Gesundheitspolitik

Hermann wettert gegen Unionspläne

Chef der AOK BaWü: Kein Zusammenhang zwischen Lieferengpässen und Rabattverträgen

BERLIN (bro) | Das Thema Lieferengpässe nimmt an Fahrt auf. In der vorvergangenen Woche war der Entwurf eines Positionspapiers der Unionsfraktion bekannt geworden. Jetzt konterte die AOK Baden-Württemberg mit einem eigenen Positions­papier. Kassenchef Dr. Christopher Hermann meint dazu in einer Pressemeldung, die Union lasse sich von der Pharmalobby einlullen.

In ihrem noch nicht abgestimmten Papier schlägt die Unionsfraktion u.a. Änderungen im Rabattvertragssystem vor. So sollen nach den Ausschreibungen künftig ­immer mindestens zwei Firmen bezuschlagt werden. Um kleinere Apotheken auf dem Land logistisch zu entlasten, sollen die Verträge zudem kassenübergreifend und auf regionaler Ebene ausgeschrieben werden. Denn: Die Apotheken wendeten viel Zeit und Geld dafür auf, die Medikamente aufgrund der Vielzahl der Rabattverträge zu beschaffen. Der Vorschlag würde das Ende der kassenspezifischen Rabattverträge bedeuten – AOK, Ersatzkassen, BKKen etc. müssten dann gemeinsam einen Rabattvertrag mit dem Hersteller unterschreiben.

Kassenübergreifende Verträge „gänzlich inakzeptabel“

Hermann, der die Rabattverträge seinerzeit entscheidend mitentwickelt hat, verteidigt das Rabattvertragssystem. Die Pharmalobby ­„lulle die Politik immer wieder mit dem Märchen ein“, dass Rabattverträge Engpässe auslösten. Der AOK-Chef weist darauf hin, dass der deutsche Arzneimittelmarkt am globalen patentfreien Arzneimittelmarkt einen Anteil von 4 Prozent hat. Davon werde wiederum nur ein Teil durch Arzneimittelrabattverträge gesteuert. „Selbst eine große Krankenkasse wie die AOK Baden-Württemberg beeinflusst letztlich weniger als ein Zwanzigstel dieser 4 Prozent. Und dieser Bereich soll jetzt verantwortlich sein, für Engpässe, die im Weltmaßstab auftreten, nur damit die Hersteller sich weiterhin aus der Pflicht stehlen können?“, fragt Hermann.

Die kassenübergreifenden, regionalen Rabattverträge bezeichnet Hermann als „gänzlich inakzeptabel“. „So bildet man Kassenkartelle auf der einen Seite und Pharmamonopole auf der anderen. Eine wettbewerbsfeindlichere Konstellation ist schwerlich vorstellbar.“ Der AOK-Chef will auch an dem System der überwiegend exklusiv vergebenen Zuschläge nichts ­ändern. Gerade mit solchen Ausschreibungen habe man bei der Einführung der Rabattverträge ­einen „fairen Wettbewerb“ auf einem Markt hergestellt, wo zuvor nur „Oligopole“ der Konzerne die Preise diktierten.

Kein Verständnis hat die AOK für die von der Union gewünschte ­Entlastung insbesondere von kleineren Landapotheken. In dem ­Positionspapier der Kasse heißt es dazu: Der Bestellaufwand kleiner Apotheken auf dem Land richte sich nicht nach dem Rabattstatus einzelner Arzneimittel. Vielmehr erfolgten der Bestellvorgang wie auch die Lagerhaltung in der Realität „digital und praktisch per Knopfdruck“. |

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