Gesundheitspolitik

Apotheken-Reform: SPD will eigenes Gesetz

Verzögerungen drohen durch Ressortabstimmung und EU-Notifizierungsverfahren

BERLIN (bro) | Anfang vergangener Woche schien der Versandhandelskonflikt gelöst zu sein: Die seit Monaten in dieser Frage zerstrittene Union einigte sich auf einen Kompromiss.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will darauf verzichten, dass EU-Versender Rx-Boni bis zu 2,50 Euro gewähren dürfen, dafür sollen aber die Honorarverbesserungen der Apotheker kleiner ausfallen als zunächst vorgesehen. Die Gesundheitspolitiker aus der Unionsfraktion im Bundestag müssen akzeptieren, dass es kein Rx-Versandverbot geben wird. Gegen dieses Rx-Versandverbot wehrt sich seit knapp zweieinhalb Jahren auch die SPD-Bundestagsfraktion. Die jetzt in der Union konsentierte Lösung könnte den Sozialdemokraten also schmecken, müsste man meinen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Karl Lauterbach, stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender im Bundestag, erklärte umgehend, dass ein komplettes Rx-Boni-Verbot nicht rechtssicher sei. Nun legte Sabine Dittmar, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, nach und fordert ein eigenes Gesetz.

Sabine Dittmar erklärte gegenüber DAZ.online, dass sie insbesondere verfahrenstechnische Probleme im Plan der Union sieht. Zur Erklärung: Karin Maag, gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, hat angekündigt, die Reformen an der Rx-Preisbindung und am Apothekenhonorar als Änderungsantrag an das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittel­versorgung (GSAV) anzuhängen. Das ist ein geschickter Schachzug: Schließlich ist das GSAV bereits vom Bundeskabinett beschlossen und hat die Ressortabstimmung sowie die erste Besprechung im Bundesrat hinter sich. Ein Inkrafttreten der Regelungen schon im Sommer dieses Jahres wäre so möglich.

Foto: sabine-dittmar.de
Sabine Dittmar baut neue Hürden im Versandkonflikt auf.

Dittmar meint aber: „Nach dem unheimlich langen und aufwendigen Prozess mit dem TSVG bin ich der Meinung, dass wir diese wichtige Reform im Apothekensektor in einem eigenen Gesetz behandeln sollten. Wenn wir das Thema als Änderungsantrag ins GSAV einbringen würden, hätten weder die anderen Ministerien noch der Bundesrat in erster Lesung die Möglichkeit, die Vorschläge zu prüfen. Es gehört für mich zur Rechtsstaatlichkeit dazu, dass man wichtige Vorhaben in einen ordentlichen Gesetzgebungsprozess eingibt, in dem alle wichtigen Instanzen beteiligt sind.“

Inhaltlich wollte Dittmar die Unionspläne nicht kommentieren: „Inhaltlich müssen wir den Sachstand erst einmal prüfen. Ich kenne den Konsens der Union nur aus der DAZ und möchte erst einmal einen schriftlichen Vorschlag haben. In der nächsten Woche wollen wir das inhaltlich bei uns in der Arbeitsgruppe besprechen.“

Setzt sich Dittmar mit ihrem Vorschlag durch, drohen der Apotheken-Reform langwierige Verzögerungen. Ein neues Gesetz müsste zunächst in die Ressortabstimmung. Dabei dürfte den Apothekern angst und bange werden: Schließlich schmetterten gleich mehrere Ministerien in der vergangenen Legislaturperiode das Rx-Versandverbot vom damaligen Minister Hermann Gröhe (CDU) ab – aus europarechtlichen Gründen. Dass insbesondere die SPD-Ministerien – auch mit Blick auf das EU-Vertragsverletzungsverfahren zur Rx-Preisbindung – dem Rx-Boni-Verbot zustimmen, erscheint daher unwahrscheinlich.

Doch aus Sicht von Dittmar droht den geplanten Apotheken-Regelungen noch eine weitere Hürde: Die SPD-Politikerin glaubt nämlich, dass ein EU-Notifizierungsverfahren nötig ist. Dabei erhalten die anderen EU-Staaten die Möglichkeit, gegen ein Gesetz auf nationaler Ebene Einspruch zu erheben. Dittmar dazu: „Wir müssen auch unbedingt prüfen, ob wir dieses Vorhaben notifizieren müssen. Nach dem wiederholten Einspruch der EU-Kommission liegt es eigentlich nahe, dass man in der EU ein solches Verfahren startet.“ |

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