Gesundheitspolitik

Automat in Hüffenhardt: Illegale Apotheke oder Versandhandel?

OLG Karlsruhe will im Berufungsverfahren das Urteil am 15. Mai verkünden

KARLSRUHE (eda) | Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will den Betrieb von Arzneimittel-Automaten in Deutschland grundsätzlich verbieten. Einen entsprechenden Paragrafen, der schon inoffiziell als „Lex Hüffenhardt“ bezeichnet wird, hat er in seinen aktuellen Referentenentwurf eingearbeitet. Unabhängig davon wurde vor dem Oberlandesgericht Karls­ruhe in insgesamt sechs Berufungsverfahren über den DocMorris-Automaten im baden-württembergischen Hüffenhardt weiterverhandelt.

Dabei ging es wieder um die Frage, ob der Arzneimittel-Automat nun eine besondere Form des Versandhandels oder eine Apotheke ohne Betriebserlaubnis darstellt. Es geht also um die Abgrenzung von § 43 des Arzneimittelgesetzes (AMG) über die Apothekenpflicht zu § 73, der es ausländischen Apotheken unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, Arzneimittel nach Deutschland zu verbringen und so Versandhandel zu betreiben. Während die Kläger, also die einzelnen Apotheker und der Landesapothekerverband Baden-Württemberg (LAV), argumentieren, DocMorris verstoße mit seiner Arzneimittelabgabestelle u. a. gegen § 43 AMG, sieht der niederländische Versender sein Geschäftsmodell durch § 73 gerechtfertigt. Für den niederländischen Versender handelt es sich bei dem Kon­strukt um einen einzigen Abgabeprozess, der in Heerlen beginnt und in Hüffenhardt endet.

Der Fall Hüffenhardt

Im April 2017 hatte der niederländische Arzneimittelversender DocMorris einen Arzneimittel-Automaten in der 2000-Seelen-Gemeinde Hüffenhardt (Baden-Württemberg) aufgestellt und in Betrieb genommen. DocMorris machte stets deutlich, dass mit dem Automaten keine (illegale) Apotheke, sondern eine besondere Form des Versandhandels betrieben werde.

Eine Rechtsauffassung, die weder die Behörden noch die Gerichte teilten. So ordneten das Regierungspräsidium Karlsruhe und das Landgericht Mosbach (LG) die Schließung dieser Arzneimittel­abgabestelle an. In erster Instanz bestätigten bis Ende 2017 mehrere Urteile des LG Mosbach die Schließung. DocMorris erkannte die gerichtlichen Verbote jedoch nicht an und legte Berufung ein. Alle sechs Verfahren wurden daher am vergangenen Mittwoch vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) neu aufgerollt. Immerhin machte der Vorsitzende Richter deutlich, dass ein Apotheker mit deutscher Betriebs- und Versandhandelserlaubnis den Arzneimittelautomaten in Hüffenhardt nicht betreiben dürfe. Warum also DocMorris?

Verstoß gegen Europarecht?

Zunächst stellte der DocMorris-Anwalt klar, dass für inländische Apotheker mit Versandhandels­erlaubnis im Gegensatz zu den EU-Versendern ohnehin § 11a der Apothekenbetriebsordnung gelte. Dieser Paragraf listet konkrete Anforderungen an den Versand von Arzneimitteln aus öffentlichen Apotheken auf. Für den grenzüberschreitenden Arzneimittelversandhandel würden jedoch unionsrechtlich andere Spielregeln gelten. So habe der Europäische Gerichtshof 2016 ja auch geurteilt, dass es keine deutsche Arzneimittelpreisbindung für EU-Versender geben dürfe. Außerdem müssten Wettbewerbsnachteile zwischen deutschen Präsenzapotheken und den Versandhändlern so klein wie möglich gehalten werden. Im konkreten Fall würde DocMorris „nichts anderes als Versandhandel“ betreiben. Dieser beginne im Logistikzentrum in Heerlen und würde – bevor er den Kunden erreicht – in Hüffenhardt nur eine Zwischenstation machen. Dort stelle das Arzneimittellager also einen antizipierten Bedarf dar. Die Bestellung würde – wie beim klassischen Versand – auch online nach Heerlen übertragen. Das Konstrukt sei somit von der niederländischen Versandhandels­erlaubnis gedeckt. Damit verstoße die Schließung gegen Europarecht.

Die Anwälte der Apotheker und des LAV hielten dagegen, dass es sich bei dem Lager in Hüffenhardt nicht um eine Abholstation bestellter Arzneimittel handeln würde. Vielmehr würden sich die Arzneimittel bis zur eigentlichen Abgabe in nicht genehmigten und überwachten Apothekenbetriebsräumen befinden. So bestünde jederzeit die Gefahr, dass sie durch Dritte manipuliert oder durch Temperatureinflüsse qualitativ beeinträchtigt werden könnten. Eine stichprobenartige Überprüfung, wie sie in Apotheken täglich statt­findet, könnte der Betreiber nicht gewährleisten.

Das OLG Karlsruhe wird in allen sechs Verfahren über die Zulässigkeit des Automaten in Hüffenhardt am 15. Mai entscheiden. Prozessbeobachter gehen davon aus, dass auch die OLG-Richter die Schließung des Arzneimittel-Automaten für rechtens halten. |

Buchtipp

Sabine Wesser / Valentin Saalfrank

Arzneimittel Automat Hüffenhardt

Ist die Abgabe apothekenpflichtiger Arzneimittel über ein „stationäres Terminal“ mit Video-Beratung zulässig?

Reihe Arzneimittel & Recht, Wissenschaftliche Verlags­gesellschaft Stuttgart.
ISBN 978-3-8047-3762-4. 78 Seiten. Preis: 19,80 Euro. Erhältlich auch als E-Book.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.