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Ein Blick in die digitale Zukunft

Was Digitalisierung für Unternehmen bedeutet

Von Carsten Aehlen | „Alles, was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert“, sagte einmal Carly Fiorina, ehema­lige Chefin von Hewlett-Packard. Das klingt zunächst recht trivial, heißt aber auch, dass noch viel mehr digitalisiert werden kann, als wir uns das unter Umständen vorstellen können. Und das hat zur Folge, dass alle Regeln, Prozesse und Werte, die in der analogen Welt galten und bekannt sind, nun im digitalen Zeitalter neu definiert und gedacht werden müssen.
Carsten Aehlen, Abteilung Trade Innovation, Innovations-Akademie deutscher Apotheken (IDA), Köln

So hat die Digitalisierung beispielsweise mit E-Commerce den Handel revolutioniert oder die sozialen Medien unsere private Kommunikation. Insgesamt gibt es aber noch viele Marktteilnehmer, die sich mit der Digitalisierung und ihren Möglichkeiten überfordert fühlen. Gemäß einer Studie von Roland Berger im Auftrag des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) haben sich nur 55 Prozent der deutschen Unternehmenslenker „intensiv“ mit dem Thema Digitalisierung beschäftigt. Und lediglich ein Drittel der Unternehmen schätzt seine digitale Reife als hoch oder als sehr hoch ein. Laut der besagten Studie wird Digitalisierung meist als Option der Kostenreduktion gesehen und weniger als eine Erweiterung der Geschäftsfelder und Dienstleistungen. Das ist allerdings zu kurz gedacht, denn wer in Zukunft erfolgreich sein will, muss auf allen Ebenen die Digitalisierung instrumentalisieren und sich zunutze machen. Das gilt für die Apotheke genauso wie für alle anderen Handelsunternehmen.

Umdenken unbedingt erforderlich

Das bedeutet allerdings, vollständig neu zu denken. Die Weiterentwicklung der Kerze hätte auch nie zur Erfindung der Glühbirne geführt. Genauso ist es nun mit den digitalen Möglichkeiten. Diese mögen manchmal etwas befremdlich sein oder uns teilweise überfordern, aber Rückzug ist keine Option. Denn die Digitalisierung lässt sich nicht aufhalten und niemand wird unser Einverständnis dafür abwarten. Und wer zu lange wartet, dem könnte es irgendwann womöglich noch so ergehen wie einst dem Unternehmen Nokia, das den Wechsel zum Smartphone verschlafen hat und gegen Apple keine Chance mehr hatte.

Die Digitalisierung hat auch zur Folge, dass sich der Kunde verändert hat. Er will immer alles, sofort, es muss das Beste sein, möglichst preiswert und am liebsten auch noch individuell. Und natürlich immer gerade dann, wenn es in sein persönliches Zeitmanagement passt. Und vor allem sollte es so einfach wie möglich sein, denn Zeiteffizienz und Bequemlichkeit sind zwei entscheidungsträchtige Faktoren für den Kunden. Der multioptionale Kunde unterscheidet nicht mehr zwischen Einkaufskanälen. Für ihn sind Online- und Offline-Angebote längst zu einer Einheit verschmolzen. Und daher erwartet er immer genau das zu bekommen, was er möchte, und nicht nur das, was gerade angeboten wird. Auch für diese „Veränderung“ des Kundenverhaltens wird niemand unser Einverständnis einholen. Da der Kunde König ist und ohne ihn die Apotheke nicht überleben wird, ist eine Anpassung an die veränderten Bedingungen zwingend erforderlich.

Jede Menge Chancen für die Apotheke

Aber was heißt dies nun für die Apotheken? Die Bedeutung der digitalen Services steigt und muss deshalb mit den stationären Angeboten stärker verzahnt werden. Dabei sollte Folgendes verinnerlicht werden: Die Digitalisierung dient nicht „nur“ dem Zweck, den Wettbewerb abzuwehren. Die Digitalisierung verfolgt auch nicht das Ziel, den Kunden von der Apotheke fern zu halten, sondern Möglichkeiten, wie sich On- und Offline verzahnen lassen, um dem Kunden Anreize für einen Besuch der stationären Apotheke zu bieten. Und die Digitalisierung sollte auch nicht als Konkurrenz zum Apothekenpersonal gesehen werden. Sicherlich, es gibt eine Vielzahl von klassischen Handlungsfeldern wie Arzneimittellieferung, Arzneimittelsicherheit oder gar die Arzneimittelberatung, die zukünftig durch digitale Logistikkonzepte und intelligente Chat-Bots kostengünstiger und nahezu ohne Qualitätsverlust erbracht werden können. Wer sich nur auf die klassischen Handlungsfelder konzentriert, wird es schwer haben, gegen die Versandapotheken oder Marktteilnehmer wie Amazon zu bestehen. Da wir aber im Rahmen der Digitalisierung „Gesundheit“ neu denken und neu definieren müssen, gilt es, die vielen neuen Chancen zu ergreifen. Das Leistungsprofil der Apotheke muss ausgebaut und dem Kunden müssen neue Gesundheitsdienstleistungen angeboten werden, die die Kernkompetenz der Apotheke unterstreichen und um sich vom Wettbewerb zu differenzieren. Hierbei sind insbesondere das breite pharmazeutische Expertenwissen, die Unabhängigkeit und die Nähe zum Kunden die besonderen Stärken der Apotheke. Ein weiterer oft unterschätzter Aspekt: Der Faktor Mensch und die persönliche Nähe sind ein Grundbedürfnis des Menschen. Ebenso die möglichst langfristige Erhaltung der eigenen Gesundheit. Prävention und präventionsorientierte Angebote und Services sind hier das Stichwort. Hiermit kann die Apotheke punkten und die digitalen Möglichkeiten zur Kundenservice-Erweiterung nutzen.

Die Möglichkeiten der Digitalisierung sind immens und sollten frühzeitig von den Apotheken genutzt werden. Prozesse können vereinfacht und effizienter gestaltet werden, aber die persönliche Kommunikation bleibt ein Schlüsselfaktor. Daher ist das Credo der Zukunft, sich die Digitalisierung zunutze zu machen, um analog unterstützt zu werden. Und aufgrund der hohen Geschwindigkeit der Technologien braucht es Mut und Ideen, um so schnell wie möglich zu beginnen. |

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