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Feuilleton

Etwas mehr Farbe bitte

Porphyrine als Arzneistoffe für die photodynamische Therapie

Im April dieses Jahres wurde in Deutschland Padeliporfin (Tookad®) als neuer Photosensitizer für eine photodynamische Therapie eingeführt. Der Wirkstoff ist ein derivatisiertes Porphyrin und gibt deshalb Anlass zu recherchieren, welche anderen Porphyrine derzeit als Arzneistoffe Verwendung finden. | Von Hermann J. Roth

Das ringförmige, 16-gliedrige, mesomeriestabilisierte Tetrapyrrol Porphin wird heute nach einer IUPAC-Empfehlung als Porphyrin bezeichnet und so beziffert, wie in Abbildung 1 zu sehen ist.

Wenn von Porphyrinen die Rede ist, denkt man zuerst an substituierte Derivate wie Häm und Varianten, die als Chromophore im Hämoglobin, im Myoglobin, in den Cytochromen und Katalasen zu finden sind. Um zwei Wasserstoffatome reicher bzw. eine Doppelbindung ärmer als Porphyrin ist das Chlorin, das Chromophor der Chlorophylle (Abb. 1).

Hier sollen die Porphyrine und Chlorin-Derivate des heutigen Arzneischatzes strukturell charakterisiert und ihre Verwendung kurz dargestellt werden.

Chlorophyllin(e) werden als Mittel gegen Mund- und Hautgeruch empfohlen. Sie sind im Gegensatz zu den natürlichen Chlorophyllen wasserlöslich und werden aus diesen durch Verseifung mit Natronlauge und durch Austausch des zentralen Magnesiums gegen Kupfer gewonnen. Dabei werden der Phythyl-Rest und der Methyl-Rest abgespalten und der Cyclopentanon-Ring geöffnet (Abb. 2).

Der therapeutische Wert der Chlorophylline ist ebenso skeptisch zu betrachten wie die Empfehlung der alterna­tiven Medizin, Chorophylle zur Heilung von krebsartigen Erkrankungen einzusetzen.

Hämoglobinbasierte Blutersatzmittel enthalten entweder humanes, artfremdes oder biotechnologisch hergestelltes Hämoglobin, das aus dem Porphyrin-Derivat Häm und der Eiweißkomponente Globin besteht. In diesem Zusammenhang können Häm und Hämine als Arzneistoffe betrachtet werden. Häme sind Komplexe mit einem zentralen Eisen(II)-Atom und einem Porphyrin als Komplexbildner (Ligand).

Hämine zur Behandlung akuter hepatischer Porphyrien

Hämine sind Chloroeisen(III)-Porphyrin-Koordinations-Komplexe. Der bekannteste Vertreter dieser Gruppe, auch Hämin b genannt, ist das Chlorid des Fe(III)-Protoporphyrins IX (Abb. 3). Hämin-Arginat (Normosang®) ist als Konzentrat zur Herstellung von Infusionslösungen zugelassen.

Porphyrine zur photodynamischen Therapie

Zur photodynamischen Therapie (PDT) und vaskulären photodynamischen Therapie (VPT) stehen derzeit die in der folgenden Tabelle aufgeführten Porphyrine nebst einem Prodrug zur Verfügung. Das gemein­same Charakteristikum der Photosensibilisatoren ist ein ausgedehntes, konjugiertes π-Elektronensystem.

Tab.: Photosensibilisatoren zur PDT und VPT
INN
Anzahl π-Elektronen
Handelsname
Bestrahlung
Methylamino­oxopentanoat
(5-Methylaminolävulinsäure)
Protopor-phyrin IX
22 + 2
Metvix®
Laserlicht
570 – 670 nm
Padeliporfin
18
Tookad®
Laserlicht
753 nm
Porfimer-Natrium
(Hämatopor­phyrin-Oligomer)
22
Photofrin®
630 nm
Temoporfin
18 + 4 × 6
Foscan®
652 nm
Verteporfin
24 + 2 × 2
Visudyne®
689 nm

Durch Lichtabsorption werden Photosensibilisator-Moleküle aus ihrem energetischen Grundzustand (S0) in einen elektronisch angeregten Singulett-Zustand (S1) befördert. Aus diesem Zustand können sie unter Umkehr des Elektronenspins strahlungslos vom Singulett-Zustand S1 in den Triplett-Zustand T1 gelangen. In Gegenwart geeigneter Substrate sind Moleküle im T1-Zustand Reaktionspartner für Elektronen- und Energie-Transfer-Prozesse, die für die Bildung hochreaktiver Sauerstoffspezies (ROS) verantwortlich sind. Die Aktivität der ROS (Singulett-Sauerstoff, Peroxid-Radikal, Hydroxyl-Radikal, Superoxidradikal-Anion, Wasserstoffperoxid) verursacht die Oxidation und Destruktion verschiedener Biomoleküle, was schließlich zu einer letalen Zellschädigung führt.

Die Gegenwart von Sauerstoff in den zu schädigenden Zellen und Geweben ist eine grundsätzliche Voraussetzung für die photodynamische Therapie.

Aminolävulinsäure (Metvix®)
Methylaminooxopentanoat (= 5-Methylaminolävulinsäure = ALA) wird in Form ihres lipophilen Methylesters als Prekursor für Protoporphyrin IX bei aktinischen Keratosen im Gesicht und am Kopf sowie bei oberflächlichen und nodulären Basalzell-Karzinomen angewandt. ALA, das in den Epithelzellen angereichert wird, ist das natürliche Edukt der in mehreren Schritten ablaufenden Porphyrin-Biosynthese im menschlichen Körper (Abb. 4).

Padeliporfin (Tookad®)
Der in seinem Porphyrin-Grundgerüst dem bakteriellen Chlorophyll entsprechende Wirkstoff (Abb. 5) wird als Photosensibilisator zur gezielten vaskulären photodynamischen Therapie verwendet und dient zur Behandlung von Niedrig-Risiko-Adenokarzinomen der Prostata.

Porfimer (Photofrin®)
Der als Natriumsalz eingesetzte Wirkstoff ist ein Gemisch von Oligomeren des Hämatoporphyrins (Abb. 6), die durch Veresterung oder Etherbildung aus bis zu acht Porphyrin-Einheiten entstehen. Porfimer dient der palliativen Behandlung des obstruktiven, nicht kleinzelligen, endobronchialen Lungenkarzinoms.

Temoporfin (Foscan®)
Das Chlorin-Grundgerüst dieses Arzneistoffs ist in symme­trischer Anordnung mit vier Phenol-Resten substituiert (Abb. 7). Temoporfin hat sich zur Behandlung von Plattenepithel-Karzinomen im Kopf- und Nackenbereich bewährt.

Verteporfin (Visudyne®)
Der Arzneistoff ist ein Porphyrin-Derivat mit einem in den Positionen 2 und 3 ankondensierten Dihydrobenzenring (Abb. 8) und wird zur Behandlung der zentralen serösen Retinopathie eingesetzt. Verteporfin akkumuliert in den abnormalen Blutgefäßen des Auges, die dann bei Bestrahlung durch nichtthermisches rotes Licht lokal geschädigt oder blockiert werden.

Photodynamische Inaktivierung von Bakterien (PIB)

Die PIB ist eine Möglichkeit der Behandlung von Infektionskrankheiten der Haut und Körperoberflächen. Derzeit wird an der Optimierung der photodynamischen Therapie multiresistenter Bakterien unter gleichzeitiger Schonung des umgebenden Gewebes gearbeitet. Dabei sind auch Porphyrine als Photosensibilisatoren geeignet.

Phthalocyanin

Zwar nicht zu den Porphyrinen gehörend, aber strukturell nahe verwandt ist das Phthalocyanin (Tetraaza-tetrabenzo-Porphyrin) (Abb. 9), das sich ebenfalls zur photodyna­mischen Therapie eignet. Dazu werden Phthalocyanin-Derivate im Tumorgewebe angereichert und mit Licht der Wellenlänge 600 – 800 nm angeregt. Der entstehende Singulett-Sauerstoff führt zu Nekrose und Apoptose der Tumorzellen. |

Autor

Prof. Dr. rer.nat. Dr. h.c. Hermann J. Roth Pharmaziestudium in Mainz und Würzburg; 1966 bis 1983 Direktor des Pharmazeutischen Instituts der Universität Bonn; 1978 bis 1981 Präsident der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft; 1983 bis 1994 Ordinarius für Pharmazeutisch-Medizinische Chemie und Direktor des Pharmazeutischen Instituts der Univer­sität Tübingen

Herrn Prof. Dr. med. Christian Raulin, dem renommierten Karlsruher Dermatologen, der die Photodynamische Therapie schon jahrelang erfolgreich praktiziert, mit besten Wünschen zum 60. Geburtstag gewidmet.

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