Arzneimittel und Therapie

Umstrittene Therapiedauer bei Lyme-Borreliose

Längere Antibiose verbessert kognitive Leistung nicht

Häufig wird die Infektion als Ursache für kognitive Beschwerden bei Patienten mit persistenter Lyme-Borreliose gesehen. Obwohl dieser kausale Zusammenhang nicht gesichert ist, empfehlen einige Leitlinien eine langfristige Antibiotika-Therapie. Jetzt lassen die Ergebnisse einer großangelegten Studie Zweifel an der Effektivität dieses Ansatzes aufkommen.

Viele Patienten mit persistierenden Symptomen einer Lyme-Borreliose leiden unter kognitiven Einschränkungen wie Gedächtnislücken, Wortfindungs- und Konzentrationsstörungen. Allerdings ist nicht geklärt, ob die Symptome durch eine unzureichende Therapie einer Borrelia-burgdorferi-Infektion oder Überreste vergangener Infektionen ausgelöst werden oder ob fälschlich ein Zusammenhang angenommen wird. Daher widersprechen sich die Leitlinien zur Dauer der Antibiotika-Therapie zur Behandlung der Lyme-Borreliose. Während einige – so auch die deutsche S3-Leitlinie zur Neuroborreliose – eine Antibiotika-Gabe über maximal zwei bis vier Wochen empfehlen, raten andere zu einer antimikrobiellen Langzeittherapie.

Im Rahmen einer randomisierten placebokontrollierten Studie wurde nun untersucht, ob sich eine längere Antibiotika-Therapie positiv auf die kognitive Leistung der Betroffenen auswirkt. 280 Patientinnen und Patienten mit persistierenden Symptomen einer Lyme-Borreliose wurden zunächst zwei Wochen lang täglich mit intravenösem Ceftriaxon behandelt. In den nächsten zwölf Wochen erhielt ein Drittel der Patienten eine orale Therapie mit Doxycyclin, ein weiteres Drittel mit Clarithromycin-Hydroxychloroquin und die restlichen Patienten mit Placebo. Zum Beginn der Therapie und nach 14, 26 und 40 Wochen wurden die kognitiven Fähigkeiten durch neuropsychologische Tests beurteilt. Diese deckten die Domänen episodisches Gedächtnis, Arbeitsgedächtnis, Sprachfluss, Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit und kognitive Kontrolle ab.

Kurzzeittherapie ebenso effektiv

Am Anfang der Therapie wurden zwischen den Gruppen keine signifikanten Unterschiede festgestellt. In den Tests nach Therapieende schnitten alle Gruppen gleich gut ab. Die kognitiven Fähigkeiten verbesserten sich unabhängig von der Therapie im Lauf der Zeit. Auch diverse Subgruppenanalysen zeigten keine Vorteile einer längerfristigen Antibiotika-Therapie gegenüber Placebo.

Diese Studie ist die größte, die bisher zu diesem Thema durchgeführt wurde. Die Ergebnisse legen nahe, dass eine dreimonatige Antibiotika-Gabe bei persistierender Lyme-­Borreliose die kognitiven Symptome nicht effektiver lindert als eine Kurzzeittherapie. Allerdings erfüllten nur sehr wenige Teilnehmer die objektiven Kriterien für eine kognitive Einschränkung. Zukünftige Studien könnten mehr Aufschluss über die Wirksamkeit bei dieser schwerer betroffenen Patientengruppe geben. |

Quelle

Berende A et al. Effect of prolonged antibiotic treatment on cognition in patients with Lyme borreliosis. Neurology 2019;92(13):e1447-e1455

Rauer S et al. Neuroborreliose, S3-Leitlinie, 2018; in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie, Stand: März 2018, AWMF-Registernummer: 030/071

Apothekerin Sarah Katzemich

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