DAZ aktuell

Erst Entschuldigung, dann Strafanzeige

Umstrittener Bluttest auf Brustkrebs: Uniklinik Heidelberg zieht Konsequenzen

bj/eda | Im Feburar 2019 machten Meldungen über einen neuen Test für die Brustkrebs-Früherkennung Schlagzeilen: Die Uniklinik Heidelberg verkündete in einer Pressemeldung, dass Forscher eines eigenen Startups einen „Meilenstein in der Brustkrebsdiagnostik“ entwickelt hätten. Es gab deutliche Kritik an dem Vorgehen der Uniklinik – auch in der DAZ. Nun zieht die Uni Konsequenzen, da Studienergebnisse nach den üblichen Standards bis heute nicht publiziert wurden.
Foto: Universitätsklinikum Heidelberg
„Das bedauern wir sehr“ – was die Vermarktung und Veröffentlichung wissenschaftlicher Ergebnisse angeht, will sich die Uniklinik Heidelberg neu aufstellen.

Das Unternehmen Heiscreen, eine Ausgründung der Uniklinik, hatte im Februar 2019 einen neuen Brustkrebs-Bluttest vorgestellt. Es handelt sich dabei um eine „Liquid Biopsy“, also um ein Verfahren mit flüssigen Gewebeproben. In einer Pressemitteilung war von „einem Meilenstein in der Brustkrebsdiagnostik“ die Rede. Die Markteinführung sei „noch in diesem Jahr geplant“. Auf der Pressemitteilung prangte sowohl das Logo von Heiscreen als auch der Uniklinik. Zahl­reiche Medien hatten die Meldung aufgegriffen, manche hatten sich kritisch damit auseinandergesetzt. So fanden sich beispielsweise Schlagzeilen wie „Bluttest erkennt Brustkrebs“ (Bild-Zeitung). Am Vorgehen von Heiscreen gab es daraufhin deutliche Kritik von Fachgesellschaften, Medizinern und Statistikern.

Auch Dr. Ilse Zündorf und Prof. Dr. Theo Dingermann hatten sich in der DAZ 2019, Nr. 9, S. 28 mit dem Thema auseinandergesetzt. Sie kamen zu dem Schluss: Letztlich sei all das, was man aus der viel beachteten Pressemitteilung herauslesen beziehungsweise hineininterpretieren kann, äußerst mager und unbefrie­digend.

Foto: Witthaya – stock.adobe.com
Vorauseilender Ruf, nachfolgender Gehorsam – der Bluttest der Ausgründung Heiscreen sorgte in den letzten Monaten für Furore.

Die Uniklinik Heidelberg zieht nun nach und nach Konsequenzen aus ihrer umstrittenen PR-Kampagne um den Bluttest. So sollen neue Regeln in Bezug auf „wirtschaftliche, wissenschaftliche, ethische und publizistische Fragen“ erstellt werden, die Firmenausgründungen der Universität künftig zu beachten hätten, sagte Kliniksprecherin Doris Rübsam-Brodkorb im März der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Zuvor hatte die „Rhein-Neckar-Zeitung“ berichtet, dass sich die Uniklinik intensiv mit der Aufklärung des Falles auseinandersetzen möchte. Die Uniklinik entschuldige sich bei Frauen, die sich womöglich falsche Hoffnungen auf eine rasche Nutzung des Tests gemacht hätten, sagte die Sprecherin. „Das bedauern wir sehr.“

Doch damit nicht genug: Am vergangenen Freitag gab die Uniklinik Heidelberg bekannt, dass sie nun Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt hätte: „Als öffentliche Einrichtung sieht sich das Universitätsklinikum aufgrund der Anzeichen eines unlauteren Vorgehens bei der Entwicklung und Ankündigung des potenziellen Bluttests zur Brustkrebsdiagnostik [...] zu diesem Schritt veranlasst.“ Die Entscheidung über die Aufnahme von Ermittlungen obliege nun der Staatsanwaltschaft Heidelberg. Die Uniklinik selbst hätte „umfängliche Maßnahmen zur Aufarbeitung“ getroffen. Beauftragt seien eine interne wissenschaftliche Arbeitsgruppe sowie die Innenrevision des Klinikums. Außerdem soll sich eine externe neutrale Expertenkommission unter Leitung des Präsidenten der Leibniz-Gemeinschaft Prof. Dr. Matthias Kleiner bilden. Das Univer­sitätsklinikum Heidelberg bedauere die Geschehnisse um den Bluttest zur Brustkrebsdiagnostik und nehme die Kritik der Fachgesellschaften, Experten und Öffentlichkeit sehr ernst. Zugleich bekenne man sich zu Ausgründungen und dazu, Forschungsergebnisse schnell und effizient in eine praktische Anwendung für den Patienten zu bringen. Erste Ergebnisse der Kommission werden in wenigen Wochen erwartet. |

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