Gesundheitspolitik

Bundestag spricht über Lieferengpässe

Rabattverträge bleiben Thema

BERLIN (ks/bro) | Arzneimittel­lieferengpässe sind für Bundes­gesundheitsminister Jens Spahn zu einem zentralen Thema avanciert: Es gehe um das Vertrauen in staatliche Entscheidungen und Funktionsfähigkeit, sagte er am vergangenen Donnerstag anlässlich der ersten Beratung des Faire-Kassenwettbewerb-Gesetzes (GKV-FKG) im Bundestag. Spahn und die Koalitionsfraktionen wollen mit diesem Vorhaben nicht nur den morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich neu und gerechter ­gestalten. Sie nutzen es auch, um über einen Änderungsantrag ein Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei Arzneimitteln anzuhängen. Dass dies ein sehr aktuelles Pro­blem sei, erfahre er immer wieder in Bürgerveranstaltungen, berichtete der Minister. „Das treibt mich um.“ Seine bisherige Lösung sieht als kurzfristig wirksame Maßnahmen unter anderem eine Stärkung der Bundesoberbehörden (BfArM und PEI) vor. Sie sollen mithilfe neuer Meldepflichten schneller und besser auf Engpässe reagieren können.

Zum Beispiel sollen die Behörden künftig mehrwöchige Lagerhaltungen oder auch Kontingentierungen anordnen können. Spahn wies aber auch darauf hin, dass er mittel- und langfristige Maßnahmen im Blick hat: Wenn Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft innehabe, wolle er sich dafür einsetzen, dass das EU-Vergaberecht so geändert wird, dass verstärkt eine Produktion in Europa stattfindet.

„Modifizierte Rabattver­träge“ bleiben Thema

In der Bundestagsdebatte äußerte sich der CDU-Abgeordnete Michael Hennrich zum Thema. Er sei „dankbar“, dass Spahn die Initiative seiner Fraktion aus dem September aufgegriffen habe – damals hatte Hennrich ein Positionspapier zu Engpässen entworfen, das die Unionsfraktion später beschloss. Ein Teil davon ist im Änderungsantrag aufgegriffen. Für Hennrich wichtig ist vor allem eine verbindliche Meldepflicht, die für mehr Transparenz sorgen soll. Aber er hat auch das Thema Rabattverträge noch nicht aufgegeben. Zwar will er an diesen nicht grundsätzlich rütteln – aber: „Wir müssen darüber nachdenken, ob wir die Rabattverträge modifizieren.“ So sollte man Vergabekriterien diskutieren und ob man doch zur Mehrfachvergabe komme. Diese Forderungen – explizit auch die Streichung von Exklusivver­trägen – hatte die Union bereits in ihrem Positionspapier aufgestellt. Ähnlich findet man sie auch in der SPD-Fraktion. Das Bundesgesundheitsministerium hat zwar bereits deutlich gemacht, dass es sich von der Abschaffung exklusiver Rabattverträge keine Lösung für die ­Engpässe verspricht. Doch für Hennrich ist hier das letzte Wort offenbar noch nicht gesprochen.

Heftige Kritik am Rabattvertragssystem übte der AfD-Abgeordnete Robby Schlund. „Ehrlich, gerade die Rabattverträge sind es, die Kostendruck und Lieferengpässe verursachen sowie den Wettbewerb in der Tat verzerren“, sagte er. Weil Deutschland Arzneien aus Schwellenländern beziehen müsse, mache es sich „erpressbar und abhängig“. Seine Fraktion fordert daher die „Modifizierung der Rabattverträge“: Zuschläge müssten an mindestens zwei Anbieter gehen und einer von diesen müsse das Fertigarzneimittel und den Wirkstoff in der EU herstellen lassen.

ABDA kritisiert 24-h-Regel

Am Tag vor der Debatte, nach der ABDA-Mitgliederversammlung, ­äußerte sich auch ABDA-Hauptgeschäftsführer Sebastian Schmitz zum Thema: Die ABDA begrüße grundsätzlich, dass die Koalition die Engpässe jetzt angehe – ebenso die Intention, die Apotheker durch mehr Austauschmöglichkeiten zu entlasten. Doch er stellte klar, dass die derzeit geplante 24-Stunden-Regel „hinter die Austauschmöglichkeiten zurückfalle, die die Apotheker schon jetzt durch den neuen Rahmenvertrag“ bekommen hätten. Darüber wolle man mit der Politik noch sprechen. |

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