Recht

Apothekenwerbung: So sind Sie auf der sicheren Seite

Teil 1: Anwendbarkeit des Heilmittelwerberechts

Werbung ist auch in der Apo­theke ein wesentliches Element der Absatzförderung. Neben dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb setzt vor allem das Heilmittelwerbegesetz ihr Grenzen, deren Missachtung schnell zu Abmahnungen führen kann. In einer kleinen Serie wollen wir die wesentlichen Vorgaben des Heilmittelwerberechts vorstellen.

Werbung unterliegt im Allgemeinen dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, dessen Ziel es ist, Mitbewerber, Verbraucher sowie sonstige Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen zu bewahren und das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb zu schützen. Unzulässig ist danach beispielsweise die irreführende oder herabsetzende Werbung. Bezieht sich die Werbung der Apotheke auf Heilmittel, sind daneben die Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) zu beachten. Sie enthalten besondere Vorgaben und Einschränkungen für die Heilmittelwerbung. Der erste Teil unserer kleinen Serie beschäftigt sich mit der Anwendbarkeit der Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes.

Schon Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts traten in Deutschland die ersten Regelungen in Kraft, um der mit der fortschreitenden Entwicklung der pharmazeutischen Industrie zunehmend marktschreierischen Arzneimittelwerbung Grenzen zu setzen. Die damals in den Bundesstaaten erlassenen Verordnungen „über den Verkehr mit Geheimmitteln und ähnlichen Arzneimitteln“ enthielten vor allem Werbeverbote für bestimmte Medikamente.

Die heutigen Vorschriften des Heilmittelwerberechts sind da deutlich differenzierter. Der Schutzgedanke ist jedoch derselbe: die Gesundheit des Einzelnen und der Allgemeinheit zu schützen. Der Gesetzgeber ist der Ansicht, dass dafür die allgemeinen Vorschriften des Wettbewerbsrechts nicht ausreichen, sondern dass es spezieller Vorschriften bedarf, die den kranken Menschen vor einer fehlerhaften oder missbräuchlichen Anwendung von Arzneimitteln bewahren. Diese besonderen Regelungen enthält das Heilmittelwerbegesetz (HWG). Sie gelten für die produktbezogene Werbung für Heilmittel nach § 1 HWG.

Werbung soll Absatz fördern

Der Begriff der Werbung ist im Heilmittelwerberecht nicht definiert. Gemeint ist damit die Wirtschaftswerbung. Sie umfasst Aussagen oder sonstige Handlungen, die darauf angelegt sind, die Aufmerksamkeit der angesprochenen Personen zu erregen, deren Interesse zu wecken und damit den Absatz von Waren oder Leistungen zu fördern. Nicht entscheidend ist, ob es sich bei den Aussagen um Anpreisungen oder sachliche Informationen handelt, solange das Ziel die Absatzförderung ist. Werbung kann in den unterschiedlichsten Formen auftreten, sei es in Werbeflyern, Zeitungsanzeigen, Rundfunkwerbung, Werbespots oder im Internet, aber auch in der Apotheke selbst. Auf das Ausmaß der erzielten Werbewirkung kommt es nicht an.

Wo allerdings die Absicht der Absatzförderung fehlt, liegt keine Werbung vor. Beispielsweise sind wissenschaftliche Publikationen und Studien keine Werbung, solange sie nicht in eine Werbung aufgenommen werden. Ebenso ­keine Werbung sind die nach §§ 10, 11 Arzneimittelgesetz (AMG) vorgeschriebenen Pflichtangaben für Umverpackungen von Arzneimitteln oder Packungsbeilagen. Umverpackungen und Packungsbeilagen können aber Werbung enthalten, wenn sich neben diesen Pflichtangaben Aussagen finden, die auf eine Absatzförderung abzielen.

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Sicheres Geleit bei Werbemaßnahmen durch Apotheken: Hat die Werbung Produktbezug und zielt auf Absatzsteigerung, ist das HWG zu beachten, nicht jedoch, wenn die Werbung allein der Imagepflege der Apotheke dient.

HWG nur bei Produktbezug anwendbar

Das Heilmittelwerberecht ist nur anwendbar, wenn die Werbung produktbezogen ist. Die Werbung muss sich auf konkrete oder zumindest individualisierbare Heilmittel beziehen und deren Absatzförderung dienen. Als produkt­bezogene Werbung hat die Rechtsprechung beispielsweise einen Massagesessel angesehen, der Apotheken für deren Kunden zur Verfügung gestellt wurde und mit der Marke mehrerer Schmerzmittel versehen war.

Keine Anwendung findet das Heilmittelwerberecht bei einer reinen Unternehmens-/Imagewerbung ohne Produktbezug. Die Abgrenzung erfolgt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs danach, „ob nach dem Gesamt­erscheinungsbild der Werbung die Darstellung des Unternehmens im Vordergrund steht (Firmen­werbung) oder die Anpreisung bestimmter oder zumindest individualisierbarer Arzneimittel (Absatzwerbung)“. Ist das Heilmittel nicht konkret benannt, ist also darauf abzustellen, ob nach dem Gesamterscheinungsbild der Werbung die angesprochenen Personen einen Produktbezug herstellen und die Werbung als Absatzförderung für bestimmte Produkte verstehen. Falls das Arzneimittel durch Angaben zu Wirkstoffen, Indikationsgebieten, Herstellern etc. identifiziert werden kann, ist das Heilmittelwerberecht anwendbar. Steht dagegen das Unternehmen im Mittelpunkt der Werbung und dient diese vorrangig dazu, sein Image zu verbessern bzw. seine Leistungspalette anzupreisen, scheidet eine Anwendung des Heilmittelwerberechts aus.

Um eine reine Unternehmens­werbung handelt es sich, wenn die Apotheke Werbung für ihr gesamtes Produktsortiment macht, ohne einzelne Produkte hervorzuheben. Ob die Bewerbung von Rabatten oder Boni für das gesamte Apothekensortiment Produkt- oder Unternehmenswerbung ist, war umstritten. Die jüngste Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat aber klargestellt, dass auch hier regelmäßig eine Produktwerbung vorliegt und die Vorgaben des Heilmittelwerberechts, insbesondere § 7 HWG (Zuwendungen und Werbegaben) zu beachten sind. Keine produktbezogene Werbung sind Verkaufs-/Beratungsgespräche in der Apotheke, in denen der Apotheker die erforderlichen Informationen und Ratschläge in Erfüllung seiner Beratungspflicht an den Kunden übermittelt. Erst wenn in dem Gespräch ein spezifisches Absatzinteresse hinsichtlich bestimmter Produkte in den Vordergrund tritt, ist eine Anwendung des Heilmittelwerberechts denkbar.

Gesetzliche Ausnahmen

Für bestimmte Konstellationen hat der Gesetzgeber in § 1 Absatz 4 bis 8 HWG ausdrücklich klar­gestellt, dass sie nicht der Absatzwerbung dienen. Erhält die Apotheke konkrete Anfragen zu bestimmten Arzneimitteln, unterfällt die Beantwortung dieser Anfrage nicht dem Heilmittelwerberecht. Voraussetzung ist, dass sich die Antwort konkret auf die Anfrage bezieht und keine darüber hinausgehenden werblichen Angaben enthält. In diesem Rahmen dürfen dann auch die Packungsbeilagen oder Fachinformationen übermittelt werden. Ebenfalls auf Anfrage übermittelt werden dürfen die Pflichtinformationen nach §§ 10-11a AMG. Erlaubt ist zudem, Fachinformationen im Internet zu veröffentlichen, wenn diese dem Internetnutzer erst angezeigt werden, nachdem er aktiv danach gesucht hat.

Eine weitere Ausnahme enthält das Heilmittelwerbegesetz für den Versandhandel. Es findet beim elektronischen Handel keine Anwendung auf das Bestellformular und die dort aufgeführten Angaben, soweit sie für eine ordnungsgemäße Bestellung notwendig sind.

Ebenfalls vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen sind Verkaufskataloge und Preislisten für Arzneimittel, die keine Angaben enthalten, die über die zur Bestimmung des jeweiligen Arzneimittels notwendigen Angaben hinausgehen.

Objekt der Werbung

Liegt nach diesen Maßgaben eine produktbezogene Absatzwerbung vor, ist das Heilmittelwerberecht anwendbar, wenn Werbung für eines der folgenden Objekte gemacht wird:

  • Arzneimittel,
  • Medizinprodukte,
  • andere Mittel, Verfahren, Behandlungen und Gegenstände, soweit sich die Werbeaussagen auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden bei Mensch oder Tier beziehen.

Unter „andere Mittel“ sind dabei kosmetische Mittel zu verstehen und unter „andere Gegenstände“ auch Gegenstände zur Körper­pflege. Wann immer sich die Absatzwerbung auf eines der genannten Werbeobjekte bezieht, muss eine Apotheke die Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes beachten. Nicht erfasst sind nach dem Wortlaut der Vorschrift Werbeaussagen zur Verhütung von Krankheiten, also mit einem rein präventiven Aussagegehalt.

Fazit und Ausblick

Werbemaßnahmen der Apotheken unterfallen häufig dem Heilmittelwerbegesetz. Macht die Apotheke Werbung für Rabatte zu bestimmten Arzneimitteln oder hebt sie die Vorzüge bestimmter Medizinprodukte hervor, hat sie die Vorgaben des Arzneimittelrechts zu beachten. Welche das im Einzelnen sind, wollen wir in den nächsten Wochen betrachten. Der nächste Beitrag wird sich mit den Grenzen von Zugaben und Geschenken in der Apotheke beschäftigen. |

Dr. Timo Kieser und Dr. Svenja Buckstegge, Oppenländer Rechtsanwälte Stuttgart

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