Fünfte Jahreszeit

Rollende Feldapotheken beim Rosenmontagszug

Bei den Kölner „Blauen Funken“ gibt es Apotheker – sowohl haupt- als auch ehrenamtliche

eda | Am kommenden Rosenmontag werden wieder so manche prunkvoll geschmückten Apotheken auf Rädern durch die Kölner Innenstadt gezogen. Gibt es dann etwa Traubenzucker für die Kleinen? Oder Kopfschmerzmittel für die Großen? DAZ hat mit Frank Levy gesprochen. Der Unternehmer aus der Automobilbranche übernimmt in der närrischen fünften Jahreszeit die Rolle des „Generalapothekers“ beim Kölner Traditionskorp „Blaue Funken“. Dort existiert mit dem Pressesprecher Dr. Armin Hoffmann auch ein approbierter Berufskollege, der in der Industrie arbeitet und sich im Vorstand der Apothekerkammer Nordrhein engagiert.
Foto: Blaue Funken, Köln
Der Generalapotheker in seiner Apotheke. Frank Levy (links) ist eigentlich Unternehmer in der Automobilbranche.

In den Karnevalshochburgen Köln, Mainz und Düsseldorf werden am Rosenmontag wieder Millionen Närrinnen und Narren die Straßen säumen. Allein der Kölner Umzug besteht aus über 10.000 Teilnehmern, die sich vor allem zu Fuß, aber auch auf 500 Pferden und mit 120 Wagen ihren Weg durch die Innenstadt bahnen. Traditionsgemäß werden dabei Tonnen an Süßigkeiten („Kamelle“), unzählige kleine Blumensträuße („Strüßjer“) und andere Präsente unter das Volk gebracht. Zu den Klängen der Musikkapellen wird getanzt, geschunkelt und sich gegenseitig auf die Wange geküsst („gebützt“).

Foto: M.Dörr & M.Frommherz – stock.adobe.com

Die Karnevalswagen stellen entweder satirische Szenen mit aktuellem politischen Bezug dar oder sind prunkvoll verziert und geschmückt. Neun Karnevalsgesellschaften, die sogenannten Traditionskorps, bringen sogar ihre eigenen rollenden Feldapotheken mit und ernennen jeweils eines ihrer Mitglieder zum „Generalapotheker“.

Der Generalapotheker

Karnevalsgarden, wie die „Blauen Funken“, entstanden im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts als Persiflage auf das Militär. Mit Tänzen und anderen Ritualen stellen sie satirisch das Militär vergangener Jahrhunderte nach. Karnevalsumzüge und Karnevalssitzungen bieten dafür die passende Bühne.

Heutzutage sind Karnevalsgarden in Vereinen organisiert oder stellen Abteilungen innerhalb größerer Gesellschaften dar, besonders dann, wenn es sich um reine Tanzgarden handelt. Wie beim historischen Vorbild existiert auch eine militärähnliche, interne Struktur: Es gibt die Infanterie, Artillerie und Kavallerie.

Die Aufgaben des Generalapothekers bestehen darin, die „Blauen Funken“ zu unterstützen, für eine gute Stimmung und das leibliche Wohl des Korps zu sorgen. Seit 1895 nahm ein „Funkendoktor“ am Rosenmontagszug teil und hatte einen eigenen Sanitätswagen. 1986 wurde die Funktion des „Generalapothekers“ eingeführt und aus dem Sanitätswagen wurde die Apotheke.

DAZ: Herr Levy, wie schaffen Sie es, neben Ihrem Beruf als Inhaber eines großen Autohauses noch die Zeit und das Interesse aufzubringen, in einem traditionellen Karnevalsverein tätig zu sein?

Levy: Das Interesse nach Karneval wird in Köln schon mit der Muttermilch weitergegeben. Mein Vater war schon lange mit den Blauen Funken verbunden. Er hatte mir dann eine Teilnahme am Rosenmontagszug bei den Funken zum Geburtstag geschenkt. Seit dem ist der Virus aktiv. Aber Sie haben natürlich recht, Zeit ist nicht besonders viel vorhanden, von daher kann ich nur selektiv an den Veranstaltungen teilnehmen.

Foto: Blaue Funken, Köln

Frank Levy, Diplom-Betriebswirt (FH), Abitur in Pulheim-Brauweiler, Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann bei Toyota Deutschland. Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule Worms und der Tel Aviv University, Israel, mit Abschluss zum Diplom-Betriebswirt. Seitdem im eigenen Familienbetrieb und seit 2010 geschäftsführender Gesellschafter mit rund 200 Mitarbeitern.

Seit zehn Jahren Generalapotheker der Blauen Funken. Gründungsmitglied der Kölschen Kippa Köpp e. V. von 2017 und im Januar 2018 zum Präsidenten des Toyota Händlerverbandes gewählt.

DAZ: Und Herr Dr. Hoffmann, nach dem Pharmaziestudium und der anschließenden Promotion in Erlangen, sind Sie 1997 ins Rheinland gelangt und wurden vom Karneval direkt angesteckt?

Hoffmann: Bereits als kleiner Junge habe ich den Karneval in Köln begeistert – damals noch vor dem Fernsehapparat – verfolgt und mir war klar, dass ich im Karneval aktiv werde, sobald ich in Köln wohnen würde. Wie es der Zufall wollte, hat mich auch der Start meiner beruflichen Karriere direkt ins Rheinland bzw. nach Köln gebracht und nach kurzer Zeit wurde ich bei den Blauen Funken aktiv. Der Karneval in Köln ist einzigartig, integrativ, ansteckend und eine Selbstverständlichkeit – man kann sich diesem kaum entziehen. Geschäftspartnern aus dem In- und Ausland erkläre ich die Seele des Kölner Karnevals immer so: „Ab Anfang Januar sitzt man neben einem Clown in der U-Bahn und niemand kümmert sich darum!“

Foto: Blaue Funken, Köln

Dr. Armin Hoffmann, Apotheker und MBA, Studium der Pharmazie und Promotion in Pharmazeutischer Chemie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Start der beruflichen Laufbahn im Jahr 1997 bei Schwarz Pharma in Monheim am Rhein im Bereich Qualitätssicherung. Später Leiter der Qualitätssicherung, Qualified Person, Betäubungsmittelverantwortlicher, Leiter Regulatory Affairs und Leiter Business Development bei Schwarz Pharma, UCB und Aesica Pharmaceuticals. Nach dem Wechsel zu Grünenthal Leiter Global GMP QA ­Operations und seit September 2016 Leiter der Quality Assurance Europe. Fachapotheker für Pharmazeutische Analytik und Pharmazeutische Technologie sowie Master of Business Administration (General Management); seit 2009 Delegierter in der Kammerversammlung Nordrhein und Vorstandsmitglied der Kammer Nordrhein.

DAZ: Seit zehn Jahren sind Sie, lieber Herr Levy, ein „Generalapotheker im Range eines Majors“. Wie sind Sie zu dieser Position gekommen, woran erkennt man Sie und welche Aufgaben haben Sie genau?

Levy: Ja, genau zehn Jahre sind es jetzt her und aus dem Rang des Majors ist mittlerweile sogar ein Obrist geworden. Zur Position gekommen bin ich über den damaligen Senatspräsidenten und jetzigen Präsidenten der Blauen Funken, Peter Griesemann. Er hat ein Talent dafür zu überzeugen … lacht Zu erkennen ist die Funktion am Apothekerzeichen, welches am linken Arm meiner Uniform angebracht ist.

DAZ: Mit wem werden Sie am Rosenmontag in Ihrer rollenden Feldapotheke stehen?

Levy: Traditionell verstehe ich dieses Amt nicht nur als ein persönliches, sondern ich sehe die ganze Familie Levy hier in der Verantwortung. Daher ist auch immer mein Bruder mit auf der Apotheke. Seit einiger Zeit freut es uns, dass auch unser Vizepräsident der Gesellschaft, Bruno Haumann mit an Bord ist. Und dann haben wir auch immer nochmal Gäste oder andere Funken mit dabei.

DAZ: Herr Dr. Hoffmann, wie sieht Ihre Tätigkeit als Pressesprecher der „Blauen Funken“ aus?

Hoffmann: Der Pressesprecher bei den Blauen Funken hat viele Aufgaben, dazu gehören nicht nur die Betreuung der Medien u. a. mit Presseeinladungen und Pressemitteilungen oder auf unseren eigenen Veranstaltungen, sondern auch die Zuständigkeit für die gesamte Öffentlichkeitsarbeit, die interne und externe Kommunikation, unsere Homepage, ­unser Auftritt in den Social Media und unser Archiv. In ­allen Bereichen werde ich dabei durch einzelne Teams unterstützt. Außerdem gehöre ich als Pressesprecher dem Gesamtvorstand der Blauen Funken an und bin dort Schriftführer. Ich bin Apotheker mit Herz und Seele, aber die Presse- und Medienwelt ist eine schöne Abwechslung zum apothekerlichen Alltag.

Foto: Blaue Funken, Köln
Das Tanzmariechen gibt es seit Mitte des 20. Jahrhunderts. Zuvor war es Männern vorbehalten, zu feiern und zu tanzen.

DAZ: Kommt es in der „heißen Phase“ der Karnevalszeit denn hin und wieder tatsächlich vor, dass einer Ihrer Vereins­kollegen pharmazeutische Hilfe benötigt?

Levy: Sagen wir es mal so. Dass unsere Korpskameraden „versorgt“ werden müssen, ist eher die Regel als die Ausnahme. Und gut, wenn man die richtige „Arznei“ schnell parat hat. lacht

Hoffmann: Als Apotheker ist man immer „im Dienst“ und so bin ich für alle immer verfügbar, um Fragen rund um Arzneimittel zu beantworten oder einfach nur Gesundheitstipps zu geben. Wir haben aber auch mehrere praktizierende Ärzte und Zahnärzte als Mitglieder in der Gesellschaft und so sind alle immer rundum gut versorgt.

DAZ: Und was ist Ihre persönliche Erfahrung mit den Kölner Apotheken während der Karnevalszeit?

Levy: Ich muss mal ein großes Lob an die Apotheker und Mitarbeiter aussprechen. Und das nicht nur über die Karnevalszeit, sondern das ganze Jahr über, stehen sie auch nachts und an Sonntagen bereit um zu helfen. Als Vater dreier kleiner Kinder weiß ich das sehr zu schätzen, war ich doch mehrfach angewiesen auf den Notdienst. Von daher ein riesiges Dankeschön!

Hoffmann: Naturgemäß fällt die Karnevalszeit in eine Zeit, die durch viele Erkältungskrankheiten gekennzeichnet ist, und die großen Menschenmassen im Karneval fördern ­natürlich auch deren Verbreitung. Die Kölner Apotheken sind darauf gut vorbereitet und können kompetent helfen. Es gibt aber auch viele Apotheker und Apothekenmitarbeiter, die im Karneval selbst aktiv sind und so kennt man die Probleme aus eigener Erfahrung und kann die besten Tipps geben.

DAZ: Überlegen Sie, als Generalapotheker und Pressesprecher irgendwann in den närrischen Ruhestand zu treten oder könnten Sie sich vorstellen, auch mal ein anderes Amt zu übernehmen?

Levy: Die Frage stellt sich aktuell für mich nicht. Ich fühle mich mit und bei meinen Funken sehr wohl und bin stolz, dieses Amt bekleiden zu dürfen. Es ist mir eine große Ehre.

Hoffmann: Einen närrischen Ruhestand kann ich mir nicht vorstellen. Es macht viel Spaß, in einer so großen Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen und diese mitgestalten zu können. Meine Aufgaben machen mir viel Spaß, was aber nicht heißt, dass ich nicht für andere Positionen zur Verfügung stehe.

DAZ: Herr Levy und Herr Dr. Hoffmann, vielen Dank für das Gespräch und Kölle Alaaf! |

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