Gesundheitspolitik

Mehr Klarheit im Rahmenvertrags-Wirrwarr

Durch Definition von Parallelarzneimitteln endet zweite Importförderung

STUTTGART (jb) | Der seit Juli geltende Rahmenvertrag mit seinen neuen Substitutionsregelungen hat in den Apotheken für viel Unmut gesorgt: Etwa durch die zahlreichen Rücksprachen mit Arztpraxen, wenn wegen Nichtverfügbarkeit der Preisanker überschritten wurde. Und dann war da noch eine Regelung, die – wie sich schnell herausstellte – unabsichtlich in den Rahmenvertrag hineingeraten ist. Nämlich die, dass zwei wirkstoffgleiche patentgeschützte Originale (Co-Marketing) und ihre Importe in den Generikamarkt einsortiert werden – mit der Folge, dass ohne Rabattvertrag eines der vier preisgünstigsten Mittel abgegeben werden muss, zumeist ein Import. Die Sache mit dem Preisanker klärte sich vor einigen Wochen jedenfalls im Grundsatz: Bei Nichtverfügbarkeit eines Arzneimittels und in der Akutversorgung ist keine Rücksprache nötig – allerdings bestätigen Ausnahmen die Regel. Nun haben sich Deutscher Apothekerverband und GKV-Spitzenverband auch beim Co-Marketing auf Nachbesserungen geeinigt.

Die 2. Änderungsvereinbarung zum erst im Juli in Kraft getretenen Rahmenvertrag ist auf den Weg gebracht. Am 11. Dezember winkte sie die ABDA-Mitgliederversammlung durch, zum 1. Januar 2020 soll sie in Kraft treten.

Worum geht es? Nach der Definition in der bisherigen Fassung des Rahmenvertrags fielen Originale, die parallel von mehreren Herstellern vermarktet werden, in den Generikamarkt. Folglich musste, wenn es kein rabattiertes gab, eines der vier preisgünstigsten Mittel abgegeben werden – in der Regel ein Import. Damit kam es quasi zu einer zweiten Importförderung.

Neue Definitionen

Mit der jetzt erfolgten Nachbesserung gibt es nun erstmals eine Definition für Mehrfachvertrieb und Parallelarzneimittel. Ein neuer § 2 Abs. 15 besagt: „Mehrfachvertrieb im Sinne dieses Rahmenvertrages liegt dann vor, wenn ein patent­geschützter Wirkstoff durch einen oder mehrere pharmazeutische Unternehmer unter verschiedenen Handelsnamen vertrieben wird, ohne dass diese Arzneimittel die Voraussetzungen für eine Klassifikation als Importarzneimittel erfüllen. Arzneimittel, die im Mehrfachvertrieb vertrieben werden und die Aut-idem-Kriterien nach § 9 Absatz 3 erfüllen, werden in diesem Rahmenvertrag als Parallel­arzneimittel bezeichnet.“

Das Gegenstück zum Mehrfach­vertrieb ist übrigens der solitäre Markt, der patentgeschützte, von einem Hersteller vermarktete Originale umfasst, und damit der bisherigen Definition des import­relevanten Marktes entspricht.

Beide, sowohl Fertigarzneimittel im solitären Markt als auch Arzneimittel im Mehrfachvertrieb, bei denen die Abgabe eines rabattierten Fertigarzneimittels nicht möglich ist, werden nun explizit dem importrelevanten Markt zugeordnet. Im importrelevanten Markt ist, wenn es keinen Rabattvertrag gibt, grundsätzlich die Abgabe von Referenzarzneimitteln, Importarzneimitteln und preisgünstigen Importarzneimitteln möglich. Es darf jedoch nur ein Fertigarzneimittel ausgewählt werden, das nicht teurer ist als das namentlich verordnete. Das war bisher auch so, nur zählen jetzt auch die parallel vertriebenen Originale dazu. Bei denen ist aber zu beachten, dass wenn sie unter ihrem Wirkstoffnamen oder mit Handelsnamen, aber ohne Aut-idem-Kreuz verordnet werden, die Apotheke nur das jeweils preisgünstigste der Parallelarzneimittel abgeben darf. Das namentlich verordnete geht also nur, wenn es das günstigste Parallelarzneimittel ist. Ist ein parallel vertriebenes Original verordnet, ein anderes Parallelarzneimittel aber günstiger, muss Letzteres abgegeben werden. Kosten alle parallel vertriebenen Originale das Gleiche, hat man freie Wahl. Alternativ geht auch ein Import zum verordneten Arzneimittel oder Parallelarzneimittel, falls es nicht teurer als das preisgünstigste Parallelarzneimittel ist.

Auch bei der Berechnung der Importquote wird der Mehrfachvertrieb künftig berücksichtigt: In ­diesem Fall wird zur Berechnung der Einsparungen das Arzneimittel verwendet, das abzüglich der gesetzlichen Rabatte den geringsten für den Versicherten maßgeb­lichen Abgabepreis aufweist. Dies gilt erst ab 1. Februar 2020. |

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