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Stadt, Land oder Versand

Strukturkomponente im Honorar

Strukturbezogene Honorare bzw. Zahlungen sollen es ermöglichen, dass Apotheken, die wirtschaftlich gefährdet und gleichzeitig auf lokaler Ebene wichtig für die Versorgung sind, gezielt unterstützt werden. Es wurden bereits viele verschiedene Modelle einer strukturorientierten Vergütung diskutiert, die sowohl an die Apotheken selbst als auch an die Patienten oder Krankenkassen gerichtet sein kann.

Eine Möglichkeit besteht in einem staatlichen, also mit Steuermitteln finanzierten Unterstützungsfonds, aus dem „Infrastruktur-Boni“ für Abgaben in den Vor-Ort-Apotheken gezahlt werden. Krankenkassen oder Patienten sollen honoriert werden, wenn sie die persönliche Beratung in den so­genannten Solitärapotheken in Anspruch genommen haben. Solitärapotheken sind im Umkreis von fünf Kilometern die einzigen. Mit den Boni könnten wiederum OTC-Arzneimittel gekauft werden.

Selbst die Honorargutachter des Bundeswirtschaftsministeriums halten ­einen Strukturfonds für denkbar.

Foto: Rainer Fuhrmann – stock.adobe.com

So soll dieser jährlich mit 100 Millionen Euro ausgestattet werden, um etwa 2300 Apotheken zu helfen, die einen Gewinn von weniger als 99.000 Euro haben. Zuvor sollte aber geprüft werden, welche Apotheke infrage kommt, weil eine Schließung nicht immer mit einem Versorgungsverlust einhergehe. Mit dem Zuschuss soll die Lücke zum zugestandenen Unternehmerlohn des Apothekeninhabers geschlossen werden. Durch einen Fonds könnte den Apotheken gezielt und nicht per Gießkannenprinzip geholfen werden, so die Meinung der Gutachter. Sie rechnen vor, dass eine pauschale Erhöhung des Fixums Mehrkosten in Milliardenhöhe erzeugen würde, was „ineffizient“ sei. Finanziert werden soll dieser Fonds ähnlich wie der Nacht- und Notdienstfonds, nämlich durch einen Aufschlag aufs Fixhonorar von 14 Cent pro Packung.

Eine weitere Idee beschäftigt sich mit dem Abzug eines bestimmten Teils des Fixums im Honorar und der anschließenden Umverteilung auf bestimmte Apotheken. Welche Betriebe genau und in welcher Höhe profitieren, solle aber an gewisse Parameter gebunden sein, zum Beispiel Rezepturen, Fortbildungszertifikate, Inkontinenzversorgung oder ein bestimmtes BtM-Aufkommen. Diese Parameter könnten in Euro-Punkte umgerechnet werden. So könnte die Apotheke stärker für ihren Beitrag zur flächendeckenden Versorgung vergütet werden. In diesem Fall würden also insbesondere die Apotheken profitieren, die ihren Kunden „besondere“ Angebote machen.

In Dänemark erhalten Apothekenbesitzer in abgelegenen Regionen regelmäßige Kompensationszahlungen. Das System dahinter funktioniert solidarisch: Apotheker mit einem großen Umsatz zahlen in einen Fonds ein. Alle Apotheken, die eine vom Gesundheitsministerium festgelegte Umsatzgrenze unterschreiten, haben Recht auf die Ausgleichszahlungen aus dem Fonds. Derzeit liegt die Höhe dieser Abgabe für große Apotheken bei 3,6 Prozent des Umsatzes. In Großbritannien existiert ein sehr differenziertes Honorarsystem mit einer ganzen Gebührenordnung für Apotheker. Die Apotheker haben in dieser Gebührenordnung mehrere Leistungen und Pauschalen, die sie beim Gesundheitsdienst NHS abrechnen können. Apotheken mit einem Abstand von mindestens 1,6 Kilometer zum nächsten Wettbewerber, die unter einer bestimmten Umsatzgrenze liegen, erhalten vom NHS Extra-Zahlungen.

Ganz problemlos sind solche Strukturkomponenten natürlich nicht. So stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien sich entscheide, wann eine Apotheke förderungsbedürftig ist. Es ist nicht ganz einfach, zu definieren, welche Apotheke durch einen Fonds oder pauschale Strukturzuschläge unterstützt werden könnte. Geht es nach Umsatz wie in Dänemark oder nach dem Abstand zur nächsten Apotheke wie in Großbritannien? Eng mit der ersten Frage verbunden ist auch die Diskussion über die Bedeutung der Apotheken für die regionale Infrastruktur. Ist jede Apotheke in einem Ort mit weniger als 3000 Einwohnern auch gleich hilfsbedürftig? So existieren auch in manchen Stadtvierteln Apotheken, die erhalten werden sollten. Viele Stadt­apotheker weisen beispielsweise darauf hin, dass das Apothekensterben insbesondere in Stadtrandlagen und Problemvierteln zuschlägt – hier gibt es am wenigsten Kaufkraft und auch nicht so viele Ärzte wie im Stadtzentrum. Aber gerade Problemviertel brauchen eine niedrigschwellige Gesundheitsberatung durch die Apotheker.

Beginnt man mit solch einer Betrachtung und Analyse des Versorgungssystems, könnte dies der Einstieg in die Bedarfsplanung sein. Unterstützt man nun gezielt durch eine staatliche Maßnahme einzelne Apotheken in bestimmten Regionen, wäre das nichts anderes als ein Eingriff in die Niederlassungsfreiheit.

Außerdem besteht die Gefahr einer Neiddebatte innerhalb des Berufsstandes: Warum sollten falsch geführte Unternehmen subventioniert werden? Hängt die wirtschaftliche Not einer hilfsbedürftigen Apotheke nicht auch in einigen wenigen Fällen damit zusammen, dass der Betrieb schlecht, also unwirtschaftlich geleitet wird? Weder die Apotheker noch die Politik werden sich gerne vorwerfen lassen, dass für die Versorgungsqualität gedachte Gelder in Betrieben verschwinden, die ohnehin nicht mehr zu retten gewesen wären. |

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