Management

„Nein“ sagen – eine gute Option

Warum Sie auch bei kleinen Entscheidungen nicht unbedacht „Ja“ sagen sollten

Ein kleines, unbedachtes „Ja“ ist meistens nicht verhängnisvoll. Schwierig wird es nur, wenn wir eigentlich „Nein“ meinen. Passiert das öfter, reiht sich eine ungewollte Entscheidung an die nächste und das Leben läuft ganz anders als gedacht. Das finden Sie übertrieben? Vielleicht haben wir uns aber auch nur an das „Ja“-Sagen gewöhnt. Ein kurzes Plädoyer für vier hilfreiche Buchstaben. Von Anja Keck

Nehmen wir mich als Beispiel. Hätte ich nicht im richtigen Moment „Nein“ gesagt, wäre ich jetzt keine Apothekerin und Filialleiterin. Ich würde mich ungelernt um die Buchhaltung für einen kleinen Malerbetrieb kümmern. Genau das wurde von mir verlangt – von meinem damaligen Freund. Bestimmt ein schöner Job, nur eben nicht für mich. Ich wäre weit unter meinen Möglichkeiten geblieben und es hätte überhaupt nicht dem entsprochen, wofür mein Herz schlägt – nämlich für Menschen und Naturwissenschaften. Ein klares „Nein“ war der erste Schritt auf einem gut gelungenen Weg.

Im Allgemeinen gehen wir davon aus, dass unser Leben maßgeblich durch große Entscheidungen beeinflusst wird. Wer aber jeden Tag bei vielen kleinen Entscheidungen „Ja“ sagt und „Nein“ meint, verlässt seinen eigenen Gestaltungsspielraum Stück für Stück und lebt irgendwann nicht mehr selbst-, sondern fremdbestimmt. Eigentlich ist es eine einfache Sache. Wer „Ja“ sagt, kann auch „Nein“ sagen. Aber ein „Nein“ fällt vielen Menschen schwer und ehe sie sich versehen, hat ihnen wieder ein Kunde etwas aus den Rippen geleiert, sitzen sie bis spät abends im Büro oder nehmen ein verlockend scheinendes Angebot an, weil das „jeder“ tun würde. Aber um sich selbst treu zu bleiben, gilt es Grenzen zu setzen, frei zu denken und ggf. sogar Angebote auszuschlagen. Es reicht nicht, sein eigenes Leben nur dann und wann in die richtige Bahn zu lenken, sondern man muss sensibel dafür sein, dass es sich jeden Tag aufs Neue in ­diese Richtung entwickelt.

Foto: contrastwerkstatt – stock.adobe.com

Bestimme ich über mein Leben oder tun es andere? Dazu gehört eine gute Balance zwischen „Ja“- und „Nein“-Sagen und die nötige Konsequenz, wenn man sich für einen Weg entschieden hat.

Achtung „Ja“-Falle!

Manchmal kommt es einem vor, als würden die Kollegen, der Chef, die Freunde oder die Familie mit allen Tricks und Kniffen versuchen, einem ein „Ja“ abzuringen. Da wird fleißig geschmeichelt oder Sie werden als Helfer und Retter dargestellt, damit die anderen bekommen, was sie möchten. Weitere Spielvarianten sind Drohungen, das Vermitteln von Schuldgefühlen, die Betitelung als unkollegial oder faul sowie der Appell an das Verantwortungsbewusstsein.

„Everybody‘s darling is everybody‘s Depp.“

Franz-Josef Strauß

Ob auf Druck oder Verführung, auf irgendwas reagieren wir an­fällig. Es ist hilfreich zu erkennen, auf welche „Maschen“ wir (auch wenn diese nicht böse gemeint sind) am ehesten reinfallen. Aus welchem Grund sagen Sie „Ja“ und lassen zu, dass diese Gefühle – bewusst oder unbewusst – von den Mitmenschen ausgenutzt werden?

Das ungute Gefühl beim Nein

Wenn Sie eine Bitte, die an Sie herangetragen wird, verweigern, wird das in vielen Fällen mit einem unguten Gefühl einhergehen. Das kann unterschiedliche Ursachen haben. Die Angst vor Ablehnung oder nicht mehr dazuzugehören, aber auch die Sorge, die Beziehung zu stark zu belasten. (Obwohl: Wer ist egoistischer? Derjenige, der eine Bitte ausschlägt, oder derjenige, der seine Sympathien davon abhängig macht, wer nach seiner Pfeife tanzt? Sie müssen nicht von jedem gemocht werden. Franz-Josef Strauß fasste das in einem treffenden Satz zusammen: „Everybody‘s darling is everybody‘s Depp.“

Andere Gründe können die Angst vor Konsequenzen, das Gefühl ­etwas zu verpassen oder falscher Stolz sein. Irgendein Grund lässt sich immer finden, um „Ja“ zu ­sagen. Meistens werden die vermeintlichen Horrorszenarien, die ein „Nein“ mit sich bringen würde, als Mahnung von unserem Gehirn direkt mitgeliefert.

„Ja“ – der Wolf im ­Schafspelz

„Ja, ich will.“ Ein kleiner, mit viel Glück assoziierter Satz, an dem es eigentlich nichts auszusetzen gibt? Oh doch. Wenn Sie ungern „Nein“ sagen, müssten Sie aufhorchen. Dieses „Ja“ bedeutet, (vorerst) nicht mehr als Lebenspartner zur Verfügung zu stehen für alle diejenigen, die sich noch auf der Suche befinden. Es ist ein ­zigfaches „Nein“ und illustriert, dass „Ja“ und „Nein“ nicht zwingend Gegensätze sind, sondern sich bedingen. Ein „Ja“ zu einer Fortbildung ist ein „Nein“ zum parallel stattfindenden Segeltörn. Nicht jede Entscheidung ist leicht, aber zu jedem „Nein“ gibt es immer auch ein „Ja“ zu entdecken. Ein „Ja“ zu dem, was man selbst möchte.

Eine Vision entwickeln

Die Frage sollte nicht sein: „Warum fällt es mir schwer, ‚Nein‘ zu sagen?“, sondern: „Aus welchem Grund sollte es mir leichtfallen?“ Dabei hilft das Bewusstsein über die Beziehung zwischen „Ja“ und „Nein“ sowie die Klarheit über die eigenen Bedürfnisse, Träume und Ziele, also über die Vision Ihres Lebens und wie andere mit Ihnen umgehen sollen.

Bevor Sie also eine Entscheidung treffen, nehmen Sie sich eine kurze Auszeit und fragen Sie sich, warum Sie angeblich nicht „Nein“ sagen können. Wie soll Ihr Leben aussehen? Wer keine Idee hat, wie sein Leben aussehen soll, wird es wahrscheinlich auch nicht schützen können und nicht die Entscheidungen treffen, die den Weg ebnen.

Ein Nein kann so schön sein

Wenn Sie sich dafür entschieden haben, öfter mal das „Nein“ als Gestaltungsmedium für Ihr eigenes Leben zu nutzen, können Sie das am besten höflich und mit ­offenen, ehrlichen Worten tun.

1. Verständnis zeigen und Alternativen suchen. Es ist Samstag und einem Kunden ist sein Medikament ausgegangen. Er steht in der Apotheke und hätte gerne „nur so zwei Tabletten zur Überbrückung bis Montag“ von Ihnen. Verständnis für den Wunsch bringt Sie in der Kommunikation mit dem Kunden weiter, nachgeben können Sie trotzdem nicht. Aber Sie können mit ihm Alternativen entwickeln, wie den Besuch beim notdiensthabenden Arzt.

2. Das Nein begründen. Natürlich kann ein „Nein“ auch für sich stehen und braucht keine Rechtfertigung. Allerdings hilft eine ­Begründung dem Gegenüber zu verstehen, dass es nichts mit ihm persönlich zu tun hat, sondern ­etwas anderes ursächlich für die Entscheidung ist.

3. Sich bedanken. Wenn Sie jemand um Hilfe oder Unterstützung bittet, ist das immer ein Kompliment, schließlich wird ­Ihnen einiges zugetraut. Da ist es angebracht, sich für dieses Vertrauen zu bedanken, auch wenn man z. B. aus zeitlichen Gründen diese Aufgabe nicht ­annehmen kann.

4. Ein klares „Jain“. Besteht eine Bitte aus mehreren Facetten, ist es u. U. möglich, einen Teil zu erfüllen und den anderen Teil nicht. Wenn Sie z. B. im Moment keine Zeit haben, aber am nächsten Tag schon, wäre das für die Kollegin vielleicht auch schon eine Hilfe.

5. Um Verständnis bitten.

Einem Bittenden ist nicht in jedem Fall bewusst, welche Folgen ein Ent­gegenkommen für Sie hätte. Mit einer Erläuterung plus der Frage: „Was würden Sie an meiner Stelle tun?“ können Sie beim Gegenüber Verständnis für Ihre Situation wecken. Dann ist die Bitte unter Umständen schnell vom Tisch und derjenige sucht nach einer Alternative.

Wenn Sie sich selbst und Ihre Art zu leben nicht wertschätzen, wird es ­niemand anderes tun.

Wichtig ist, konsequent zu bleiben. Wenn Sie sich doch im Nachhinein überreden lassen, haben Sie nichts gewonnen, sondern nur Zeit durch die Diskussion verloren.

Es gibt auch Menschen, die das „Nein“ im Übermaß nutzen in der Hoffnung, so ihr Ziel schneller zu erreichen. Notorisches „Nein“-Sagen führt aber eher dazu, den Zuspruch hilfreicher Partner zu verlieren, was es dann wieder müh­samer macht. Es geht um die gesunde Balance zwischen „Ja“ und „Nein“, um das Treffen guter Entscheidungen und um die Wertschätzung sich selbst gegenüber.

Ausblick

Wenn Sie sich also schwertun, „Nein“ zu sagen, können Sie Ur­sachenforschung betreiben oder es einfach mal ausprobieren. Sie gönnen sich bei der nächsten ­Gelegenheit (in der Sie üblicherweise „Ja“ sagen) ein „Nein“ und ­bleiben bei diesem Standpunkt. Nehmen Sie es mit Leichtigkeit. Sie werden merken, dass sich ­keine der Horrorszenen abspielen wird, die Sie sich in Ihrem Kopf ausgemalt haben. Sie werden höchstens Ihrem Profil mehr ­Ausdruck geben und sich ein ­wenig von dem Respekt zurückholen, der Ihnen gebührt. Wenn Sie sich selbst und Ihre Art zu ­leben nicht wertschätzen, wird es niemand anderes tun. |

Anja Keck ist Fachapothekerin für Allgemeinpharmazie, 
Filialleiterin, Master-Coach (DGfC) und Systemische Beraterin

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