Wirtschaft

Warnung vor einem No-Deal-Brexit

Pharma-Verbände fürchten Lieferschwierigkeiten bei Begrenzung des Warenverkehrs

cha | Nachdem das britische Unterhaus am vergangenen Dienstag dem von Premierministerin May ausgehandelten Brexit-Abkommen mit der EU eine klare Absage erteilt hat, steigt die Gefahr eines ungeregelten Austritts Großbritanniens aus der EU. Was bedeutet das für den Arzneimittelmarkt?

Falls der bis zum heutigen Montag von Theresa May in Aussicht gestellte „Plan B“ für den EU-Austritt nicht zum Ziel führt, könnte es am 29. März zu einem harten Brexit kommen – ohne Abkommen mit der EU und ohne Übergangsfrist.

Sollte dies tatsächlich eintreten, befürchtet der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e. V. (BAH) chaotische Zustände. Wie der BAH gegenüber der AZ näher ausführte, sei insbesondere mit Lieferver­zögerungen zu rechnen. Die Hersteller- und Lieferketten innerhalb der EU seien sehr verflochten, Arzneistoffe, Verpackungen, Fertigarzneimittel etc. gingen zum Teil hin und her über die Grenzen. Bei einem harten Brexit komme dieser Zyklus insgesamt aus dem Takt, da Großbritannien dann als Drittland behandelt werde und neue Formalitäten und Zölle zu Verzögerungen führen dürften.

Bezüglich der Zulassungen gibt der BAH allerdings Entwarnung: Zentrale Zulassungen bei der EMA gelten in der EU weiter, die Briten wandeln diese in britische um. Auch dezentrale – also auf ausgewählte EU-Staaten beschränkte – Zulassungen gelten weiter. Allerdings müssen die Unternehmen bei Zulassungen, in denen Großbritannien die Rolle als Reference Member State innehat, diese Aufgabe auf einen anderen EU-Mitgliedstaat übertragen.

Auch der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e. V. (BPI) warnt vor chaotischen Zuständen; er fordert, dass Großbritannien für klare Verhältnisse sorgen müsse.

vfa: Stresstest steht bevor

Laut dem Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) werden bislang jährlich 1 Mrd. Arzneimittelpackungen zwischen dem Vereinigten Königreich und den übrigen EU-Staaten gehandelt. Probleme sieht der vfa aber vor allem in Groß­britannien: Das Vereinigte Königreich könne „den bevorstehenden Stresstest für das Gesundheitssystem und die Wirtschaft wesentlich schwerer wegstecken als die große Europäische Union“. Komme der Warenstrom auch nur teilweise zum Erliegen, entstünden nicht nur wirtschaftliche Probleme, es drohten auch medizinische Engpässe.

Der europäische Verband EFPIA teilte schon im Vorfeld der Abstimmung mit, dass man mit „sehr realen, konkreten und unmittelbaren Bedrohungen der Patientensicherheit“ in Großbritannien und der EU rechne. In der Mitteilung schlägt der Verband eine Reihe von Maßnahmen vor, die die Arzneimittelversorgung gewährleisten sollen.

Bundesregierung rechnet nicht mit Engpässen

Die Bundesregierung sieht die Lage indessen entspannt: „Wir rechnen nicht mit Engpässen“, versicherte laut dpa eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums am Mittwoch in Berlin. Voraussetzung sei allerdings, dass die betroffenen Pharmaunternehmen ihrer Verantwortung bei der Zulassung von Arzneimitteln nachkämen. |

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