Gesundheitspolitik

Wenig Hoffnung auf Gleichpreisigkeit

BERLIN (bro) | Die Verbände­anhörung zum Apotheken-Stärkungsgesetz gab wenig Anlass zu hoffen, dass die Gleichpreisigkeit noch zu retten ist.

Am vergangenen Donnerstag fand im Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Verbändeanhörung zum geplanten Apotheken-Stärkungsgesetz statt. Dabei konnten die geladenen Fachverbände die in den schriftlichen Stellungnahmen aufgeschriebenen Forderungen nochmals konkretisieren, das BMG hatte die Möglichkeit nachzufragen.

Was den Zeitplan betrifft, sieht das Ministerium nach Informa­tionen von DAZ.online trotz der Beschwerden aus zwei anderen Ressorts offenbar keinen Grund nachzulassen. Noch vor der Sommerpause, also im Juni, soll das Vorhaben ins Kabinett. Die erste Lesung im Bundestag soll im September erfolgen. Ende dieses Jahres oder Anfang 2020 könnte das Apotheken-Stärkungsgesetz dann in Kraft treten.

Für die Apotheker ist der wichtigste Aspekt des Gesetzes sicherlich die Gleichpreisigkeit. Zur Erinnerung: Das BMG will die Rx-Preisbindung für EU-Versender aus dem Arzneimittelgesetz (AMG) streichen und sie ins SGB V überführen. Näheres zur Rx-Preisbindung soll dann im Rahmenvertrag zwischen Apothekern und Kassen festgelegt werden – unter anderem auch die Sanktionsmöglichkeiten. Laut Entwurf sollen empfindliche Geldstrafen drohen, wenn ein Versorgungsteilnehmer gegen die Preisbindung verstößt.

Dem Vernehmen nach drehte sich die Debatte im BMG auch länger um genau diese Konstruktion. Die ABDA – vertreten durch Geschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz und Chefjurist Lutz Tisch – soll deutlich klargestellt haben, dass man die Gleichpreisigkeit erhalten wolle und daher den AMG-Satz nicht streichen dürfe. Unterstützung bekam die ABDA vom PKV-Verband, der – wie in seiner Stellungnahme – vor den Auswirkungen einer kippenden Rx-Preis­bindung gewarnt haben soll. Der PKV-Vertreter erinnerte das Ministerium auch nochmals daran, dass der fixe Arzneimittelpreis die Grundlage für die Berechnung anderer Rabatte ist, wie etwa vom siebenprozentigen Herstellerrabatt.

Rechtssichere Formulierung für Rx-Preisbindung gesucht

Das BMG ließ sich offenbar nicht in die Karten schauen – allerdings hatte das Ministerium den Apothekern schon am vergangenen Mittwoch mitgeteilt, dass man auf das EU-Vertragsverletzungsverfahren reagieren müsse und eine Streichung des AMG-Satzes zur Gleichpreisigkeit nicht mehr zu verhindern sei. Dr. Thomas Müller, der die Arzneimittel-Abteilung im BMG leitet, soll aber signalisiert haben, dass die Vorschläge seines Hauses zur Rx-Preisbindung durch­aus nochmals korrigiert werden könnten. Derzeit befinde man sich in der Ressortabstimmung, um eine rechtssichere Formulierung ins Kabinett einbringen zu können, soll Müller dem Vernehmen nach gesagt haben. Sowohl das Wirtschafts- als auch das Justiz­minis­terium hatten zuvor schon juris­tische Bedenken angemeldet. Den beiden Ministerien gehen die Vorschläge des BMG nach dem EuGH-Urteil offenbar nicht weit genug.

Die Vertreter des GKV-Spitzenverbandes haben weitere Bedenken zum Thema Gleichpreisigkeit eingebracht. Aus Sicht des Kassen­verbandes ist es offenbar sehr schwierig, das vom BMG geplante Sanktionierungssystem ins SGB V aufzunehmen. Auch der Apothekenrechtsexperte Dr. Elmar Mand hatte schon auf der Interpharm in Stuttgart hinterfragt, wie man die Kassen mit dem SGB V dazu zwingen will, eventuelle Boni-Angebote von EU-Versendern zu sanktionieren. Zur Erinnerung: Schon jetzt ist das Rx-Boni-Verbot eigentlich Bestandteil des Rahmenvertrages zwischen Kassen und Apothekern. Der GKV-Spitzenverband hatte nach dem EuGH-Urteil aber mehrfach erklärt, DocMorris nicht sanktionieren zu wollen.

Erheblichen Gesprächsbedarf soll es bei der Sitzung auch zu den pharmazeutischen Dienstleistungen gegeben haben. Das BMG kündigte offenbar an, dass man im Gesetzentwurf nochmals näher konkretisieren wolle, um welche Dienstleistungen es sich handeln soll. Die Bundesapothekerkammer hatte drei Leistungsmodule entwickelt: Screenings, Medikationsanalyse und Arzneimittelberatung von Pflegebedürftigen. Im Entwurf werden die Dienstleistungen derzeit aber nicht näher konkretisiert. Zur Vergütung der Apotheker soll ein Fonds eingerichtet werden, der pro Packung mit 20 Cent gefüllt werden soll, das entspräche einer Jahresvergütung von insgesamt etwa 150 Millionen Euro.

Als eine mögliche Leistung soll das BMG am 23. Mai 2019 auch die Beratung von Menschen mit geringer Gesundheitskompetenz ins Spiel gebracht haben. Demnach könnten zukünftig Apo­theker solchen Menschen allgemeine Gesundheitsinformationen vermitteln.

Der GKV-Spitzenverband hat – wie auch schon in seiner Stellungnahme – die Vergütung der Apotheker hinterfragt. Unklar ist den Kassen, wie das Geld verteilt werden soll. Offenbar sorgen sich die Krankenkassen darum, dass nur wenige Apotheken die Leistungen anbieten und somit einzelne Apotheken sehr viel Geld abrechnen, während andere gar nicht davon profitieren.

EU-Versender wollen auch Dienstleistungen anbieten

Immer wieder soll es auch zu Nickligkeiten zwischen den ABDA-Vertretern und Max Müller, der bei der Anhörung den Verband der EU-Versender (EAMSP) vertrat, gekommen sei. Müller, der auch Vorstandsmitglied bei DocMorris ist, hat sich dem Vernehmen nach dafür ausgesprochen, die pharmazeutischen Dienstleistungen möglichst barrierefrei auszugestalten – offenbar schwebt dem EAMSP vor, dass auch die EU-Versender die Dienstleistungen anbieten könnten.

Mehrfach soll Müller auch auf die Grundaussagen des EuGH-Urteils von 2016 hingewiesen und davor gewarnt haben, Regelungen zu treffen, die dem Urteil nicht gerecht werden. Christian Buse, Chef des Verbandes Deutscher Versandapotheken (BVDVA) hat bei der Sitzung nochmals für sein Höchstpreismodell geworben. |

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