Gesundheitspolitik

Staatsanwaltschaft fordert Geldstrafe für Bellartz

Apotheke-Adhoc-Herausgeber soll 200 Tagessätze à 300 Euro zahlen – Plädoyers der Anwälte folgen am 27. März

BERLIN (ks) | 60.000 Euro Geldstrafe für Thomas Bellartz – das fordert der Staatsanwalt im „Datenklau“-Prozess. Vergangenen Mittwoch hielt er sein Plädoyer im überlangen Strafprozess gegen den früheren ABDA-Sprecher und den Systemadministrator Christoph H.

Staatsanwalt Roland Hennike gab sich in der seit Januar 2018 laufenden Hauptverhandlung vor dem Landgericht Berlin meist wortkarg. Zugleich war er – bzw. seine Behörde – immer wieder Attacken der Verteidigung ausgesetzt, die aber an ihm abzuperlen schienen. Man durfte daher gespannt sein, wie er den Sachverhalt bewertet. Tatsächlich zeigte sich der Staatsanwalt überzeugt, dass sich der „Datendiebstahl“ aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) genau so ereignet hatte, wie in der Anklage beschrieben. Demnach lernten sich Bellartz und H. im März 2006 kennen. Bellartz war seinerzeit ABDA-Sprecher und H. arbeitete als externer IT-Experte für das BMG. In der Folge hätten sie verabredet, sich gemeinsam vertrauliche Daten aus den für Apotheken und Arzneimittel zuständigen Fachreferaten des BMG zu verschaffen, um durch deren Verbreitung finanziell zu profitieren. Bellartz soll es dabei um einen Informationsvorsprung bei Themen mit Apothekenbezug gegangen sein.

Tatbestand des Ausspähens von Daten erfüllt

H. soll seine Stellung ausgenutzt haben, um sich Zugang zu kennwortgeschützte E-Mail-Postfächern von Staatssekretären und Abteilungsleitern zu verschaffen und E-Mails samt Anlagen zu kopieren und auf Datenträgern zu speichern. Dabei habe er gewusst, dass er die Test-Kennung, mit der nur die IT-Beschäftigten Zugriff auf die Konten hatten, nicht dazu nutzen durfte, diese Postfächer auszuspähen und Inhalte zu kopieren. Die auf CDs kopierten Dateien übergab er dann Bellartz – im Gegenzug bekam er einige Hundert Euro. In den beiden Fällen, über die nach einer teilweisen Einstellung weiterer Anklagepunkte noch zu entscheiden war, sollen einmal 700 und einmal 400 Euro geflossen sein.

Der Staatsanwalt hat keine Pro­bleme damit, die Tat unter § 202a Strafgesetzbuch zu fassen, der denjenigen mit Strafe bedroht, der „unbefugt sich oder einem anderen Zugang zu Daten, die nicht für ihn bestimmt und die gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, unter Überwindung der Zugangssicherung verschafft“. Eine Zugangssicherung zu überwinden, umfasse jede Handlung, die geeignet ist, diese Sicherung auszuschalten – das könne auch die Eingabe eines Passworts sein, wenn der Täter dieses dafür nicht nutzen durfte. Ein erheblicher technischer Aufwand sei nicht erforderlich, so der Staatsanwalt. Er räumte ein, dass das Niveau der IT-Sicherheit im BMG seinerzeit „nicht annähernd dem heutigen Standard“ entsprochen habe – doch das ändere nichts daran, dass hier Zugang zu gesicherten Daten verschafft wurde.

Bewiesen sieht der Staatsanwalt all dies durch vorliegende Kurzmitteilungen, die H. und Bellartz miteinander ausgetauscht haben, zudem durch Kontobewegungen und sichergestellte Datenträger. Auch die Zeugen, nicht zuletzt H.’s Ex-Frau, die dafür sorgte, dass die Polizei auf die beiden Männer aufmerksam wurde, bestätigen aus Sicht des Staatsanwalts den Tatablauf. Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Ex-Frau hegt er – anders als die Verteidiger – nicht.

Was das Strafmaß anbelangt – § 202a StGB sieht einen Strafrahmen von einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor – ist laut Staatsanwalt zu berücksichtigen, dass es sich bei den zwei verbliebenen Fällen nur um „die Spitze eines Eisbergs“ handele. Immerhin waren ursprünglich 40 Fälle angeklagt. Für Bellartz sei es „fast schon ein eingerichteter Betrieb“ gewesen, der dafür sorgen sollte, dass interessante Informationen weitergegeben wurden – immerhin über dreieinhalb Jahre hinweg. Zudem seien insgesamt mehr als 26.000 Euro von Bellartz zu H. geflossen. Ebenso sei zu berücksichtigen, dass die Angeklagten zuvor nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten sind. Und auch die überlange Verfahrens­dauer rechnete der Staatsanwalt an.

So beantragte er letztlich, gegen Bellartz eine Geldstrafe von 260 Tagessätzen à 300 Euro zu verhängen, von denen 60 Tages­sätze bereits als verbüßt gelten sollen. Macht also 60.000 Euro. Und als vorbestraft würde Bellartz im Fall einer entsprechenden Verurteilung ebenfalls gelten – das ist bereits ab 91 Tagessätzen der Fall.

Für H. beantragte der Staatsanwalt eine Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, wovon vier Monate bereits als verbüßt gelten sollen. Zudem forderte er die Einziehung von 55.000 Euro Wertersatz. Dass die Strafforderung für H. so viel härter ausfällt liegt daran, dass diesem auch noch ein Wohnungseinbruch und der Besitz kinder­pornografischen Video- und Bildmaterials vorgeworfen wird – diese Anklagepunkte sieht der Staats­anwalt ebenfalls für erwiesen an.

Beim nächsten Termin, am 27. März, werden die Verteidiger plädieren. Bellartz Anwalt Carsten Wegner kündigte bereits an: „Wir werden aufzeigen, dass heute viel heiße Luft produziert wurde!“ |

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