Gesundheitspolitik

Doch kein Rx-Versand in Polen

Deutscher Konflikt als Grund

BERLIN (bro/az) | Die deutsche Politik kann sich zwar nicht zu einem Versandverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel durchringen – doch die hierzulande geführten Auseinandersetzungen rund um den grenzüberschreitenden Arzneimittelversand zeigen nun Auswirkungen im Nachbarland: Vergangene Woche meldeten verschiedene polnische Medien, dass die von der nationalkonservativen PiS-Partei geführte Regierung von ihren Plänen Abstand nimmt, den Rx-Versand teilweise zuzulassen.

Bislang gelten in Polen ähnliche Regeln wie in den meisten anderen europäischen Staaten: Der OTC-Versand ist zwar erlaubt, der Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Präparaten und Medizinprodukten aber strengstens untersagt. Dies wollte die polnische Regierung eigentlich ändern. Geplant war, dass nicht mobile und behinderte Menschen auch Rx-Arzneimittel über den Versandhandel bestellen dürfen. Doch die Entwicklungen im Versandhandelskonflikt in Deutschland haben nun offenbar zu einem Umdenken geführt. 

Die beabsichtigte Regelung in Polen sollte Patienten mit Behindertenausweis ermöglichen, Rx-Arzneimittel künftig auch im Versandhandel zu erhalten. Dass sie verabschiedet wird, galt als so gut wie sicher, es stand nur noch eine Abstimmung im Gesundheitsausschuss und dann im Plenum des Sejm (eine der beiden Kammern in der Nationalversammlung) an. Das Inkrafttreten des Gesetzes war für den 1. Juli dieses Jahres geplant.

Änderungsantrag in letzter Minute

Doch nun hat die PiS-Partei quasi in letzter Minute einen Änderungsantrag zu dem geplanten Arzneimittelgesetz in den Gesundheitsausschuss eingebracht. Dieser sieht vor, die vorgesehenen Regelungen zur Ermöglichung des Rx-Versandhandels komplett zu streichen. Da die PiS-Partei eine knappe absolute Mehrheit im Sejm besitzt, wurde dieser Antrag angenommen.

Sehr spannend ist die Begründung der Regierung dazu: Die polnische Apotheker-Zeitschrift „mgr.farm“ berichtet, dass der stellvertretende Gesundheitsminister Janusz Cieszyński bei der Besprechung im Gesundheitsausschuss die Entscheidung seiner Partei ausschließlich mit den derzeitigen Entwicklungen in Deutschland begründet habe. Demnach soll Cieszyński zwar erklärt haben, dass seine Partei weiterhin ermöglichen wolle, dass behinderte und nicht mobile Menschen einen besseren Zugang zu Arzneimitteln erhalten sollen. „Internationale Entwicklungen“ hätten aber dazu geführt, dass man dies nicht über eine Aufhebung des Rx-Versandverbotes erreichen wolle.

Polen blickt auf deutsche Apotheken-Demo

Laut „mgr.farm“ hat Cieszyński auf das derzeit laufende Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik wegen der Rx-Preisbindung für EU-Versender hingewiesen. Die Fachzeitschrift fügt in ihrem Artikel dann den Satz hinzu: „Wir möchten Sie daran erinnern, dass das vom stellvertretenden Gesundheits­minister erwähnte Problem der Grund war, warum Hunderte Apotheker in Berlin öffentlich protestiert haben.“ Tatsächlich hatte die Zeitschrift schon gleich nach der Demonstration am 24. März ausführlich über die Aktion #rettedeineapotheke berichtet.

Cieszyński erklärte mit Blick auf das EU-Vertragsverletzungsverfahren: „Wir können keine Situationen schaffen, die uns mit solchen Konsequenzen bedrohen könnten.“ |

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