Gesundheitspolitik

Was darf rein in die Amira-Box?

Wettbewerbszentrale erwirkt einstweilige Verfügung

BERLIN (ks) | Die Wettbewerbszentrale hat die Amira-Boxen für PTAs und anderes Apotheken-Fachpersonal ins Visier ­genommen. Der Grund: In der letzten Box befand sich eine ­Packung Ibuprofen.
Foto: Amira

PTAs werden eifrig umworben: Von Apotheken als unverzichtbare, aber oft rare Fachkräfte, von Unternehmen als wichtige Empfehlungsgeber für Apothekenkunden. Was letzteren Punkt betrifft, so ist dies zu einem Geschäftsmodell für Agenturen geworden, die Hersteller und Apothekenpersonal zusammenbringen: Die Communitys „Amira-Welt“ und auch die Konkurrenz „PTA in love“, die zu El Pato Medien gehört, sorgen dafür, dass die pharmazeutischen Fachkräfte regelmäßig über Produkte informiert werden – und im Gegenzug Bewertungen zu diesen Produkten abgeben. Zu ­ihrem Konzept gehört das Verschicken von Boxen, die gefüllt sind mit Infos und Produkten – in der Regel aus dem nicht apothekenpflichtigen Apothekensortiment. Wer testet und sein Urteil abgibt, sichert sich die nächste Box – und weitere Vorteile oder Gewinnchancen. Für die Hersteller ist dies eine persönliche Form der Werbeansprache, für die PTAs eine Möglichkeit, Produkte auszuprobieren und nette Extras mitzunehmen – und für die Unternehmen, die vermitteln, offensichtlich ebenfalls ein lohnenswertes Geschäft.

In die Amira-Welt geht es nur mit Berufsurkunde

Für die Teilnahme an der Amira-Welt muss man sich registrieren und durch Upload der Berufsurkunde als PTA oder Apotheker, PhiP oder PKA ausweisen. Damit will das Unternehmen sicherstellen, dass die Infos und Produkte tatsächlich nur an Fachpersonal gehen. In der zuletzt verschickten Amira-Box Gold fand sich dann erstmals ein apothekenpflichtiges Arzneimittel: ein Päckchen Ibuprofen. In der Box von „PTA in love“ fand sich dagegen in der ­Oktober-Box nur eine leere Grippostad-Complex-Packung. Das sorgte durchaus für Unverständnis bei den Community-Mitgliedern. Bewertet werden sollten hier die Optik und die beiliegenden ­Informationen.

Doch die bestückten OTC-Packungen sind es nun, die den Betreibern der Amira-Welt eine einstweilige Verfügung eingehandelt haben. Trotz aller Verifizierungsvoraussetzungen hält die Wettbewerbszentrale die Ibuprofen-Packung in der kostenlosen Box für unzulässig. Sie sieht vor allem einen Verstoß gegen § 43 Arzneimittelgesetz, wonach apothekenpflichtige Arzneimittel nur von Apotheken abgegeben werden dürfen, und gegen das heilmittelwerberechtliche Zuwendungsverbot (§ 7 HWG). Nachdem eine Abmahnung nicht fruchtete, beantragte der Wettbewerbsverein beim Landgericht Düsseldorf eine einstweilige Verfügung gegen Amira Media. Mit Erfolg.

Landgericht: Kein zulässiges Arzneimittelmuster

Das Landgericht untersagte Amira, „geschäftlich handelnd, apothekenpflichtige Arzneimittel zu versenden, ihren Versand zu bewerben oder solche Handlungen durch Dritte ausführen zu lassen“, so wie das bei der jüngsten Box geschehen ist. Die Wettbewerbszentrale hat nach Ansicht des Gerichts glaubhaft gemacht, dass ihr wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche zustehen. Es sei dokumentiert, dass Amira den kostenlosen Versand apothekenpflichtiger Arzneimittel bewirbt und daran fördernd mitwirkt. Die ­kostenfreie Abgabe von Medikamenten zu Werbe­zwecken sei aber durch § 7 HWG untersagt.

Ein Ausnahmetatbestand liege, so die Richter weiter, nicht vor: Es handele es sich bei dem hier in Rede stehenden Schmerzmittel nicht um einen Gegenstand von geringem Wert oder eine geringwertige Kleinigkeit. Auf die Ausnahme für zulässige Arzneimittelmuster (§ 47 Abs. 3 AMG) kann sich Amira dem Gerichtsbeschluss zufolge nicht berufen, weil „weder sie noch die Apotheke, mit der sie vertraglich verbunden ist, zu dem Kreis der Personen gehören, die danach Muster von Arzneimitteln unentgeltlich abgeben dürfen“. Auch lasse sich daraus, dass es außerhalb der Fachkreise verboten ist, mit unentgeltlichen Arzneimittel(mustern) zu werben (§ 11 Nr. 14 HWG), nicht der Umkehrschluss ziehen, innerhalb der Fachkreise sei dies erlaubt. § 11 HWG stelle für an Personen außerhalb der Fachkreise gerichtete Werbung weitere Begrenzungen auf, die über die Verbote des § 7 HWG hinausgehen.

Der Beschluss des Landgerichts Düsseldorf (Az.: 38 O 212/19) ist noch nicht rechtskräftig. Amira will sich gegen die einstweilige Verfügung verteidigen. |

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