Gesundheitspolitik

Sonnenkönig Spahn

Kassenseite kritisiert Aushebelung der Selbstverwaltung

TRAUNSTEIN (cha) | Im Vorfeld der Verabschiedung des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) musste Bundesgesundheitsminister Jens Spahn reichlich Kritik einstecken. Kern der Vorwürfe: Er entmachte die Selbstverwaltung.

Der Arbeitgebervertreter im GKV-Spitzenverband Volker Hansen verwies gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) darauf, dass im Koalitionsvertrag zwar stehe, dass die Selbstverwaltung gestärkt werden solle. Die Aktivitäten von Bundesgesundheitsminister Spahn bewirkten jedoch „das genaue Gegenteil“. Der Staat könne der Selbstverwaltung Leitplanken geben, doch Spahn tue weit mehr: „Er zieht keine Leitplanken, der regelt den Verkehr, bis hin zum Entzug der Fahrerlaubnis.“

Besonders empört zeigte sich die Kassenseite darüber, dass der Bund nach dem zwischenzeitlich beschlossenen TSVG 51 Prozent der Gematik übernimmt. Spahn könne schnellere Entscheidungen bei der elektronischen Gesundheitskarte haben, wenn er den Kassen eine Mehrheit in der Gematik gebe, so der Gewerkschaftsvertreter im GKV-Spitzenverband Uwe Klemens in der FAZ. Wie diese Entmachtung der Leistungserbringer in Einklang steht mit der geforderten Stärkung der Selbstverwaltung, dazu äußerte Klemens sich allerdings nicht.

Auf strikte Ablehnung stößt auch der Minister-Vorstoß, die Selbstverwaltung zu schnelleren Entscheidungen zu zwingen, wenn es um die Kostenerstattung für neue Behandlungsmethoden geht. Falls der eigentlich zuständige Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) nicht innerhalb von zwei Jahren seine Methodenbewertung abgeschlossen hat, will das Bundesgesundheits­ministerium selbst über die Bezahlung neuer Therapien entscheiden. Die ursprüngliche Platzierung dieses Vorhabens im TSVG scheiterte allerdings u. a. am Widerstand der SPD, nun will Spahn seine Pläne anderweitig durchboxen.

Spahns Vorgehensweise wird auch von Gesundheitspolitikern kritisiert. „Spahn verhält sich wie ein kleiner Sonnenkönig!“, sagte der Linken-Politiker Harald Weinberg laut einem Bericht der „Ärzte Zeitung“ bei einer Diskussionsveranstaltung des GKV-Spitzenverbands und warnte vor der Zerstörung der Selbstverwaltung als tragendes Prinzip des Solidarsystems. Und die SPD-Gesundheitspolitikerin Hilde Mattheis äußerte, dass Spahn erst noch beweisen müsse, dass er die Gematik managen könne. |

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