Gesundheitspolitik

Der Apotheken-Ökonom: Konzertierte Aktion – der Ausblick auf 2019

Andreas Kaapke

Haben die Apotheken noch Systemrelevanz? Ist den politischen Entscheidungsträgern hinreichend gewahr, welchem Possenspiel sie Apotheken aussetzen, wenn sie erst Zusagen machen und diese dann nicht halten, Brotkrumen als Zugeständnisse etikettieren und juristische Allfälligkeiten zu Nichtmachbarkeiten umwidmen? Der Grad der Ernüchterung muss groß sein unter den Apothekern. Das Rx-Versandverbot kommt nicht, die Begrenzung des Rabatts dient eher der Zementierung des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Medikamenten als dessen Aushöhlung. Strenggenommen würde mit einer solchen Regelung neben den Preisen gemäß der Arzneimittelpreisverordnung eine zweite niedrigere Preislinie etabliert. Ob und was das 2HM-Gutachten für Apotheken noch als Konsequenzen vorhält, ist nicht finalisiert.

Wenn die Bundeskanzlerin Regierungschefin aller Deutschen ist, obgleich sie nur von den Bundestagsabgeordneten gewählt wurde und nicht direkt, dann ist der ABDA-Präsident auch Präsident aller Apotheker. Und das ist auch gut so, denn man benötigt Repräsentanten, die im besten Sinne stellvertretend für das Gros sprechen.

Stärker noch als bisher ist demnach 2019 an der Strategie zu basteln, wie man den Lobbyauftrag wahrnimmt. Die eher defensive Haltung, die sich in Warten, Hoffen auf das Durchsetzen der eigenen präferierten Lösung, wenig B-Plänen und moderaten Forderungen niederschlug, hat sich nur bedingt bewährt. Eigene Vorschläge, offensiv vorgetragen, sind insbesondere auch bei der feststellbaren Gangart des Ministers angesagt.

Die Kommunikation zur Basis und auch deren Einbindung ist intensiver und offener zu gestalten. Natürlich geht einem die bisweilen feststellbare Kakophonie auch in den sozialen Netzwerken auf die Nerven, aber nicht alles, was dort steht, ist falsch, nicht alles von der Hand zu weisen, und vermeintliche Gegner und Nestbeschmutzer durch Nichtbeachtung mundtot zu machen, wird nicht funktionieren. Zudem sollte regelmäßiger kommuniziert werden, was man sich vorstellt, nicht, dass man einen Plan B hat, sondern wie dieser aussieht, nicht, dass sich Sonder-Gremien seit Jahren mit der Honorarfrage beschäftigen, sondern wer dort drinsitzt, um was es konkret geht und wie die Lösungen gestaltet sein könnten. Eine von der Politik vergessene Klientel will nicht auch noch das Gefühl vermittelt bekommen, von der Standespolitik ebenfalls vergessen zu sein. Eine Entkopplung darf es nicht geben, das wäre das Schlimmste, was passieren könnte.

Von daher muss auch über die Strukturen der Organisationen gesprochen werden. Sind diese so durchlässig, wie sie sein müssen und sein könnten? Wie findet das föderale Prinzip statt und wie repräsentativ darf die apothekerliche repräsentative Demokratie sein? Wie sollten Haupt- und Ehrenamt voneinander abgegrenzt werden und miteinander arbeiten? Vielleicht würde eine Analyse der Struktur weite Teile des gegenwärtigen Systems be­stätigen oder aber Vorschläge generieren, in welche Richtungen gedacht werden kann.

Alles in allem bedarf es einer Konzertierten Aktion der Apotheken-Akteure. Sämtliche Bemühungen sind zu bündeln, um ein größtes gemeinsames Vielfaches daraus zu generieren. Die Plakataktionen Einzelner werden dann noch wertvoller, wenn man sie nicht bekämpft, sondern unterstützt. Die tollen Pilotprojekte zur Steigerung der Qualität sind zu öffnen und anzunehmen und nicht zu verschließen und zu ignorieren. Wenn sich alle, die von politischen Regelungen direkt und indirekt betroffen sind, an einen Tisch setzen und Energie und Kräfte bündeln – auch zeitlicher und monetärer Art – und dies zu einer gemeinsamen Strategie entwickeln, dann kann etwas Großes daraus entstehen. Wenn aus der Sicht der Kunden die Nutzen definiert und diese in die Überlegungen mehr denn je eingebunden werden, gewinnt man Systemrelevanz zurück. Wenn das Volk sich mehrheitlich und voller Überzeugung für diese Apotheken stark macht, weil es selbst davon überzeugt ist, dass es ohne auf keinen Fall geht, dann gibt es wenige Politiker, die sich diesem Argument entziehen. Doch eine derartige Konzertierte Aktion benötigt Vertrauen und Kooperationswillen, es bedarf der Kompromissfähigkeit und der Bereitschaft, auch Dinge mitzutragen, die einem manchmal selbst nicht ganz so wichtig sind. Die Politik wäre überrascht, eine an einem Strang ziehende Apothekerschaft mit Durchschlagskraft und starken Verbündeten wäre neu.

Und die einzelne Apotheke selbst: Machen Sie mit bei allem, was Sie auch nur ansatzweise betrifft. Bringen Sie sich ein, wenn es auch dicke Bretter zu bohren gilt. Lassen Sie sich nicht ins Bockshorn jagen. Optimieren Sie, wo Sie einen Bedarf sehen, und machen Sie dort weiter, wo Sie am 31. Dezember 2018 aufgehört haben – das ist in vielen Fällen hilfreich, nicht selten weit überdurchschnittlich und manchmal auch einfach nur großartig. |

Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

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