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Aufklärung tut Not!

Ein Kommentar von Doris Uhl

Dr. Doris Uhl, Chef­redakteurin der DAZ

Einen bakteriellen Infekt erfolgreich mit Antibiotika behandelt und danach schlaflos, von Albträumen und Depressionen geplagt, arbeitsunfähig und nicht mehr in der Lage, den Alltag zu meistern – eine Horrorvision, die für manch einen mit Fluorchinolonen behandelten Patienten bittere Realität geworden ist.

Die ­Betroffenen hadern mit ihrem Schicksal, fühlen sich allein gelassen, ­klagen über mangelnde Aufklärung, die Ignoranz der Ärzte und ein Versagen der Zulassungsbehörden. Sie können nicht verstehen, dass solche Präparate immer noch auf dem Markt sind. Verschwörungstheorien wie „Ärzte und Pharmaindustrie ­haben doch kein Interesse an gesunden Patienten“ feiern fröhliche Urständ. Betroffene „Gefloxte“ greifen zur Selbsthilfe und suchen erfolgreich die Öffentlichkeit. Die Medien sind sensibilisiert. Sie haben einen Skandal gewittert und setzen das Leid der Betroffenen eindrucksvoll in Szene, gehen mit Ärzten und Behörden hart ins Gericht – und lassen Tausende zutiefst verunsicherte Patienten zurück, die derzeit mit Cipro­floxacin, Levofloxacin und Co. behandelt werden. Jüngstes Beispiel: die „Stern-TV“-Sendung von RTL. Dabei ist klar: Nicht jeder der so verunsicherten Patienten wird zu seinem Arzt gehen und mit ihm die Notwendigkeit der Verordnung und Alternativen erörtern. Manch einer wird das Antibiotikum einfach absetzen und sich damit möglicherweise erst wirklich in Gefahr bringen. Vielleicht oder hoffentlich sucht aber doch der ein oder andere irritierte Patient Rat in der Apotheke und trifft hier auf gut informierte Apothekerinnen und Apotheker, die ihm einen Weg aus dem Dilemma weisen.

Allerdings liegt der Ball in diesem Fall ganz klar bei den verordnenden Ärzten. Sie müssen sich endlich klar machen, dass der bequeme und schnelle Therapieerfolg, den die Fluorchinolone versprechen, unter Umständen sehr teuer erkauft wird. Sie müssen prüfen, ob es nicht besser verträgliche Alternativen gibt. Und: sie müssen ihre Patienten über die Nebenwirkungen aufklären und sie dafür sensibilisieren.

Ungeachtet dessen ist das auch eine der wichtigsten Aufgaben, die wir in der Apotheke zu leisten haben. Dabei sollten wir uns nicht scheuen, die Diagnose zu hinterfragen, das Gespräch mit den Ärzten zu suchen, die bei unkomplizierten Infekten immer noch zu schnell zu Ciproflox­acin und Co. greifen, und sie mit Nachdruck auf Alternativen hinweisen. Immer in dem Bewusstsein, dass es für manch einen Patienten aufgrund der Resistenz- und Erregersituation keine bessere Alternative zu den Fluorchinolonen gibt und solche Patienten einfach auf diese lebensrettenden Medikamente angewiesen sind. Auch diese Aufklärung müssen wir leisten!

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