Die Seite 3

Stiefkind Klinische Pharmazie

Foto: DAZ/Kahrmann
Dr. Doris Uhl, Chefredakteurin der DAZ

Erinnern Sie sich noch? Beim Deutschen Apothekertag 2014 haben die Delegierten mit überwältigender Mehrheit das Perspektivpapier „Apotheke 2030“ verabschiedet. Damit hat sich der Berufsstand der Stärkung der Patienten-orientierten Pharmazie und vor allem der Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit verschrieben.

Um die Ziele des Perspektivpapiers zu erreichen, war damals zumindest ABDA-Präsident Friedemann Schmidt noch bereit, den sicher schwierigen Weg der Novellierung der Approbationsordnung zu gehen. Doch dieser Weg wurde bis heute nicht beschritten. Stattdessen dümpelt nun schon seit einem Jahr der Kernkompetenz-orientierte Lernzielkatalog vor sich hin. Er sollte die pharmazeutischen Hochschulen dazu animieren, die im Perspektivpapier beschriebenen Kompetenzbereiche, Lernziele und Lerninhalte im Rahmen der bestehenden Approbationsordnung zu intensivieren und neu einzuführen. Damit das überhaupt gelingen kann, müssten zunächst einmal an allen 22 pharmazeutischen Instituten W3-Professuren für Pharmakologie und Toxikologie sowie für Klinische Pharmazie eingeführt werden. Ein nach wie vor zähes Unterfangen.

Eines dieser Institute, das sich immer noch nicht mit einer W3-Professur für Klinische Pharmazie schmücken kann, ist die Fakultät für Chemie und Pharmazie in München. Doch hier schien zumindest der Wille da gewesen zu sein. Denn es wurde in der Tat eine W3-Professur für Klinische Pharmazie genehmigt und ausgeschrieben. Doch leider wurde diese Stelle nicht nur nie besetzt. Sie soll inzwischen auch auf wundersame Weise verschwunden und im Department Organische Chemie wieder aufgetaucht sein.

Wie das passieren konnte, ist Gegenstand heftiger Spekulationen. Unter Verdacht: die stimmberechtigten pharmazeutischen Hoch­schullehrer des Berufungsausschusses. Der Vorwurf: Sie sollen bei der Verschiebung der Professur ins Department Organische Chemie mitgespielt haben und damit den Interessen des Berufsstandes in den Rücken gefallen sein. Verständlich, dass ­einige Delegierte der Bayerischen Landes­apothekerkammer auf Aufklärung dieses Berufungsvorgangs drängen.

Die Meldung dazu auf DAZ.online hat die Diskussion um die Lehre an den Hochschulen und speziell den Umgang mit der Klinischen Pharmazie aufs Neue entfacht (s. Seite 14). Und wieder verspürt man den eisigen Gegenwind, der dem Stiefkind Klinische Pharmazie besonders an den Hochschul­standorten entgegenweht, an denen sich das Fach noch nicht mit einer W3-Professur etablieren konnte. Zur Verteidigung wird gerne die Freiheit von Forschung und Lehre hochgehalten, ohne zu reflektieren, dass die Daseinsberechtigung der pharmazeutischen Institute vorrangig die Ausbildung der Offizinapotheker auf Basis der Approbationsordnung ist. Die Approbationsordnung gibt den Rahmen für die Lehre vor. Ihr Inhalt muss sich danach richten, was Apothekerinnen und Apotheker für die Gesellschaft leisten sollen. Diese Anforderungen unterliegen einem stetigen Wandel – Stichwort alternde Gesellschaft, Stichwort Stationsapotheker. Dem muss mit einer novellierten Approbationsordnung Rechnung getragen werden.

Dabei geht es nicht darum, auf die althergebrachten Fächer zu verzichten. Sie sind nach wie vor keinesfalls entbehrlich. Es geht darum, ein neues Gleichgewicht im Fächer­kanon herzustellen. Dazu hat der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) einen bemerkenswerten, nahezu salomonischen Vorschlag gemacht: eine Gleichbehandlung der fünf Kernfächer Chemie, Biologie, Technologie, Pharmakologie und Klinische Pharmazie in Forschung und Lehre. Ein Vorschlag, mit dem es gelingen könnte, die Pharmazie fit für die Zukunft zu machen. Voraussetzung ist allerdings, dass endlich alle die Notwendigkeit einsehen und gemeinsam mit der Berufsvertretung die Zukunftssicherung der Pharmazie im Sinne des Perspektivpapiers „Apotheke 2030“ vorantreiben.

Doris Uhl

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