Wirtschaft

USA: Pharmafirmen zahlen für Opioid-Krise

Johnson & Johnson zu mehr als einer halben Million Dollar Strafzahlung verurteilt / Purdue Pharma strebt offenbar Vergleich an

cha | In den USA werden aktuell diejenigen Pharmaunternehmen zur Rechenschaft gezogen, die durch aggressive und verharmlosende Vermarktung von starken Schmerzmitteln die sogenannte Opioid-Krise ausgelöst haben sollen.

Vergangenen Montag wurde der US-Pharmakonzern Johnson & Johnson von einem Richter in Oklahoma dazu verurteilt, wegen seiner Rolle in der Opioid-Krise 572 Millionen Dollar zu zahlen. Das Geld soll dazu beitragen, die Kosten des Bundesstaats für die Suchtbekämpfung abzudecken. Richter Thad Balkman führte, so ein Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, diverse statistische Daten an: Danach wurden im Jahr 2015 in Oklahoma mehr als 326 Millionen Tabletten mit stark schmerzlindernden Substanzen ausgeliefert, rechnerisch waren dies 110 für jeden Erwachsenen. Im Jahr 2017 litten mehr als vier Prozent aller Neugeborenen, die unter ein öffentliches Gesundheitsprogramm fielen, unter einem Neonatalen Abstinenzsyndrom. Dazu geführt hätte, so der Richter, die „falsche, irreführende und gefährliche Marketingkampagne“ des Unternehmens.

Als Hauptverursacher der Opioid-Krise wird in den USA allerdings nicht Johnson & Johnson, sondern das Unternehmen Purdue angesehen, dessen bekanntestes Produkt das Schmerzmittel Oxycontin auf der Basis von Oxycodon ist. Doch Purdue Pharma hatte, um einen Prozess in Oklahoma zu vermeiden, einem außergerichtlichen Vergleich zugestimmt und sich zur Zahlung von 270 Millionen Dollar bereit erklärt. Auch der israelische Wettbewerber Teva wollte lieber 85 Millionen Dollar bezahlen, als möglicherweise verurteilt zu werden.

Mehr als 2000 Klagen wurden eingereicht

Johnson & Johnson hat laut der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ angekündigt, gegen das Urteil Berufung einzulegen. Es habe die Opioid-Krise nicht verursacht und die Epidemie sei eine „komplexe Angelegenheit“. Das Unternehmen sei aber offen dafür, weitere Fälle mit einem Vergleich beizulegen. Denn Oklahoma ist erst der Anfang: Mehr als 2000 Klagen wurden von Bundesstaaten und Gemeinden gegen die Arzneimittelbranche eingereicht.

Auch Purdue Pharma scheint das Risiko der anstehenden Prozesswelle zu scheuen. Wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet, steht das Unternehmen offenbar vor einem milliardenschweren Vergleich. Die Eigentümerfamilie Sackler habe sich mit den Behörden auf ein Paket im Volumen von mehr als elf Milliarden US-Dollar (rund zehn Mrd. Euro) geeinigt, sollen mit der Angelegenheit vertraute Personen geäußert haben. Danach wird die Firma in die Insolvenz geschickt und in eine Stiftung der öffentlichen Hand überführt. Zudem wird die deutsche Tochtergesellschaft Mundipharma verkauft.

Die Familie Sackler selbst, die den Hersteller seit Anfang der 1950er-Jahre besitzt und für ihre zahlreichen Aktivitäten als Kultursponsoren bekannt ist, soll drei Milliarden Dollar beisteuern.

Die insgesamt rund 11,5 Milliarden Dollar werden für die Entschädigung von Opfern der Schmerzmittel-Welle eingesetzt. Im Gegenzug sollen rund 2000 Klagen von Städten, Bezirken und Bundesstaaten und damit ein Großteil der derzeit gegen Purdue laufenden Verfahren eingestellt werden.

Laut der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ hat Purdue Pharma selbst allerdings bislang nur bestätigt, dass es im engen Austausch mit den Klägern an einer globalen Lösung arbeite. |

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