DAZ aktuell

Nestlé steigt in deutsche Tierkliniken ein

Unabhängige Tierkliniken bilden Verbund

LÜNEBURG (tmb) | Der Nestlé-Konzern wird über eine Beteiligung der Independent Vetcare Group künftig an deutschen Kleintierkliniken der Evidensia-Gruppe beteiligt sein. Auf die zunehmenden Herausforderungen haben deutsche Tierkliniken mit der Gründung des Verbundes unabhängiger Kleintierkliniken reagiert.

Die Nestlé-Sparte Purina PetCare wird eine Minderheitsbeteiligung an der Independent Vetcare (IVC) Group International vom Private-Equity-Fonds EQT übernehmen. Dies haben Nestlé und EQT am 8. April 2019 mitgeteilt. Die IVC Group International mit Sitz in Großbritannien bezeichnet sich in ihrer Eigendarstellung als „führende Tiermedizin-Gruppe in Europa“. Zu ihr gehören 1100 Tierkliniken in zehn europäischen Ländern, darunter die ehemals schwedische Evidensia, die seit einiger Zeit auch in Deutschland Kleintierkliniken kauft. Gemäß der Internetseite von Evidensia gehören dazu mittlerweile 15 Tierkliniken und Tierarztpraxen in Deutschland.

Damit ist Nestlé bereits der zweite international bekannte börsennotierte Konzern, der indirekt zum Arbeitgeber deutscher Tierärzte wird. Bereits im Juni 2018 hatte der US-amerikanische Mars-Konzern die ehemals schwedische AniCura übernommen, die die größte deutsche Tierklinik­kette mit 34 Standorten betreibt (siehe DAZ 2018, Nr. 25, S. 16, „Tierkliniken immer mehr in Kettenhand“).

Verbund will Netzwerk schaffen

Die Heilberufegesetze und die berufsrechtlichen Regeln der Tierärztekammern in den meisten Bundesländern lassen den Fremdbesitz zu. Anders als die Apotheker haben die Tierärzte die möglichen Folgen des Fremdbesitzes lange Zeit kaum thematisiert. Doch mit dem Markteintritt ausländischer Konzerne wächst nun für die unabhängigen Tierkliniken der Druck bei Preisen, Notdienstversorgung und dem Wettbewerb um das Personal. Zudem erfordern die verschärften Arbeitszeitregeln Umstrukturierungen in vielen der rund um die Uhr einsatzbereiten Tierkliniken.

Praktisch gleichzeitig mit dem Einstieg von Nestlé in den deutschen Markt wurde die Gründung des Verbundes unabhängiger Kleintierkliniken mit Sitz in Lüneburg bekannt gegeben. Der neue Verbund spricht nach eigenen Angaben alle privaten und inhabergeführten Kleintierkliniken und auf Klinikniveau geführten Kleintierpraxen in Deutschland an. Damit wird die Abgrenzung zu den Ketten deutlich.

Die Initiatoren hätten erkannt, dass Lösungen für die aktuellen Probleme nur gemeinsam zu erarbeiten seien. Als Verbund sei mehr zu erreichen, ohne die Individualität aufzugeben. Der Verbund ziele auf die Bildung einer Interessenvertretung für Arbeitgeber und möchte ein starkes Netzwerk schaffen. Als Aufgaben stellt sich der Verbund gemäß den Angaben auf seiner Internetseite unter anderem die Erarbeitung eines Tarifvertrages, die Förderung des Berufsnachwuchses und die Verbesserung der Einkaufskonditionen. Dabei verstehe sich der Verbund nicht als Konkurrenz zu bestehenden Berufsorganisationen.

Einige Ziele des Verbundes erinnern an die Gedanken bei der Gründung der ersten Apothekenkooperationen, die sich als Schutzgemeinschaft vor mög­licherweise entstehenden Apothekenketten verstanden haben. Bei den Tierärzten erfolgt dies nun jedoch nicht präventiv, sondern erst nachdem Tierklinikketten bereits intensiv tätig sind. |

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