnik GmbH & Co. KG
Das Unternehmen Pharmatechnik aus Starnberg entwickelt seit über 40 Jahren Softwarelösungen im Gesundheits­wesen. 650 Mitarbeiter sind an bundesweit 14 Geschäftsstellen im Einsatz und kümmern sich um rund 7000 Kunden in den Bereichen Apotheken- und Arztpraxismanagement. Damit zählt Pharmatechnik neben Awinta zu den führenden Unternehmen der Branche. Das Familienunternehmen ist unabhängig von Pharmaindustrie, Großhandel, Rechenzentren und anderen Konzerninteressen. Pharmatechnik schreibt sich zudem auf die Fahnen, die Nummer 1 in Wirtschaftlichkeit, Kompetenz, Innovation, Qualität und Service zu sein. www.pharmatechnik.de

Prisma
Prisma mit Sitz in der niedersächsischen Kleinstadt Weener wurde im Jahr 1988 gegründet. Neben dem Firmenhauptsitz unterhält das Unternehmen Niederlassungen in Berlin und Köln. Die Firma betreibt drei Bereiche: Softwareentwicklung (vornehmlich das Warenwirtschaftssystem für Apotheken und andere kommerzielle Anwendungen), Technik + Service (Schwerpunkt Netzwerktechnik) sowie eine EDV-Unternehmensberatung. Das Unternehmen behauptet zudem von sich, „innovative Produkte zu einem überdurchschnittlich guten Preis-/Leistungsverhältnis zu entwickeln.“ www.aposoft.de |

Autor

Thorsten Schüller ist freier Wirtschaftsjournalist und schreibt u. a. für DAZ, AZ und DAZ.online über den Apotheken-, Pharma- und Großhandelsmarkt.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.