Aus der Hochschule

Nach dem Studium: die Qual der Wahl

Zum 15. Mal: Forum Beruf in Nordrhein

Etwa 200 Pharmaziestudierende kamen am 10. Januar in Bonn zum „Forum Beruf Pharmazie“, einer gemeinsamen Veranstaltung der Apothekerkammer Nordrhein, der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft und des Alumni-Netzwerks der Universität Bonn. In seiner Begrüßung unterstrich Prof. Dr. Ulrich Jaehde, Leiter der Klinischen Pharmazie an der Universität Bonn, dass Apotheker eine knappe Ressource darstellen und im Juli 2017 erstmals von der Bundesagentur für Arbeit als Mangelberuf eingestuft worden sind. Es folgten zehn Kurzvorträge berufserfahrener Kollegen aus Offizin, Krankenhaus, Industrie, Gesundheitspolitik, Behörden, Bundeswehr und Universität.

Öffentliche Apotheke

„Als Apothekenleiter ist man Trainer, Sportdirektor und Vereinsvorstand in einer Person“, meinte Dr. Karl Markus Reiz, Leiter einer öffentlichen Apotheke in Bornheim. Er trägt gern die kaufmännische Verantwortung und schätzt es, dass er die Pharmazie innerhalb der rechtlichen Rahmenbedingungen nach seinen eigenen Vorstellungen umsetzen und leben kann. Vor der Entscheidung für eine bestimmte Apotheke sollte man sich von verschiedenen Seiten beraten lassen und die Standortfaktoren sorgfältig abwägen. Für den Einstieg empfahl er das Existenzgründerportal der Deutschen Apotheker- und Ärztebank. Da in näherer Zukunft etwa jeder dritte Apothekenleiter seine Apotheke an einen Nachfolger übergeben möchte, ergibt sich eine positive Marktsituation für den beruflichen Nachwuchs, so Reiz.

Die angestellte Apothekerin Dorothee Müssemeier, Erftstadt, betonte, dass Freude am Umgang mit Menschen und Empathie mit kranken Menschen eine wichtige Voraussetzung für die Tätigkeit in einer öffentlichen Apotheke sind. Sie schätzt die Möglichkeiten, Teilzeit oder in mehreren Apotheken zu arbeiten und auch außerhalb der Apotheke als Pharmazeutin in Erscheinung zu treten, z. B. in Vorträgen zu Prävention oder Ernährung.

Foto: AK NR
Prof. Dr. Ulrich Jaehde (Mitte) mit den Referenten und weiteren Ansprechpartnern des Forums Beruf 2018 in Bonn.

Krankenhausapotheke

Dr. Andrea Liekweg leitet die Apotheke der Universitätskliniken in Köln, in der 60 Mitarbeiter tätig sind. Ihre Aufgaben sind die Beschaffung und Lagerung der Arzneimittel, Arzneimittelherstellung, Stationsbegehungen, Beratung der Ärzte, Pflegekräfte und Patienten sowie Teilnahme am Antibiotic Stewardship-Programm und am Entlassmanagement. An großen Krankenhäusern spielt auch die Katastrophenpharmazie eine Rolle. Das Arznei­mittelsortiment jeder Krankenhausapotheke wird durch die sogenannte Arzneimittelliste festgelegt, die von einer Kommission mit Apothekern, Ärzten und Pflegekräften erstellt wird. Zudem arbeiten die Apotheker mit ­Klinischen Chemikern, Infektiologen, Mikrobiologen, Pharmakologen, Case Managern und Hygienikern zusammen. Die Pharmakoökonomie spielt eine große Rolle im Krankenhaus, da die Ressourcen sinnvoll und sorgsam eingesetzt werden müssen, so Liekweg.

Industrie und Verband

Apothekerin Anne Martens arbeitet bei Bayer Animal Health in der Abteilung Pharmazeutische Entwicklung für Tierarzneimittel mit dem Schwerpunkt Galenik, wo sie mit einem Labor­team Versuche zu Arzneimittelformulierungen plant und durchführt. Für eine Tätigkeit in der Pharmazeu­tischen Industrie sind gute Englischkenntnisse erforderlich; eine Promo­tion ist erwünscht, aber es geht auch ohne, wie ihr persönliches Beispiel zeigt.

Dr. Maria Verheesen ist beim Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) in Bonn tätig. Der mitgliederstärkste Verband der Pharmaindustrie (mehr als 420 Unternehmen) beschäftigt derzeit sieben Apotheker und zwei Pharmazeuten im Praktikum. Der BAH berät die Mitglieder und vertritt ihre Interessen bei Politikern, Behörden und Institutionen des Gesundheitswesens. Verheesen befasst sich u. a. mit Fragen der Selbstmedikation und setzt sich dafür ein, dass deren Stellenwert im Gesundheitswesen – z. B. durch die Entlastung der Arzt­praxen bei Bagatellerkrankungen – besser wahrgenommen wird.

Krankenkasse, Gesundheits­behörde, Bundeswehr

Apothekerin Christina Pehe arbeitet im Geschäftsbereich Arzneimittel/Apotheken der AOK Rheinland/Hamburg in Düsseldorf. Insgesamt sind dort zehn Apotheker angestellt, was den großen Bedarf an pharmazeutischem Sachverstand widerspiegelt. Sie sind u. a. für die Pharmakotherapieberatung, die Analyse und Aufbereitung von Arzneimittel-Verordnungsdaten sowie die Bearbeitung von Fragen zur Erstattungsfähigkeit zuständig. Zudem beraten sie die Kassenärzte im Sinne einer wirtschaftlichen Verordnungsweise. Pehe wirkt auch an Projekten zur Arzneimitteltherapiesicherheit mit.

Dr. Annette Viktoria Hinze ist beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) angestellt. Dessen Hauptaufgaben sind die Zulassung von Arzneimitteln, die Verbesserung der Arzneimittelsicherheit, die Risikoüberwachung von Medizinprodukten und die Überwachung des Verkehrs mit Betäubungsmitteln und Grundstoffen. Die Mitarbeiter arbeiten in interdisziplinären Teams, was Hinze besonders reizvoll findet. So können Apotheker, Ärzte, Biologen, Mikrobiologen, Biochemiker und weitere Naturwissenschaftler involviert sein, wenn das BfArM einen Bewertungsbericht zu einem neuen Wirkstoff verfasst. ­Gute Englischkenntnisse sind beim BfArM unerlässlich, eine Promotion ist meistens erwünscht, und Teilzeitarbeit ist möglich, berichtete Hinze.

Oberfeldapotheker Ronnie Michel ­erläuterte, dass die Bundeswehr die gleichen pharmazeutischen Tätigkeitsfelder bietet wie die öffentlichen und Krankenhausapotheken – wenn auch teilweise in größeren Dimensionen. Außer den fachlichen Anforderungen sind Teamgeist, sportliche Fitness, Sprachkenntnisse, Flexibilität und ­Risikobereitschaft wichtige Einstiegsvoraussetzungen. Zudem erhalten die Sanitätsoffiziere Apotheker eine Ausbildung an der Waffe und werden zeitweise auch in Auslandseinsätze entsandt. Eine sichere Anstellung mit solider Besoldung, interessante Aufstiegsmöglichkeiten sowie regelmäßige Aus- und Weiterbildungen machen die Arbeit bei der Bundeswehr attraktiv, so Michel.

Universität

Der Pharmazeutische Chemiker Prof. Dr. Gerd Bendas, Bonn, skizzierte die wissenschaftliche Laufbahn an der Universität. Da das Pharmaziestudium wenig Raum für kreative Forschungen bietet, kann man seine persönliche wissenschaftliche Neigung und Eignung erst danach testen, z. B. in einem Masterstudiengang oder als Doktorand. Während ein Doktorand von einem Hochschullehrer betreut wird, ist ein Habilitand vollkommen auf sich selbst gestellt. Er beginnt klassischerweise als Postdoc mit dem Knüpfen internationaler Kontakte und durchläuft eine etwa sechsjährige Bewährungsprobe mit offenem Ausgang, d. h. ohne die Garantie einer Professur. Wer es allerdings geschafft hat, den erwartet eine sehr erfüllende Berufstätigkeit. Bendas schätzt die Freiheit und Unabhängigkeit in der Forschung ebenso wie die Lehre und den täglichen Umgang mit jungen Menschen.

Daniel Pfankuchen, Doktorand und Mitarbeiter von Prof. Bendas, beschrieb den typischen Doktoranden-Alltag: Selbststudium, Durchführung praktischer Versuche, Aufgaben in der Lehre, Aufsicht in den Praktika. Man benötigt eine hohe Motivation und viel Durchhaltevermögen, weil gerade in der Anfangszeit viele Versuche nicht die gewünschten Ergebnisse liefern. Exaktes Arbeiten, eine gute Selbst­organisation, gute kommunikative ­Fähigkeiten und Teamwork helfen, die Ziele zu erreichen.

Nach den Kurzvorträgen konnten die Studierenden bei Kölsch und Knabbereien die Referenten und weitere berufserfahrene Kollegen aus vielen pharmazeutischen Bereichen persönlich befragen. Der große Andrang beim Forum und das späte Ende der Veranstaltung zeigten das große ­Interesse und die positive Resonanz auf beiden Seiten. |

Dr. Sabine Viefhues/cae

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